New Yorks Gouverneur in BedrängnisCuomos Beraterin tritt zurück – Ex-Mitarbeiterin wirft ihm «Verbrechen» vor
Wegen den Missbrauchsvorwürfen kämpft Andrew Cuomo um sein politisches Überleben. Seine langjährige Vertraute wirft den Bettel hin, seine Chefassistentin gibt ein TV-Interview.

Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo gerät wegen Belästigungsvorwürfen zahlreicher Frauen zunehmend in Bedrängnis. «Was er mir angetan hat, ist ein Verbrechen», sagte Cuomos Chefassistentin Brittany Commisso in einem am Montag ausgestrahlten TV-Interview. Der Gouverneur habe sie zwei Mal begrapscht. Wenige Stunden vor der Ausstrahlung des Interviews war Cuomos enge Mitarbeiterin Melissa DeRosa wegen der Vorwürfe gegen ihren Chef zurückgetreten.
«Der Gouverneur muss zur Rechenschaft gezogen werden», sagte Commisso im Interview mit dem Sender CBS und der Zeitung «Times Union». Der Politiker der Demokratischen Partei habe «das Gesetz gebrochen».
Commisso beschrieb, wie Cuomo sie bei zwei Gelegenheiten in Arbeitssituationen begrapscht habe. «Er hat vielleicht gedacht, das sei normal», sagte sie. «Aber für mich und die anderen Frauen, denen er das angetan hat, war das nicht normal. Es war nicht erwünscht, und es war gewiss nicht einvernehmlich.»
Neben Commisso erheben noch zehn weitere Frauen Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung gegen Cuomo. Neun der Frauen sind oder waren bei den Behörden des Bundesstaats New York beschäftigt. Commisso hat Strafanzeige gegen Cuomo erstattet.
Während der 63-jährige Gouverneur die Vorwürfe bestreitet, stuft ein in der vergangenen Woche vorgelegter Untersuchungsbericht der New Yorker Staatsanwaltschaft die Angaben der Frauen als glaubhaft ein. Generalstaatsanwältin Letitia James erklärte, Cuomo habe die Frauen «unerwünscht und nicht einvernehmlich berührt und zahlreiche Bemerkungen anzüglicher sexueller Natur gemacht».
Rücktrittsforderungen auch von hochrangigen Parteifreunden wie US-Präsident Joe Biden wies Cuomo wiederholt zurück. «Ich habe niemals jemanden unangemessen berührt oder unangemessene sexuelle Avancen gemacht», sagte er. Nun läuft ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn.

Am Sonntag kehrte übereinstimmenden Medienberichten zufolge eine wichtige Mitarbeiterin Cuomo den Rücken. Seine bisherige Sekretärin Melissa DeRosa schrieb den Berichten zufolge in ihrem Kündigungsbrief, es sei «die grösste Ehre» ihres Lebens gewesen, «in den vergangenen zehn Jahren den Menschen von New York zu dienen». Allerdings sei diese Zeit auch «emotional und mental anstrengend» gewesen.
Laut dem Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft gehörte DeRosa bis zuletzt zu Cuomos zentralen Unterstützerinnen. Demnach gehörte sie zu einer Gruppe loyaler Mitarbeiter, die aktiv gegen eine Frau vorgingen, nachdem diese Vorwürfe gegen den Gouverneur geäussert hatte.
Noch ein Rücktritt
Im Zuge der Affäre trat am Montag auch Roberta Kaplan als Vorsitzende der Organisation Time’s Up zurück, die im Zuge der #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung gegründet worden war. Die Kanzlei der Anwältin hatte Cuomo-Beraterin DeRosa vertreten und soll dem Gouverneur bei seiner Verteidigung gegen die Belästigungsvorwürfe geholfen haben.
Unterdessen trafen sich am Montag die Mitglieder des Justiz-Komitees des Repräsentantenhauses von New York in Albany, um über das weitere Vorgehen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren zu beraten.
Cuomo ist seit 2011 Gouverneur von New York. Im vergangenen Jahr wurde er während der Corona-Pandemie, welche die Millionenstadt New York besonders hart traf, zunächst für sein energisches Krisenmanagement gelobt. Schon vor der Veröffentlichung der Belästigungsvorwürfe begann sein Stern jedoch zu sinken. Cuomo wurde vorgeworfen, die wahren Zahlen der Corona-Todesfälle in Pflegeheimen verschleiert zu haben.
Cuomo ist längst nicht der erste Politiker in den USA, der sich mit solchen Anschuldigungen konfrontiert sieht. Die Liste ist recht lang, wie eine Übersicht zeigt. (Lesen Sie dazu: Andrew Cuomo ist kein Einzelfall).
Sollte Cuomo tatsächlich zurücktreten oder seinen Job abgeben müssen, so würde gemäss der «New York Times» die 62-jährige Stellvertreterin Kathy Hochul seinen Platz übernehmen. Hochul wäre dabei die erste Frau, die dieses Amt im Staate New York bekleiden würde.
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