Der Schiffszuschlag kommt vors Volk
Seit eineinhalb Jahren wird gegen den unpopulären Schiffsfünfliber opponiert. Bisher geschah dies aber nur auf parlamentarischer Ebene. Jetzt soll das Zürcher Volk gefragt werden mit einer Initiative zur Abschaffung des Zuschlags.
Eine Woche hielt die Ruhe an, die sich Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) rund um den Schiffszuschlag gewünscht hatte. Sie glaubte, dass die fast 2,4 Millionen Franken Mehreinahmen alle Kritiker überzeugen würden.Das ist aber nicht der Fall. Die Gegner des Schiffszuschlags beklagen den Verlust von 30 Prozent oder rund einer halben Million Passagiere innerhalb eines Jahres an Bord der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft (ZSG). Darum erhöhen sie jetzt den politischen Druck.
Am Mittwoch hat ein überparteiliches Komitee – eine Mitte-Links-Allianz aus SP, Grüne und EVP der Seebezirke – eine Volksinitiative vorgestellt. Diese verlangt die Abschaffung des Zuschlags. Ausserdem will sie jegliche Bestrebungen unterbinden, die ZSG aus dem Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) auszugliedern.
In den Zuschlag verbissen
Für SP-Kantonsrat Jonas Erni (Wädenswil) gefährdet der Schiffszuschlag die ZSG. «Unser Kanton braucht eine Volksschifffahrt für die ganze Bevölkerung, der Zürichsee gehört allen.»
EVP-Kantonsrat Tobias Mani (Au) erinnerte daran, dass der Erfolg des ZVV auch dem Leitmotiv «Ein Ticket für alles» zu verdanken sei. Es nach fast 30 Jahren über Bord zu werfen, sei «systemwidrig». Der Mehrertrag durch den Schiffsfünfliber stehe in keinem Verhältnis zum Ärger in der Bevölkerung. Das Opernhaus erhalte jährlich 80 Millionen Franken. Das würde mit anderweitiger Wertschöpfung rechtfertigt. Dieses Argument werde der ZSG vorenthalten. «Der indirekte Nutzen und Mehrwert für unseren Kanton inklusive Tourismus wurde bis jetzt völlig ausser Acht gelassen», kritisierte Mani. «Der Regierungsrat und die Bürgerlichen im Kantonsrat haben sich in den Schiffsfünfliber verbissen», sagte der EVP-Kantonsrat. Die Initiative solle diesen «Fehlentscheid» wieder aufheben.
Ein Drittel vergrault
Thomas Forrer, Kantonsrat der Grünen (Erlenbach), sieht einen Widerspruch: Demnach lebe ein öffentliches Angebot wie die Schifffahrt auf dem Zürichsee «in erster Linie davon, dass dieses Angebot von der Bevölkerung rege genutzt wird». Die Zahlen mit einer halben Million Fahrgästen weniger wiesen in eine andere Richtung. «Welches Unternehmen nimmt das Risiko in Kauf, mit einer einzigen Massnahme einen Drittel seiner Kunden zu vergraulen?», fragte Forrer.
Für ihn sei erwiesen, dass der Zürcher Regierungsrat die Rechnung ohne die Bevölkerung gemacht habe. Dessen Uneinsichtigkeit müsse mit der Volksintiative korrigiert werden. Die Zusatzgebühr sei falsch, «wenn der Preis steigt, aber das Angebot gleich bleibt», brachte es der Erlenbacher Kantonsrat auf den Punkt. «Mit dem Schiffsfünfliber hat die Regierung der ZSG einen Bärendienst erwiesen», sagte Forrer. Nina Hüsser, Stadtratskandidatin der Juso Zürich sieht im Zuschlag «ein Symbol für die bürgerliche Finanzpolitik». Rafael Mörgeli, Präsident der SP Bezirk Meilen, stellte eine rhetorische Frage: «Was nützt ein rentables Schiff», wenn es nicht benutzt wird?»
«Populistische Zwängerei»
FDP-Kantonsrat Hans-Peter Brunner hat im Kantonsrat stets für den Schiffszuschlag gestimmt. Für den Horgner Gemeinderat ist die Initiative «eine populistische, unsolidarische Zwängerei». Ihm wäre es lieber, wenn konstruktive Lösungen gefunden würden um das strukturelle Defizit der ZSG zu lösen. Probleme bei der praktischen Umsetzung gäbe es tatsächlich. «Aber die lassen sich pragmatisch lösen, wie jetzt beispielsweise bei der Ausnahme für Schulklassen», sagte Brunner auf Anfrage zur ZSZ.«Niemand ist ein Fan des Schiffsfünflibers, aber der finanzielle Aspekt der Mehreinnahmen ist plausibel und hat sich zum grössten Teil schon erfüllt.» Brunner glaubt auch, dass sich die Proteste gegen den Zuschlag in diesem Jahr weitgehend beruhigen würden.
Die Intiative wird am Freitag auf der Website «schiffszuschlag-nein.ch» aufgeschaltet. Die Initianten haben sechs Monate Zeit um 6000 Unterschriften zu sammeln. Eine Abstimmung würde frühestens 2020 durchgeführt – also nach der dreijährigen Erfahrungsphase, die der Regierungsrat angekündigt hat. «Wir sind überzeugt, dass wir die Initiative durchbringen», sagte Jonas Erni. Eine parlamentarische Initiative zur Abschaffung des Schiffszuschlags von Mani, Erni und Rico Brazerol (BDP, Horgen) wird im Gegenzug zurückgezogen.
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