CDU-Chefin handelt sich massiven Ärger ein
Der Vorstoss der deutschen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die «Meinungsmache» im Netz zu regeln, kam gar nicht gut an.
Die deutsche CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich für ihren Vorstoss zu Regeln für Meinungsmache im Netz von vielen Seiten massiven Ärger eingehandelt – im Netz und auch in der eigenen Partei.
Nach den Äusserungen von Kramp-Karrenbauer zur «Meinungsmache» im Internet haben zehntausende Menschen eine Online-Petition für Meinungsfreiheit unterzeichnet. Der von den Youtubern Marmeladenoma und Herr Newstime initiierte Appell mit dem Titel «Keine Zensur unserer Meinungsfreiheit, Frau Kramp-Karrenbauer» wurde bis Dienstagabend von mehr als 42'000 Menschen unterstützt.
Entrüstung im Netz
«Müssen sich Videos wie die des Youtubers Rezo im Wahlkampf besonderen Regeln unterwerfen? Wir sagen: Nein», heisst es in dem Appell. «Keine Zensur, keine Regulierung der Meinungsfreiheit.» Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen schrieben die Youtuber weiter: «Wir fordern Frau Kramp-Karrenbauer daher auf, ihre Ideen für Wahlkampf-Regeln zügig wieder zu begraben. Wir lassen uns nicht zensieren!»
Kramp-Karrenbauer hatte am Montag aus Verärgerung über einen CDU-kritischen Wahlaufruf von Youtubern die Frage gestellt, ob solche «klare Meinungsmache vor der Wahl» reguliert werden müsse. Es stelle sich die Frage: «Was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich?»
In sozialen Medien und unter Politikern löste die CDU-Chefin damit einen Sturm der Entrüstung aus. Ihr wurde ein Angriff auf die Meinungsfreiheit vorgeworfen. Die Vorsitzende der Christdemokraten versuchte am Dienstag erneut, Vorwürfe auszuräumen, sie wolle die Meinungsfreiheit einschränken. «Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt werden wir alle in der CDU immer verteidigen», erklärte sie in Berlin.
Kritik auch aus eigenen Reihen
CDU-Bundesvize Armin Laschet twitterte am Dienstag: «70 Jahre alt und doch wie für Youtube formuliert. Das Grundgesetz schützt unsere Meinungsfreiheit – in allen Medien.» Und der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann nannte die Äusserungen Kramp-Karrenbauers «unglücklich».
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (ebenfalls CDU) kritisierte erneut den Umgang seiner Partei mit dem Video und forderte eine Verjüngung der Partei. «Cool und jung ist keine schlechte Kombination», sagte Oettinger der Wochenzeitung «Die Zeit». Die langatmige Abwehrreaktion der CDU sei ein Fehler gewesen. Die Partei müsse nun alles tun, um auch junge Köpfe in politische Funktionen zu bekommen.
Auch Journalistenorganisationen sahen die Äusserungen Kramp-Karrenbauers kritisch. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, sagte: «Annegret Kramp-Karrenbauers Äusserungen erwecken den fatalen Eindruck, dass sie das Grundrecht der Meinungsfreiheit schleifen will.»
Kanzlerin Angela Merkel betonte den Wert der Meinungsfreiheit innerhalb ihrer Partei. «Jeder, den ich kenne in der CDU, oder jede, setzt sich für Meinungsfreiheit als ein Grundprinzip ein», sagte Merkel am Dienstag nach einem EU-Gipfel vor Journalisten in Brüssel. Medienberichte, wonach sie Zweifel an der Eignung von Kramp-Karrenbauer als mögliche Nachfolgerin im Kanzleramt habe, bezeichnete Merkel als Unsinn. «Und ich habe mich in meinen vielen Jahren politischer Tätigkeit mit Unsinn auch nicht intensiv befasst. Deshalb möchte ich das nicht weiter kommentieren.»
Die CDU gehört in Deutschland zu den grossen Verlierern bei der Europawahl vom Sonntag. Die CDU sackte von 30,0 auf 22,6 Prozent ab. Das Ergebnis bezieht sich auf 15 der 16 deutschen Bundesländer. Ihre Schwesterpartei CSU, die nur in Bayern antritt, verbesserte sich dagegen von 5,3 auf 6,3 Prozent der Stimmen. Die SPD stürzte von 27,3 auf 15,8 Prozent ab.
SDA/nag
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