Umweltbedrohung im Atlantik«30’000 Tonnen schweres Giftpaket» findet keinen Hafen
Die «Foch» war einst Flaggschiff der französischen Marine, 1960 lief sie vom Stapel. Dann übernahm es Brasilien und wurde zur «São Paulo». Jetzt gehört es zum alten Eisen, mit Tonnen von Asbest an Bord – und niemand will den ausgemusterten Flugzeugträger verschrotten.

Der Flugzeugträger «Foch» war früher ein Aushängeschild der französischen Marine. Mittlerweile fährt das 266 Meter lange Schiff jedoch unter brasilianischer Flagge und trägt den Namen «São Paulo». Eine türkische Werft hat das ausgemusterte Marineschiff gekauft, findet aber keinen Hafen, in dem das mit diversen giftigen Abfällen beladene Schiff anlegen darf. Umweltschützer fürchten nun, dass Brasilien die «São Paulo» ausserhalb seiner Hoheitsgewässer im Meer entsorgt.
Vergangene Woche Freitag teilte die brasilianische Marine mit, dass sie die «São Paulo» im Atlantik abgeschleppt hat. Das mit Asbest, Farben und anderen giftigen Abfällen beladene Schiff schwimmt nun etwa 315 Kilometer vor der brasilianischen Küste.
Angesichts des schlechten Zustands der «São Paulo» und des «erhöhten Risikos», das sie für die Umwelt darstelle, dürfe sie nicht mehr in einen brasilianischen Hafen oder auch nur in brasilianische Hoheitsgewässer, betonte die Marine.

Die Glanzzeiten der ehemaligen «Foch» sind definitiv vorbei. Nachdem der Flugzeugträger Ende der 50er Jahre im westfranzösischen Saint-Nazaire gebaut worden war, stand er 37 Jahre lang in den Diensten der französischen Marine.

Im Jahr 2000 kaufte die brasilianische Marine ihn und taufte ihn in «São Paulo» um. Doch das alte Schiff bereitete bald Probleme, die sich durch einen Brand an Bord im Jahr 2005 deutlich verschlimmerten. Eine Modernisierung des Flugzeugträgers wäre zu teuer gewesen. Brasilien beschloss, ihn loszuwerden.

Im April 2021 kaufte die türkische Werft Sök Denizcilik das riesige Schiff, um das Altmetall auszuschlachten. Seitdem fuhr ein niederländischer Schlepper mit der «São Paulo» auf Kosten der Werft durchs Meer. Da aber kein Hafen der «São Paulo» Einfahrt gewährte, drohte Sök Denizcilik, das Schiff einfach mitten im Atlantik aufzugeben.
Angst vor «Umweltverbrechen»
Umweltorganisationen befürchten nun, dass Brasilien das alte Schiff mitsamt seinen Abfällen versenkt. Die brasilianische Armee «schickt sich jetzt an, ein grosses Umweltverbrechen im Meer zu begehen», erklärte etwa der Chef der Nichtregierungsorganisation Basel Action Network, Jim Puckett. «Es ist beunruhigend, im Meer ein 30’000 Tonnen schweres giftiges Paket zu haben, von dem man den Empfänger nicht kennt», warnte die Umweltorganisation Robin Wood.
Die Probleme mit der «São Paulo» ziehen sich nun schon eine ganze Weile hin. Im Juni hatte die Werft Sök Denizcilik von den brasilianischen Behörden die Genehmigung erhalten, das Schiff in die Türkei zu schleppen und dort auseinanderzubauen. Doch als die «São Paulo» Ende August etwa in Höhe der Meerenge von Gibraltar war, zogen die türkischen Behörden ihre Einlaufgenehmigung zurück.
Hin und her – Hoffen auf Lula
Brasilien liess die «São Paulo» zurückkehren, trotz oder wegen der festgestellten «Verschlimmerung der Schäden» am Schiffsrumpf aber in keinen Hafen hinein. Nachdem das Schiff mehrere Monate vor dem Hafen von Suape im Nordosten Brasiliens lag, drohte die türkische Werft, es aufzugeben und führerlos in brasilianischen Gewässern zurückzulassen. Der von der türkischen Werft beauftragte niederländische Schlepper «ALP Guard» begann am 19. Januar wegen einer gerichtlichen Verfügung, sich von der brasilianischen Küste zu entfernen.
Die brasilianische Umweltbehörde Ibama, die für die Einhaltung der Basler Übereinkunft zur grenzüberschreitenden Entsorgung gefährlicher Abfälle zuständig ist, rief die brasilianische Marine auf einzuschreiten. Umweltorganisationen setzen ihre Hoffnung eher auf Brasiliens neuen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva, der versprochen hat, sich für die Umwelt stark zu machen.
Die Nichtregierungsorganisation Shipbreaking Platform rief Präsident Lula als Oberbefehlshaber der brasilianischen Marine auf, «sofort einzuschreiten und anzuordnen, die ‹São Paulo› nach Rio de Janeiro zurückzubringen». Wenn Brasilien das Schiff hingegen «vorsätzlich» versenke, «käme das einem vom Staat in Auftrag gegebenen Umweltvergehen gleich».
AFP
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