Mordprozess InterlakenDie Angeklagte bestreitet die Vorwürfe
Im Interlakner Mordprozess hat die Angeklagte am Montag vehement bestritten, ihren Ehemann umgebracht zu haben. Allerdings blieben viele Fragen offen.

Die nach einem Tötungsdelikt an einem bekannten Interlakner Wirt angeklagte Ehefrau hat am Montag vor dem Gericht in Thun ihre Unschuld beteuert. Sie sei an jenem Abend im Oktober 2020 nicht in Interlaken gewesen, sagte sie vor Gericht. Dass die gebürtige Brasilianerin über ein lebhaftes Temperament verfügt, machte sie vor Gericht von Anfang an klar. Sie sprach rasend schnell und viel und zeigte sich bisweilen auch aufbrausend, so dass sie Gerichtspräsident Jürg Santschi zur Räson bringen musste. Sie habe am Abend der Tat bei sich zu Hause in Oberried am Brienzersee einen Film geschaut, sagte die ehemalige Profiboxerin mit Weltmeistertitel, die damals in Interlaken einen Boxclub betrieb.
Mutmasslich ihr Auto wurde am Abend der Tat von Überwachungskameras einer Bank in der Nähe des Tatorts gefilmt. Und auch ein Automechaniker meldete sich bei der Polizei, der den Wagen am Tatabend unterwegs erkannt haben will. Er habe den Wagen sofort am Geräusch erkannt, sagte der Zeuge vor Gericht. Die Angeklagte sei eine Kundin seines Arbeitgebers gewesen. Die Garage habe den Cadillac der Frau für die Autoprüfung flott gemacht. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Klimakompressor einen kleinen Defekt habe. Dieses Geräusch, das der Defekt entstehen lasse, habe er am Tatabend als erstes erkannt. Er habe dann auch den Cadillac, der eine sehr auffällige Farbe habe, wiedererkannt. Solche Autos gebe es nicht viele.
Nicht gesehen habe er, wer im Auto sass, führte der Zeuge aus. Dass er die Frau fälschlicherweise beschuldige, weil sie als Kundin der Garage Reklamationen angebracht hatte, wies der Zeuge von sich.
Spannungen in der Beziehung
Die Angeklagte selber nutzte bei ihrer Befragung am Montag morgen jede Gelegenheit, ihre Unschuld zu beteuern. Sie habe eine gute Beziehung gehabt mit ihrem Mann. Beide hätten viel gearbeitet und seien eigenständig gewesen. Sie hätten sich vertraut. Dass sie eifersüchtig gewesen sei, wies die Angeklagte weit von sich. Laut Anklage waren beim Paar offenbar Spannungen aufgetreten.
Jedenfalls kam es in gemeinsamen Familienferien in der Westschweiz im September 2020 zu einem Streit, nach diesem die Frau mitsamt ihrem damals neunjährigen Sohn nachts und bei Regen Hals über Kopf mit einem Moped zurück in ihre Wohnung an den Brienzersee fuhr. Nach diesem Streit hätten die Ehepartner kaum noch persönlichen Kontakt gehabt, dies vor allem weil der Ehemann die Frau ignorierte, wie es in der Anklage heisst.
Unerfüllter Kinderwunsch
Sie und ihr Mann hätten sich ein Kind gewünscht, betonte die Angeklagte. In den Ferien wäre ein Termin für eine Beratung in einer Klinik für künstliche Befruchtung im Ausland angestanden, der jedoch platzte. Ihr Mann habe damals gerade keine Lust auf den Termin verspürt, begründete die Angeklagte. Er habe eben einen eigenen Kopf gehabt. Dass ihr Mann vom gemeinsamen Kinderwunsch abgerückt wäre, wies die Angeklagte zurück. Auch von Scheidung hätten sie nie gesprochen, so wie dies ihr Sohn der Polizei geschildert hatte.
Mit Baseballschläger traktiert
Die Staatsanwaltschaft wirft der Mittdreissigerin vor, ihren Mann, einen Interlakner Wirt, im Oktober 2020 in seiner Wohnung mit einem Basballschläger umgebracht zu haben. Nach dem Ferienstreit habe der Mann von seiner Gattin den Schlüssel zu seiner Interlakner Wohnung zurückverlangt. Die Frau wohnte mit ihrem Sohn in Oberried am Brienerzsee. Den Schlüssel habe ihm die Angeklagte ausgehändigt, allerdings verheimlicht, dass sie noch über einen weiteren verfügte, kommt die Anklage zum Schluss.
Mit diesen Schlüssel habe sie sich Zutritt zur Wohnung verschafft und dort am Tatabend auf den Angeklagten gewartet, von dem sie wusste, dass er noch im nahen Restaurant arbeitete. Als der Mann nach Hause kam, soll die Frau zugeschlagen haben, so die Anklage. Das Opfer erlitt massive Verletzungen unter anderem am Schädel.
Die Verteidigung stellte am Montag den Antrag zur Befragung zahlreicher weiterer Zeugen. Dies lehnte das Gericht ab. Es versprach sich von den genannten Personen keine weiteren Erkenntnisgewinne. Für Mittwoch sind die Plädoyers geplant, das Urteil will das Gericht am Freitag bekannt geben.
SDA/ngg
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