Rushdie-Lektor im Interview«Das war ein traumatisches Ereignis»
Helge Malchow arbeitete beim Verlag Kiepenheuer & Witsch, der die «Satanischen Verse» auf Deutsch herausgab. Er erzählt, was nach der Fatwa gegen Salman Rushdie vor sich ging.

Herr Malchow, Sie lesen «Die satanischen Verse» jetzt noch einmal?
Die neue Lektüre habe ich im Schock nach dem Messerangriff auf Rushdie begonnen. Und gerade unter diesem Eindruck führt einem das Buch vor Augen, was für eine grauenvolle Untat das war. Rushdie erleidet furchtbare Schmerzen für ein Geschenk, das er der Menschheit gemacht hat. «Die satanischen Verse» ist nämlich genau das, eine Gabe, eine Geschichte über den Kolonialismus, den Postkolonialismus und die modernen Migrationsbewegungen, die unsere Gegenwart so grundlegend bestimmen. Und das alles auf höchstem literarischem Niveau. Sehr viel Literatur der letzten dreissig Jahre wäre undenkbar ohne dieses Buch. Aber die Anerkennung dafür wurde von den Kulturkriegen darum teilweise verschluckt. Das ist so traurig, weil Rushdie ja oft genug betont hat, dass es ihm nicht darum ging, den Islam zu beleidigen. Jede Lektüre des Romans bestätigt das von Neuem.