Unihockey: Trainerwechsel bei den JetsDer Chefcoach geht, die einstige Skorerin übernimmt
Schweizer Meister Kloten-Dietlikon und Coach Thomas Appenzeller trennen sich. Nachfolgerin wird die frühere Internationale Julia Suter. Für sie ist das Amt Neuland.

Seit zwei Tagen ist Thomas Appenzeller nicht mehr Cheftrainer der Kloten-Dietlikon Jets. Seither kann er wieder ruhig schlafen. Dass die vergangenen Wochen für ihn mental schwierig waren, gibt er offen zu: «Meine Gedanken haben sich unaufhörlich darum gedreht, was man ändern muss, damit es wieder läuft.» Zuletzt haben die erfolgsgewohnten Titelverteidigerinnen fünf von sieben Spielen verloren, darunter auch das Cup-Viertelfinale. Dass Appenzeller etwa gleichzeitig wie die sportliche Leitung der Jets zum Schluss kam, dass das Team neue Impulse braucht, erzählen beide Seiten spürbar erleichtert. Sportchef Antti Uimonen betont: «Dass wir uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt haben, ist in diesem Fall keine Floskel.» Appenzeller flog mit den Jets zwei Saisons lang auf beeindruckender Höhe, das geht in der Flughafenstadt nicht einfach vergessen.
Den Titelgewinn im Frühjahr 2021 feierte der Zürcher Oberländer noch als Assistenztrainer von René Jaunin, im anschliessenden Sommer unterschrieb er bereits als Headcoach. Der 34-Jährige brauchte nur gerade ein gutes Jahr, um vom NLB-Staff der Riders auf den Chefsessel beim besten Schweizer Unihockey-Frauenteam zu klettern. Stimmen, die ihn in dieser Position zunächst als Notnagel bezeichneten, verstummten schnell. Appenzeller holte mit den Jets auf Anhieb das Double. Das 9:0 gegen Chur war das deutlichste Schlussresultat in einem Superfinal seit dessen Einführung 2015.
«Er hat das Team mit seinen Ideen und Inputs nicht mehr so gut erreicht wie früher.»
Thomas Appenzeller gilt als ausgezeichneter Kommunikator, der einen direkten Draht zu den Spielerinnen hat. Laut dem Sportchef wurde aber genau das in den vergangenen Wochen zum Knackpunkt: «Er hat das Team mit seinen Ideen und Inputs nicht mehr so gut erreicht wie früher.» Appenzeller selbst kam zum gleichen Ergebnis. Nüchtern stellt er fest: «Meine Wirkung hat sich abgenutzt.» Sie hätten sich zuletzt im Kreis gedreht, die gleichen Fehler wiederholt. Besonders augenfällig wurde das im Cup-Viertelfinal Ende November gegen Berner Oberland. Die 2:8-Niederlage in der Meisterschaft gegen dieselbe Equipe sechs Tage vor dem entscheidenden Duell war eigentlich ein deutlicher Warnschuss gewesen. Doch die Jets liessen sich wider besseren Wissens nochmals auf die genau gleiche Art und Weise erwischen. Nicht das Cup-Out per se, sondern wie diese Niederlage zustande kam, brachte in Kloten so einiges ins Rollen.
Jüngstes Team der Liga
In der Tabelle sind die Jets inzwischen auf Rang 2 abgerutscht. Der Rückstand auf Leader Zollbrück ist auf sechs Punkte angewachsen. «Das allein sei kein Grund für einen Trainerwechsel», stellt Sportchef Uimonen klar. Das Team habe bis in den November hinein über den Erwartungen gespielt, Partien gewonnen, die es auch hätte verlieren können. Nach der WM-Pause war es dann plötzlich umgekehrt. Gegen Berner Oberland, Zollbrück, Zug und Chur setzte es Niederlagen ab.
Die Anspruchshaltung bei den mit neun Meistertiteln, zehn Cupsiegen und zwei Europacupsiegen dekorierten Unterländerinnen ist traditionell hoch. Dabei kann leicht vergessen gehen, dass die Jets in dieser Saison das jüngste Team der Liga stellen. Nach den Abgängen diverser Nationalspielerinnen, darunter der letztjährigen Ligatopskorerin Brigitte Mischler, beträgt der Altersdurchschnitt gerade mal 21.6 Jahre. Zahlreiche junge Schweizerinnen - vornehmlich aus dem eigenen Nachwuchs, Chur und Winterthur - sind dazu gestossen. «Diese Spielerinnen brauchen Zeit», bemerkt Uimonen. «Und andere Leitplanken als gestandene NLA-Routiniers.»
«Sie hat etwas ungemein Überzeugendes, ja Mitreissendes.»
Der Sportchef spricht von einer Sackgasse und weiss auch schon, wer die Mannschaft von dort herausführen soll: Julia Suter. Die 69-fache Internationale gewann mit den Jets zwei Meistertitel sowie den Cup, ist U-19-Weltmeisterin und holte 2019 mit dem A-Nationalteam in Neuenburg WM-Silber. Vor ihrem Rücktritt im Frühling spielte die Winterthurerin noch eine Saison für Piranha Chur. Danach konzentrierte sie sich mit demselben Fokus, der sie schon als Spielerin bemerkenswert machte, auf ihre Trainerinnenausbildung. Seit Oktober hat die 32-Jährige bei den Jets mehrere Gast-Trainings geleitet. Uimonen zeigt sich beeindruckt von ihrer Energie. «Sie strahlt einen unbändigen Willen aus und hat etwas ungemein Überzeugendes, ja Mitreissendes.» Dieses Feuer soll sich nun auf die Spielerinnen übertragen.
Zweifellos bringt Julia Suter Charisma und ein beachtliches Palmares als Aktive mit. Zudem gilt sie als hochintelligent und taktisch versiert. Fakt ist aber auch, dass die einstige Stürmerin, die für die Jets in ihrer Karriere über 150 Tore schoss, noch nie ein Team als Trainerin geführt hat und jetzt Knall auf Fall an der Bande des ambitionierten Titelverteidigers stehen soll. Dem Sportchef ist bewusst: Damit eine junge Trainerin in dieser Konstellation nicht leichtfertig verheizt wird, braucht es flankierende Massnahmen. «Klar ist zwar erst, dass die vergangene Saison zurückgetretene Natalie Schürpf Julia Suter assistieren wird», sagt Uimonen. «Doch wir werden zwischen Weihnachten und Neujahr sicher noch weitere Namen kommunizieren.» Die Zeit jedenfalls drängt, bereits am Wochenende nach Silvester vertreten die Jets als Landesmeisterinnen die Schweiz am Campions Cup, dem wichtigsten Klubturnier des Unihockeys.
Auch Thomas Appenzeller wollen die Jets im Verein halten. In welcher Funktion ist noch offen, beide Seiten können sich eine weitere Zusammenarbeit aber gut vorstellen. «Doch erst einmal», sagt der abgetretene Cheftrainer, «will ich ein paar Nächte tief und fest über alles schlafen.»
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