«Da denkst du nur noch: Mann, war das schlecht»
Der ZSC sucht heute in Biel den Schritt aus der Krise. Ob Simon Bodenmann das Team zum Erfolg führt?

Sie ist eine Achterbahnfahrt, die Saison der Lions. Momentan braust das Bähnchen über den Abschnitt, wo es steil abwärtsgeht, es immer schneller wird, wo alle nur noch kreischen. Doch wird es wieder aufwärtsgehen? Diese Frage stellt sich auch Simon Bodenmann, sowieso frage er sich dieses und jenes, tausend Sachen – viel zu viele Gedanken, die ganze Zeit. Ein Kopfmensch sei er, sagt er, immer schon gewesen, das helfe beim Eishockey selten, und gar nicht, wenn es nicht läuft. Wie nun beim Meister.
Kürzlich, beim 0:3 in Zug, erzählt Bodenmann, habe er sich ertappt, wie er sich während einer Topchance fragte, was er da eigentlich mache. Es war ein 2-gegen-1-Konter, er mit dem Puck, Pius Suter in der Mitte, am Ende gab es weder Pass noch Schuss, «weil ich wartete, wartete, wartete, den Pass spielen zu können, während ich mir sagte: Schiess doch den verdammten Puck!» Genau darüber sei im Training gesprochen worden, immer wieder, habe auch der Coach Schüsse gefordert. «Und dann so was. Da denkst du nur noch: Mann, war das schlecht …»
Strichkampf-Symptome
Tönt schwer nachvollziehbar? Vielleicht. Aber Bodenmann und der ZSC erleben bloss das, was kein Team durchmachen will, erst recht keines, das höhere Ansprüche hat. Negativer Druck, die Angst vor dem Fehler, die Verunsicherung, das Hinterfragen. Willkommen im Strichkampf! Wo auch die Hände der Techniker plötzlich zittern, die Vorwürfe der verärgerten Anhängerschaft stets im Raum stehen (Arbeitsverweigerung! Gleichgültigkeit!). Und die Frage: Wie konnte es so weit kommen?
Nein, gleichgültig lässt das Tief Bodenmann nicht. Die Misere mit zuletzt vier Niederlagen, der verspielte Vorsprung auf Rang 9, mit all dem befasse er sich sehr. Mehr als ihm lieb sei. «Denn am besten gehst du damit um, indem du nicht die ganze Zeit daran denkst», sagt der 30-Jährige. Das gelinge kaum, höchstens in gemeinsamen Momenten mit der Freundin, weil die andere Interessen als Eishockey habe.
Und hin und wieder hilft auch ein Blick zurück. Bodenmann erlebte eine ähnliche Saison, als er 2015 von Kloten nach Bern wechselte: ein taumelnder Favorit, Strichkampf, eine Trainerentlassung, die zunächst nichts zu nützen schien. Mit Ach und Krach rettete sich der SCB ins Playoff – und wurde als Achter dann Meister. «Es gibt viele Parallelen», sagt der Routinier. «Auch die Langzeitverletzten.» Und nicht zu vergessen: Bodenmann selbst. Und sein Langsamstart.
Nun habe er die Bestätigung: «Ich bin keiner, der an neue Orte kommt und gleich sagen kann: Hier bin ich! Ich brauche Angewöhnungszeit.» Sein Start in Zürich war irritierend. Es fehlten nicht nur Tore und Assists, die von einem Stürmer seines Kalibers erwartet werden. In 10 der ersten 11 Partien stand Bodenmann bei keinem Plustor bei numerischem Gleichstand auf dem Eis … Das war nicht bloss Pech, das Spiel lief an ihm vorbei, er war frustriert: «Ich hatte das Gefühl, ich gebe alles, hatte aber keinen Einfluss aufs Spiel.»
Persönlicher Aufwärtstrend
Die aktuelle ZSC-Krise, die Torflaute und der Fakt, dass auch Bodenmann in zuletzt sieben Spielen nicht mehr traf – all das rückt es in den Hintergrund: Doch mittlerweile ist Bodenmann der effizienteste Zürcher Stürmer und mit Sicherheit der beste Allrounder im Team. 20 Skorerpunkte in den letzten 21 Partien sind das eine. Dass relativ zur Eiszeit keine andere ZSC-Stammkraft häufiger bei Powerplaytreffern und gleichzeitig seltener bei Gegentoren in allen Situationen auf dem Eis steht als Bodenmann, ist das andere.
Das tönt gut, das ist gut. Doch es hebt Bodenmanns Laune nicht, der Frust ist geblieben, weil das Verpassen des Playoffs droht. Es braucht diesen Moment, in dem es «Klick» macht. Damals mit Bern gab es ihn, er erfolgte ausgerechnet im Hallenstadion: «Ein gestohlener Sieg im Penaltyschiessen», erinnert sich Bodenmann. Bloss, es war Spiel 1 im Playoff – so weit sind die Lions noch lange nicht, sie brauchen dafür nun Siege. Am besten schon heute in Biel.
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