
Würde unsere Polizei Waffen verwenden, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, wäre der Aufschrei gross. Nicht viel besser würde es die Sache machen, wenn involvierte Polizistinnen oder Politiker beteuerten, die illegalen Waffen seien nur getestet worden. Müssten sie zudem eingestehen, sie wüssten nicht, wer im Korps dies getan hat, wäre der Skandal perfekt. Es gäbe vermutlich Strafverfahren und Rücktritte von Verantwortlichen.
Nun aber zeigen Recherchen, dass schweizerische Polizeikräfte ohne Gesetzesgrundlage automatisierte Gesichtserkennungssoftware eingesetzt haben. Die ertappten Korps beteuern entweder, dass sie nur testeten. Oder dass sie nicht wüssten, wer sich mit einer staatlichen E-Mail-Adresse eine Probe-Lizenz für eine Software verschafft habe.
Es ist folgerichtig, dass der Datenschützer bei der Stadtpolizei Zürich nun genauer hinschaut.
Die Testaccounts liefen für Clearview, ein potentes Programm mit gigantischem Missbrauchspotenzial. Dessen Datenbank umfasst gemäss Firmenangaben über drei Milliarden Bilder, die bei Facebook, Youtube und anderswo heruntergeladen wurden. Wetten, dass sich auch Fotos Ihrer Verwandten darunter finden? Und wetten, dass Sie nicht wollen, dass diese Bilder weltweit bei der Verbrecherjagd und zu unbekannten Zwecken eingesetzt werden?
Nur folgerichtig ist es, dass der Datenschützer bei der Stadtpolizei Zürich nun genauer hinschaut. Eine Untersuchung müsste auch andernorts wie etwa in St. Gallen folgen. Und im Aargau, wo ähnliche Software zum Abgleich von Fahndungsfotos eingesetzt wird.
Will die Polizei Gesichtserkennungssoftware legal verwenden, muss sie sich für eine Gesetzesgrundlage einsetzen. Gewählte Politikerinnen und Politiker können dann aushandeln, wo der Einsatz sinnvoll ist und wo unerwünscht. Und welche Kontrollen es braucht. Das letzte Wort dürfte wie zuvor schon bei zwei Vorlagen aus einem ähnlichen Themenbereich – der E-ID und dem Terrorgesetz – das Volk haben.
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Überwachungstechnologie in der Schweiz – Auch die Polizei muss sich an das Gesetz halten
Für den Einsatz von Gesichtserkennung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Wendet die Polizei solche Software trotzdem an, ist das gefährlich.