Gericht zu Fall aus KlotenUmstrittenes Tiny-House-Quartier darf wohl gebaut werden
Ein Tiny-House-Quartier im Industriegebiet der Stadt Kloten darf gebaut werden. Sagt das kantonale Baurekursgericht. Aber wohl nur für fünf Jahre.

Auf der Website des Tiny-House-Anbieters war die Sachlage bis am Dienstag schnell geklärt. «Achtung: Seit April 2022 gilt Projektstopp, da es eine Einsprache gab», das prangte in roter Schrift bei Smart Small House. «Sobald wir im Herbst 2022 mehr wissen, werden wir das hier und in unserem Newsletter veröffentlichen.» Jetzt ist Herbst, und das geplante Quartier für Kleinsthäuser in Kloten kann wohl doch kommen, hat das kantonale Baurekursgericht entschieden. Entsprechend ist auch die rote Schrift seit Mittwoch weg.
Auf 20’000 Quadratmetern im Industriegebiet der Flughafenstadt ist der Bau von Tiny Houses vorgesehen – vorerst allerdings nur für fünf Jahre. Denn so lange liegt das Land, das der Firma Implenia gehört, brach. Und in dieser Zeit wird es für eine Zwischennutzung zur Verfügung stehen.
Kläger mit mehreren Argumenten
Doch gegen diese Zwischennutzung hatten benachbarte Firmen geklagt. Und dabei sämtliche Register gezogen. Befürchtet haben sie etwa, dass die Tiny-House-Bewohnerinnen und -Bewohner dereinst wegen Lärm- und Geruchsimmissionen gegen ihre Betriebe klagen könnten. Dass in der Industriezone gewohnt wird, sei zudem nicht zonenkonform, und auch Gewässerabstandslinien würden nicht eingehalten.
Das Gericht hielt nun fest, dass es keine Gefahr einer «unzulässigen schleichenden Änderung des Zonenzwecks» gebe. Die Voraussetzungen für eine befristete Bewilligung seien erfüllt, auch wenn die geplante Zwischennutzung teilweise zonenwidrig sei. Was Lärm und Gerüche angehe, seien keine «wohnhygienisch problematischen Verhältnisse» zu erwarten. Bemängelt wurden dagegen gewisse Punkte zu einer Gewässerabstandslinie. Etwa, dass mit den geplanten Veloabstellplätzen gegen diese Linie verstossen wird. Das sei auch mit einer Ausnahmebewilligung unrechtmässig. Die Bewilligung ist nun mit der Auflage zu versehen, dass die Pläne entsprechend geändert werden.
Fünf Jahre sind eher knapp
Marc Lüllmann, CEO und Mitgründer von Smart Small House und einer der Anbieter von Parzellen in Kloten, sieht die Sache verhalten positiv. «Wir hatten immer wieder einmal Kunden, die sich interessiert haben.» Die Tiny Houses liessen sich nur zusammen mit Kunden realisieren, da es Smart Small House am nötigen Kapital fehle. «Wir sind ein Start-up.» Falls nun gebaut werden könne, müsse nochmals der Kontakt mit ihnen gesucht werden. Indes: Vielen sind die fünf Jahre, auf welche die Zwischennutzung ausgelegt ist, eher zu kurz. Ein Punkt, den Lüllmann durchaus nachvollziehen kann. Man gehe bei einem Tiny House seiner Firma davon aus, dass dieses für 10 bis 15 Jahre am gleichen Ort stehe.
Zwar lassen sich die Kleinsthäuser von Small Smart House innert weniger Tage abbauen, zügeln und wieder aufbauen. Die Schwierigkeit ist aber, dafür überhaupt ein Grundstück zu finden, wie Lüllmann erklärt. «Nach spätestens drei Jahren muss man sich Gedanken machen, wo man als Nächstes hinwill, wenn die maximale Dauer fünf Jahre beträgt.»
Zufriedenheit bei der Stadt Kloten
Zufrieden ist man mit dem Urteil auch bei der Stadt Kloten, wie Marc Osterwalder mitteilt. Man sehe sich bestätigt in der Haltung, dass eine Zwischennutzung mit Wohnanteil in einem Transformationsgebiet aufgrund der vorgesehenen wissenschaftlichen Begleitung zulässig sei, beantwortet der Leiter Bereich Lebensraum, der auch stellvertretender Verwaltungsdirektor ist, die entsprechende Frage.
Die Kleinsthaussiedlung wird nämlich während der Zeit ihres Bestehens wissenschaftlich begleitet und aus Sicht von Planungswissenschaft, Umwelttechnologie und Wohnsoziologie von verschiedenen Hochschulen untersucht. Für die Stadt ergeben sich daraus auch Erkenntnisse. Aus dem heutigen Gewerbegebiet Steinacker soll nämlich ein Mischgebiet werden. Osterwalder: «Die Zwischennutzung ist einerseits ein erster wichtiger Impuls für die Transformation des Quartiers, andererseits verspricht sich die Stadt Kloten wichtige Erkenntnisse für die weitere Planung und den angestossenen Prozess.»
«Eine Baufreigabe könnte innert weniger Wochen erreicht werden.»
Und wie geht es nun weiter? «Wenn der Entscheid des Baurekursgerichts rechtskräftig geworden ist, müssen die vor Baubeginn zu erledigenden Pendenzen abgearbeitet werden», gibt Osterwalder Auskunft. Und wenige Anpassungen am Projekt aufgrund des Urteils müssen angebracht werden. Wenn es so weit ist, geht es wohl schnell: «Eine Baufreigabe könnte innerhalb weniger Wochen erreicht werden.»
Implenia wartet ab
Schlussendlich obliegt es aber der Bauherrschaft, ob und wann das Projekt umgesetzt werden soll. Von Landbesitzerin Implenia ist noch nicht mehr zu erfahren. «Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht bekannt, ob der Entscheid vor dem Verwaltungsgericht angefochten ist. Wir möchten uns daher im Moment noch nicht dazu äussern», heisst es auf Anfrage lediglich.
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