Geldberater: Der Marktschrei(b)erAugenexperte Alcon hat den Durchblick
Helvetia vor Gewinnverdoppelung +++ LM Group profitiert vom grossen Appetit auf Reisen +++ SoftwareOne wird abgewatscht +++ Leere Hallen bei der MCH Group.

Alcon: Kaufen
Die Bevölkerung altert, der Bedarf an Augenbehandlungen nimmt zu. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation leiden 2,2 Milliarden Menschen an einer erheblichen Beeinträchtigung des Sehvermögens. Die Nachfrage nach Geräten und Produkten zur Augenheilung steigt stetig. Das sind gute Voraussetzungen für Alcon. Die Gesellschaft ist Nummer eins auf dem Gebiet der Augenchirurgie und hinter Johnson & Johnson Nummer zwei im Geschäft mit Augenlinsen und -tropfen. Bald sind seit der Abspaltung von Novartis zwei Jahre vergangen. Der Erstkurs im April 2019 war höher als gedacht, und seither haben die Aktien ein Fünftel zugelegt, obschon Corona dazwischenfunkte – keine schlechte Zwischenbilanz. Am Investorentag vergangene Woche präsentierte das SMI-Unternehmen seine Perspektiven. Bis 2025 will Alcon den Umsatz von 7 auf 10 Milliarden Dollar steigern und die Betriebsgewinnmarge von 17 Prozent auf 25 Prozent. Ich denke, beides ist machbar. Das relativiert die hohe Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30. Kaufen
Helvetia: Kaufen
Mit Schaden- und Lebensversicherungen erzielt Helvetia kräftige Margen. Pandemiebedingte Zusatzzahlungen an Kunden sowie Investmentverluste und IT-Abschreibungen vermiesten jedoch 2020 das Ergebnis. Die Dividende bleibt dennoch stabil. Das Management begründet die vollständige Ausschüttung des Jahresüberschusses mit den soliden Finanzen. Die Betriebseinheiten in der Schweiz sowie in Spanien, Italien, Deutschland und Österreich liefern substanzielle Geldflüsse an die Zentrale. Und Helvetia will noch zulegen. Bei Neuabschlüssen von Vorsorge- und Lebensversicherungen gewährt sie nur Zinsgarantien, die sie auch im heutigen Renditeumfeld verdienen kann. Für 2021 sehe ich dank des Wegfalls der zuletzt belastenden Effekte eine Gewinnverdoppelung auf rund 9 Franken je Aktie als realistisch. Voraussetzung ist, dass Konjunktur, Finanzmärkte und der davon abhängende Absatz von Versicherungsprodukten dieses Jahr durch die Pandemie nicht wesentlich gebremst werden. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12 sind die Aktien im Branchenvergleich günstig. Kaufen
LM Group: Dosiert kaufen
Nach Monaten zu Hause ist der Appetit auf Reisen gross. Das hat schon das Streichen der Reisewarnung für Mallorca bei den deutschen Nachbarn gezeigt. In Windeseile schossen die Buchungen für den Osterurlaub im warmen Süden nach oben. Zu den Reisewerten an der Börse, die von dieser Entwicklung profitieren, gehört die LM Group. Das Unternehmen mit Sitz in Chiasso vermittelt über das Internet Hotels, Flüge und ganze Reisepakete. 2020 hat die LM Group tiefrot abgeschlossen. Aber die Gruppe hat die Krise genutzt, um die Kosten zu senken. Das könnte sich auszahlen, wenn die Zeiten wieder in allen Ländern besser werden. Die niedrigeren Kosten könnten der LM Group dann zu einer höheren Profitabilität verhelfen. Zudem erwarte ich, dass das Unternehmen den Konsolidierungskurs aus der Vor-Corona-Zeit fortsetzt. Die Aktien der LM Group haben sich in den vergangenen Wochen bereits gut entwickelt. Auf mittlere Sicht könnten Anleger weiter profitieren, wenn sich die Zeiten normalisieren. Dosiert kaufen
SoftwareOne: Kaufen
Der Aktienmarkt kann unerbittlich sein, so zuletzt beim Börsenneuling SoftwareOne. Der IT-Reseller galt als Gewinner der Pandemie, hat er sich doch auf den Verkauf von Cloud-Software spezialisiert. Die Stanser sind auch der weltweit grösste Vertriebspartner für Produkte von Microsoft, die auf fast jedem PC installiert sind. Doch so rund wie erwartet, lief es SoftwareOne in der zweiten Hälfte des Pandemie-Jahres nicht. Besonders KMU hielten sich zurück und schöpften ihre IT-Budgets nicht aus. Noch ist unklar, wann eine Normalisierung eintritt. Der Margenausblick jedenfalls ist wegen geplanter Investitionen verhaltener als erwartet, und auch die Aussichten beim Bruttogewinn haben enttäuscht. So verloren die Aktien am Donnerstag fast ein Fünftel ihres Werts und notieren aktuell auf dem Stand von letztem Dezember. Für mich ist das eine Überreaktion und somit eine Einstiegschance. SoftwareOne ist nach wie vor in einer idealen Position, um von der App-Migration in die Cloud zu profitieren. IT-Budgets werden mit der Normalisierung in Sachen Pandemie wieder anziehen. Zudem sind die Aktien ausgesprochen attraktiv bewertet. Kaufen
MCH Group: Abwarten
Wann waren Sie zuletzt an einer Messe oder an einem Kongress? Es dürfte Monate her sein. Dementsprechend hat die Veranstaltungsbranche ein Horrorjahr hinter sich. Dazu gehört auch die global tätige Messe- und Eventbetreiberin MCH Group. Der Umsatz ist ihr im letzten Jahr um 60 Prozent weggebrochen. Unter dem Strich blieben tiefrote Zahlen. Wann sich das Event-Geschäft vollständig normalisiert, ist weiterhin unklar. Trotzdem gefallen mir die Aktien besser als auch schon, denn in der Krise wurden einige wichtige Weichen gestellt. Der neue Investor James Murdoch brachte dringend benötigtes Geld und dürfte – zusammen mit anderen – für frischen Wind im Verwaltungsrat sorgen. Der Einfluss staatlicher Akteure ist zurückgegangen, was zentral ist für die Reduktion der Interessenkonflikte. Die MCH-Titel sind historisch immer noch sehr günstig und reflektieren den wahren Unternehmenswert keineswegs. Allein die Kunstmesse Art Basel wird von Investoren auf bis zu 500 Millionen Franken geschätzt. Abwarten
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung.
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