«Das Niveau ist sehr gemischt»
Züri Unterlands Volleyball-Männer gehen mit einem neuen Trainer in die NLB-Saison, die für sie am Samstag mit einem Heimspiel gegen Voléro Zürich beginnt: Mahmoud Dorah.

Mahmoud Dorah, 13 Jahre nach dem Ende Ihrer Saison als Trainer des damaligen Männer-Erstligisten VC Kloten sind Sie wieder hier, in der Klotener Ruebisbachhalle. Hat sich in der Zwischenzeit vieles verändert?Mahmoud Dorah:Hier drin hat sich gar nichts verändert. (lacht) Klar, der Boden ist neu und schön. Es ist eine sehr gute Halle, die wir nur leider mit vielen anderen Vereinen teilen müssen. Und das ist genau gleich wie damals. Die Trainingszeiten sind fix geregelt. Ich will mich auch nicht beklagen, nur: Es ist praktisch unmöglich, hier einmal ein Extratraining anzusetzen.
Wie unterscheidet sich Ihre heutige Mannschaft vom VC Kloten der Saison 2003/04?Die damaligen Spieler waren technisch nicht schlecht, aber es waren alles 1.-Liga-Spieler. Bei einem Teil der aktuellen Spieler merkt man dagegen klar, dass sie viel Erfahrung in der NLB und sogar in der NLA gesammelt haben. Das ist natürlich ein sehr viel höheres Niveau. Allein schon vom Tempo, aber auch vom Spielverständnis her. Da haben viele eine Ahnung vom Volleyball. Aber es gibt auch eine andere Gruppe, deren Niveau ähnlich ist wie das der ganzen Equipe vor 14 Jahren.
Mittlerweile haben Sie Ihr neues Team kennen gelernt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Juli hatten Sie die Mannschaft noch nie als Ganzes gesehen.Ja, und das ist auch lange so geblieben. Wir haben erst nach dem Ende der Beachvolleyball-Saison Anfang September mit der Vorbereitung in der Halle begonnen. Davor hatte ich mit einigen Spielern per Mail Kontakt, andere habe ich persönlich zu Gesprächen getroffen.
Wie lauten Ihre Erkenntnisse aus den ersten Wochen?Wir müssen wirklich hart arbeiten und regelmässig ins Training kommen. (lacht) Die Spieler haben vorher sicher auch gut trainiert. Aber ich habe gemerkt, dass sie ein weniger intensives Training gewöhnt waren, einzelne Übungen vielleicht weniger häufig ausgeführt haben, oder etwas langsamer. Das Tempo war zum Teil etwas zu schnell für sie. Aber sie gewöhnen sich daran, es geht erstaunlich schnell. Und das ist auch gut so. Denn im Volleyball geht es ja darum, unter Druck und mit wenig Zeit gut zu reagieren.
Für wie stark schätzen Sie Ihr Team nun ein?Das Niveau ist sehr gemischt. Wir haben drei Gruppen: erstens die NLA-erfahrenen Spieler wie Fabian Bigger und Fabian Perler, David Schlatter, Remo Spahr, Raphael Licka, Marco Back und Felix Ernesto Navarro Alderete. Zweitens eine mittlere Gruppe mit gestandenen Spielern, die von tieferklassigen Vereinen nach Züri Unterlands Rückzug aus der NLA zu uns gekommen sind. Und drittens die jungen Einsteiger aus dem Nachwuchs.
Das klingt nach einer komplizierten Aufgabe.Ja, aber daran bin ich gewöhnt. Das ist nichts Aussergewöhnliches – es gibt wohl keine Volleyball-Mannschaft, in der alle 12 bis 15 Spieler gleich alt sind. Vielmehr sollte es immer so sein, dass jedes Jahr zwei bis drei Junge von unten nachkommen, langsam mehr und mehr Einsatzzeit bekommen und nach einer Weile den Sprung schaffen. Allerdings wäre es dafür wünschenswert, mehr Hallenzeit zu haben, um mit den Jungen gezielter zu arbeiten. Immerhin aber habe ich auch das U23-Team übernommen, sodass ich pro Woche ein Training mehr mit ihnen habe.
An Ihren bisherigen Trainerstationen haben Sie oft junge Spieler ausgebildet und sich darum ursprünglich für den Posten als Trainer der zweiten Mannschaft Züri Unterlands beworben. Nun aber haben Sie auch die erwähnten, gestandenen Kräfte im Team. Was reizt Sie daran?Mit jungen Spielern zu arbeiten, ist sicherlich am schönsten, weil man ihre Fortschritte klar sehen kann. Mit fertig ausgebildeten Spielern ist das etwas anders. In der Arbeit mit ihnen geht es zuerst einmal darum, miteinander zurechtzukommen, eine gute Beziehung aufzubauen. Technisch geht es bei ihnen mehr um Kleinigkeiten, die sie noch verbessern können. Oder um neue Aufgaben, die sie übernehmen können – und sei es nur, damit sie wieder mehr Spass am Training finden.
Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenstellung des Kaders? Noch in der Sommerpause sind hinter einigen Spielern ja noch grosse Fragezeichen gestanden.Die stehen da auch heute noch, vor allem im Aussenangriff. Unsere Aussenangreifer haben es bis jetzt noch nicht geschafft, regelmässig jede Woche zweimal ins Training zu kommen. Ausserdem kann uns Raphael Licka höchstens bis Anfang Dezember unterstützen, danach bricht er zu einem mehrmonatigen Brasilien-Aufenthalt auf. Der spanisch-marokkanische Doppelbürger Chakur Khalid hat sich uns angeschlossen und könnte helfen, Raphael zu ersetzen, wenn er seinen Trainingsrückstand aufgeholt hat. Er sucht aber noch eine Arbeitsstelle.
Wie wichtig ist diese Position?Es ist mit die schwierigste, weil die Aussenangreifer in der Aufschlagannahme und im Angriff stark gefordert sind. Sie gelten darum innerhalb einer Volleyballmannschaft als die Arbeitspferde. Wenn sie in der Annahme stabil sind und dazu einer von ihnen sehr stark angreift, kann das ein Team schon sehr weit bringen.
Wie lautet unter all diesen erschwerenden Umständen denn Ihr sportliches Saisonziel?Ich sehe zwei Ziele, die aber eng miteinander zusammenhängen: Erstens, als Dritter oder Vierter der Qualifikation in die Finalrunde der besten acht Teams aus beiden NLB-Gruppen einzuziehen. Ich schätze, dass der Aufsteiger Kreuzlingen und Voléro Zürich etwas stärker sind als der Rest der Ostgruppe, hinter ihnen aber vieles offen ist. Wenn wir das schaffen, können wir auch das zweite Ziel besser verfolgen: eine neue Gruppe herauszubilden, mit genügend Einsatzzeiten und Spielpraxis für die Jungen. Sie auch dadurch an das NLB-Niveau heranzuführen, geht natürlich besser, wenn wir nicht gegen den Abstieg kämpfen müssen.
Mit welcher Art Volleyball soll Ihre Mannschaft zum Erfolg kommen?Mein Ideal ist das schnelle Spiel mit hohem Rhythmus und vielen Kombinationen. Wie weit man das umsetzen kann, hängt aber von der Qualität der Spieler ab.
Sie waren als Volleyball-Trainer in vier verschiedenen Ländern tätig, am häufigsten aber inder Schweiz und in Ihrer Heimat Ägypten. Worin unterscheiden sich die Volleyball-Kulturen beider Länder?In Ägypten ist der Stellenwert des Volleyballs viel höher, die Nationalmannschaft kämpft stets mit Tunesien um die Vorherrschaft in Afrika, spielt regelmässig an Weltmeisterschaften mit und liegt momentan an Platz 16 der Weltrangliste. Viele gute Spieler sind Profis und können von ihrem Sport leben, genauso wie ein ägyptischer Fuss-, Hand- oder Basketballer. Wenn einer dennoch nebenher arbeitet oder studiert, bekommt er immer frei für das Training und die Meisterschaftsspiele. Und wenn ein Verein eine Halle hat, kann er darin trainieren, wann immer er will.
Ein Volleyball-Paradies.Nicht ganz, denn es gibt auch Schwierigkeiten, vor allem in Sachen Material. Es kann gut sein, dass man zum Beispiel keine Schwedenkästen für eine Sprungübung zur Verfügung hat oder man lange auf neue Bälle warten muss. Da muss man oft improvisieren. Das Material ist in der Schweiz dagegen nie ein Problem. Dafür haben wir hierzulande seit ein paar Jahren zu wenige Nachwuchs-Volleyballer, weil viele Jugendliche lieber Fussball oder Unihockey spielen. Und viele erwachsene Top-Spieler können selbst auf NLB- Niveau nur zweimal pro Woche trainieren, weil ihnen neben Beruf oder Studium nicht mehr Zeit bleibt. Das wäre in Ägypten undenkbar.
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