Boxen: Turnier in OberglattDer Senkrechtstarter verteidigt seinen ersten Titel
An den Deutschschweizer und Tessiner Meisterschaften 2022 ging Manuel Matondos Stern auf. Zwölf Monate später freut sich der Halbschwergewichtler des BC Glattbrugg über die Bestätigung vor heimischen Fans.

Kurz vor 18 Uhr wird es in Oberglatt laut. Rufe wie «Go Manuel!», «Chumm Manuel, den packst du!» schallen durch die Chliriethalle, die sich an diesem Wochenende als veritable Boxarena präsentiert. Alle Augen sowie die imposanten Scheinwerfer über dem Boxring in der Mitte der abgedunkelten Sporthalle sind auf Manuel Matondo und seinen Gegner gerichtet. Jedes Mal, wenn der Lokalmatador vom BC Glattbrugg in seinem Halbfinal-Kampf einen klaren Treffer landet, branden Jubelschreie und Applaus auf.
Je länger der Fight dauert, desto häufiger ist das der Fall. Der 20-Jährige bückt und windet sich geschwind, um Janis Joel Oeschs Schlägen auszuweichen, sie blitzschnell zu kontern – und dem Berner dabei die härteren Schläge auf Kopf und Oberkörper zu versetzen. Am Ende der animierten, von beiden Seiten aktiv geführten 3-mal 2 Minuten hält der Ringrichter Matondos Arm nach oben. «Einstimmiger Sieger: Manuel Matondo vom BC Glattbrugg», verkündet die Speakerin unter dem tosenden Applaus der vielen Fans in der Halle. 500 Tickets sind allein für den Halbfinal-Tag verkauft worden, die Glattbrugger Veranstalter mussten Extratische und -stühle rund um den Ring aufbauen.
Jetzt kennen sie ihn alle
Nach seinem klaren Erfolg strahlt der 80-Kilo-Mann fröhlich übers ganze Gesicht, als er aus dem Ring steigt. Den harten Kampf mit all den Schlägen, die auch er kassiert hat, scheint Manuel Matondo locker wegzustecken. Auf seinem Weg aus der Halle nimmt er Gratulationen entgegen, hat für alle Fans ein offenes Ohr – und ist sofort bereit für ein Interview. «Gegen diesen Gegner habe ich jetzt zum dritten Mal gekämpft», erklärt er, «mittlerweile kennt er mich und hat sich eine Taktik zurechtgelegt, wie er mich schlagen kann.» Vor Jahresfrist war das noch ganz anders: Damals bestritt der Boxer vom BC Glattbrugg an den Deutschschweizer und Tessiner Meisterschaften, dem hierzulande bedeutendsten Turnier nach den Landesmeisterschaften, den erst dritten Kampf seiner Karriere. Er gewann ihn ebenso wie alle anderen zehn Auftritte auf dem nationalen Parkett. Der Schweizer-Meister-Titel in der Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm, dem Halbschwergewicht, und die Aufnahme ins Nationalkader standen am Ende des ersten Wettkampfjahres.

«Ich habe mich sehr darauf gefreut, hier nicht nur vor vielen Kollegen aus dem Club und ausserhalb davon anzutreten, sondern zum ersten Mal auch als Titelverteidiger», sagt der ausgebildete Hauswart aus Zürich-Schwamendingen, der vor rund drei Jahren mit dem Boxen begonnen hat. «Es hat mir von Anfang an so gut gefallen, dass ich gleich das Beitrittsformular mitgenommen habe», schildert Matondo lachend. «Ich wusste sofort: Das ist mein Sport, hier ziehe ich das Training voll durch.» Dabei wog der ehemalige Leichtathlet, Fuss- und Handballer damals 25 Kilogramm mehr als heute. «Die nötigen Muskeln hatte ich immer, das ist zum Glück meine Veranlagung, an meinen sportlichen Fähigkeiten hatte ich auch keine Zweifel – und abgenommen habe ich durch viel Training und eine bewusstere Ernährung», sagt er in klaren, überlegten Worten, ohne dabei überheblich zu wirken.
Internationales Debüt gegen Weltmeister
Im Kreise seiner Sparringpartner und unter den Fittichen des Cheftrainers, Präsidenten und Clubgründers Rajko Bojanic sowie des Vizepräsidenten und Trainers Timur Topcu fühle er sich im Boxcenter Glattbrugg nach wie vor sehr wohl – und gut aufgehoben. «Sie haben mich erst kämpfen lassen, als ich technisch und körperlich bereit war, und bei meiner einzigen Niederlage war es Rajko, der mir gesagt hat, ich solle aufgeben», erzählt Manuel Matondo. «Das zeigt, dass ich mich auf meine Trainer verlassen kann und dass auch für sie die Gesundheit vorgeht.» Diese Erfahrung machte er Anfang Februar.

An seinem ersten internationalen Turnier traf Matondo im ungarischen Debrecen in der 1. Runde ausgerechnet auf den Ukrainer Oleksandr Khyzhniak. Gegen den Olympia-Silbermedaillengewinner von Tokio 2020 und je einmaligen Welt- und Europameister habe er so harte Treffer kassiert, dass ihm schwindlig geworden sei und die Ohr zu pfeifen begonnen hätten. «Aber ich habe viel aus meinen Fehlern gelernt», fügt Matondo an. «Ich möchte dranbleiben und mich immer weiterverbessern.» Gelingt ihm das, könnten die Olympischen Sommerspiele von 2028 ein Thema werden – oder eine Profikarriere. «Er ist talentiert, zeigt viel Wille, Biss und Einsatz», sagt Clubtrainer Timur Topcu dazu. «Wenn er weiter so konsequent trainiert und schnell dazulernt, liegt grundsätzlich vieles für ihn drin. Obwohl er bis jetzt so schnell vorwärtsgekommen ist, dürfen wir aber nicht vergessen: Er steht erst ganz am Anfang, vor allem international.»
Auf heimischem Parkett feierte Manuel Matondo am Tag nach dem Halbfinal-Sieg nach Punkten über den Berner Janis Joel Oesch den nächsten Erfolg: Im Final traf er seinen Winterthurer Kontrahenten Thierry Hermann so hart, dass der Ringrichter den Kampf in Runde 1 abbrach. Damit gelang dem Lokalmatador die angestrebte Titelverteidigung als Deutschschweizer und Tessiner Meister vor Heimpublikum.
Fehler gefunden?Jetzt melden.