Argentinien taumelt in die nächste Wirtschaftskrise
Die Währung büsste in zwei Tagen 17 Prozent an Wert ein. Nun plant Präsident Mauricio Macri offenbar, zehn Ministerien abzuschaffen.

Mehr als 200 Milliarden Dollar Schulden im Ausland, eine sehr hohe Inflation und ein dramatischer Wertverfall des Peso: Für Argentinien kommt es derzeit knüppeldick. Das Land hat den Internationalen Währungsfonds (IWF) gebeten, aus dem erst vor kurzem bewilligten Hilfsprogramm über rund 50 Milliarden Dollar Auszahlungen vorzuziehen.
Am Montag will Finanzminister Nicolas Dujovne Schritte zur Eindämmung der Krise vorstellen. Damit soll das Haushaltsdefizit gesenkt werden, um die Regierung weniger abhängig von den Kreditmärkten zu machen. Das aber birgt das Risiko, dass die ohnehin fragile innenpolitische Lage in dem südamerikanischen Land noch instabiler wird.
Argentiniens Präsident Mauricio Macri will laut Medienberichten mehrere Ministerien abschaffen. Die Zeitung «La Nacion» berichtete am Sonntag unter Berufung auf Regierungskreise, 13 Ministerien sollen geschlossen oder mit anderen zusammengelegt werden, die Zeitung «Clarin» sprach von zehn Ministerien. Betroffen seien die Ressorts Wissenschaft, Kultur, Energie, Landwirtschaft und Tourismus. Regierungssprecher waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der Wind drehte im April
Noch Anfang des Jahres war die Lage anders. «Der wirtschaftliche und politische Horizont in Argentinien klart auf», hiess es damals zum Beispiel von der deutschen Investitionsagentur GTAI. «Nach dem Wahlsieg der Regierung bei den Parlamentswahlen im Oktober 2017 bestehen gute Chancen für die Kontinuität der marktfreundlichen Reformpolitik von Präsident Mauricio Macri. Der Konjunkturaufschwung gewinnt an Kraft.»
Hinzu kam Prestige mit der Präsidentschaft der einflussreichen G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer, die Argentinien in diesem Jahr innehat. Warnungen von Ökonomen wegen der hohen Auslandsverschuldung, Hauhaltsdefiziten oberhalb von sechs Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung und der Abhängigkeit von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland traten in den Hintergrund. Dabei ist die letzte grosse Krise des Landes, als der Staat 2001 pleite war und seine Gläubiger nicht mehr bedienen konnte, noch in Erinnerung.
Laut IWF drehte der Wind im April. Eine andauernde Dürre liess die Agrarproduktion und somit Exporterlöse einbrechen. Die Energiepreise zogen an. Einherging das mit ungünstigeren Finanzierungsbedingungen in der Welt – denn in den USA steigen die Zinsen wieder und der Dollar hat aufgewertet. Hinzu kam die radikale Steuerreform von US-Präsident Donald Trump, die Kapital in Richtung der Vereinigten Staaten lockt und damit weg von Schwellenländern.
Das spürt nicht nur Argentinien, sondern auch die Türkei, Indien und Südafrika. Im Falle Argentiniens kommt ein hoher Finanzierungsbedarf hinzu. Die Folge: Die Landeswährung büsste 2018 bisher rund 54 Prozent an Wert ein, die Regierung muss Anlegern deutlich mehr Zinsen zahlen, um an Kapital zu kommen.
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Der Kurs des Pesos zum US-Dollar seit Jahresbeginn. (2. September 2018) Bild: FxStreet
Allein vergangenen Mittwoch und Donnerstag büsste die Währung zwischenzeitlich bis zu 24 Prozent ihres Wertes ein. Im Bemühen um eine Eindämmung der Währungskrise hatte die Zentralbank des Landes den Leitzins am Donnerstag drastisch erhöht. Er wurde von 45 auf 60 Prozent angehoben. Bis Freitagabend erhohlte sich der Peso wieder, sodass der Kursverlust seit Mittwochmorgen insgesamt rund 15 Prozent betrug.
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Der Kurs des Pesos zum US-Dollar seit vergangenem Montag. (2. September 2018) Bild: FxStreet
Dabei würdigen viele Experten wie IWF-Chefin Christine Lagarde den Reformkurs in den vergangenen zweieinhalb Jahren – mit Änderungen in der Währungs-, Subventions- und Steuerpolitik. «Die von den Behörden betriebene Politik versucht, langbestehende Verwundbarkeiten anzugehen, für Nachhaltigkeit bei den Schulden zu sorgen, die Inflation zu reduzieren sowie Wachstum und neue Jobs zu fördern, um so die Armut zu senken», sagte sie im Juni. Doch die Finanzmärkte überzeugte das nicht. Ein Ausverkauf war die Folge.
Jetzt richtet sich der Blick noch stärker auf den IWF. Der Fonds gewährte der drittgrössten Volkswirtschaft Lateinamerikas Mitte des Jahres ein Hilfspaket von 50 Milliarden Dollar – kurzfristig gezahlt wurden bereits 15 Milliarden davon. Der IWF ist eigenen Angaben zufolge grundsätzlich bereit, schneller als geplant weitere Gelder aus dem Paket zu überweisen. Viele Experten empfehlen diesen Weg auch der ebenfalls angeschlagenen Türkei.
SDA/mch
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