Militäroffensiven auf StützpunkteAuch Teheran beschiesst nun Kurden im Irak
Der Iran bombardiert am Montag verschiedene Ziele im Nachbarland, nachdem schon Ankara Gegner in der Region angegriffen hat. Beide Länder drohen mit Invasionen.

Der Iran attackiert nun ebenfalls kurdische Gruppen im Irak. Nahe der Provinzhauptstadt Erbil schlugen am Montag mehrere iranische Raketen in Wohngebieten ein, nachdem am Wochenende bereits die türkische Luftwaffe kurdische Gruppen im Irak angegriffen und mindestens dreizehn Milizionäre der Kurdenorganisation PKK getötet hatte. Nach Angaben des iranisch-kurdischen Funktionärs Mohamed Nazif Qaderi kam bei den jüngsten Angriffen ein Parteimitglied der Demokratischen Partei des iranischen Kurdistan ums Leben.
Kurdische Aktivisten berichten von Raketen und Drohnen, die auch in den Flüchtlingslagern Koya und Jejnikan niedergingen. In dem Lager Koya leben aus dem Iran geflohene Kurden. Dort ging ein Krankenhaus in Flammen auf, in dem viele Verletzte früherer iranischer Angriffe behandelt werden. Über die Zahl der Opfer war am Montagmittag zunächst noch nichts bekannt.
Fast zeitgleich mit den Raketentreffern im Zentrum der irakisch-kurdischen Autonomieregion gingen Revolutionsgarden in der iranischen Stadt Mahabad brutal gegen die dortige Zivilbevölkerung vor. Immer wieder hatten kurdische Iraner in Mahabad in den vergangenen Wochen friedlich gegen das Regime in Teheran demonstriert. Seit Sonntag sind die Strassen allerdings menschenleer, nachdem aus Teheran entsandte Truppen auf den Strassen der Stadt offenbar auf Passanten geschossen hatten.
Härteres Vorgehen in den Kurdengebieten
Am Sonntag, wenige Stunden nach den türkischen Bombardierungen, hatten Websites, die den Revolutionsgarden nahestehen, ein härteres Vorgehen in den Kurdengebieten angekündigt. «Wir werden jeden Widerstand mit Gewalt beantworten», sagte ein Offizier der Spezialeinheit in einer Sendung des staatlichen TV Sender IRIB. Ob, wie von vielen Bürgern Mahabads behauptet, am Wochenende bereits wahllose Morde an unbewaffneten Demonstranten verübt wurden, ist unklar.
Kritisch ist die Lage auch in den Städten Diwandarreh, Buka und Sakes, über denen wie über Mahabad Militärhubschrauber kreisen. Mit der Ausweitung der Angriffe auf den Irak wollen die Herrschenden in Teheran offenbar verhindern, dass bewaffnete kurdische Gruppen die seit vielen Jahren stabile und sichere irakische Kurdenregion zu einem Rückzugsort ihrer Widerstandsbewegung machen.
Auch Ankara erwägt weiter militärische Schritte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zieht nach Luftangriffen auf kurdische Stellungen in Syrien und im Irak Bodenoffensiven in Betracht. Es stehe ausser Frage, dass man sich nicht auf Lufteinsätze beschränke, sagte Erdogan gemäss der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
Offene Drohungen
Die iranische Propaganda wiederum versucht seit Beginn der Proteste im eigenen Land die angeblich vom Westen unterstützten Kurden des Irak als Auslöser der landesweiten Proteste darzustellen. Damit könnte die Lage im Iran zu einer regionalen Krise eskalieren. Anders als im rein schiitischen Iran leben im Irak Schiiten, Kurden und Sunniten. Im Falle weiterer iranischer Angriffe könnten die Kurden zusammen mit den irakischen Sunniten Hilfe bei anderen Ländern der Region erbitten.
Anfang November hatte die iranische Führung bereits Saudiarabien gewarnt, sich in innere Angelegenheiten des Iran einzumischen. Als ureigene Einflusssphäre betrachtet man in Teheran auch den Irak, wo zahlreiche schiitische Milizen aktiv sind und die wichtigsten schiitischen Pilgerstätten liegen.
Vor einer Woche schon war der Kommandeur der iranischen Al-Quds-Einheiten zu Besuch in Bagdad. Er hatte der neu ins Amt berufenen irakischen Regierung von Premier Mohammed Shia’ al-Sudani ganz offen mit einer Invasion gedroht. Wenn die irakische Armee die iranisch-irakische Grenze nicht selber sichern könne, werde man dies mit eigenen Bodentruppen tun, warnte Esmail Ghaani.
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