Unihockey: Michelle Wiki hört aufDie Topskorerin tritt aus dem Rampenlicht
125 Länderspiele, 101 Tore, sechs Weltmeisterschaften, vier WM-Bronze- und eine WM-Silbermedaille: Mit Michelle Wiki verlässt eine ganz Grosse die Unihockey-Bühne.

In den vergangenen fünf Monate hat Michelle Wiki intensiv über ihren Rücktritt nachgedacht. Während der Sommerpause hielt sie sich weiterhin fit, um bereit zu sein für den Fall, dass sie sich fürs Weiterspielen entscheidet. Doch dazu kommt es jetzt nicht. Verschiedene Puzzleteile haben dazu beigetragen, dass sich die 32-Jährige für den Rücktritt vom Unihockey entschieden hat. Ein Grund sei die Doppelbelastung mit Job und Sport gewesen. «Ich habe den Anspruch an mich, dass ich sehr viel Energie in den Sport stecke und die Leistung bringen will, die ich immer während meiner Karriere gebracht habe», erklärt Wiki. «Ich habe gemerkt, dass ich mir eingestehen muss, dass die Energie für beides nicht mehr ganz so vorhanden ist wie in den letzten Jahren. Und ich will keine halbe Sachen machen.»
2007 stiess die damals knapp 17-jährige Zumikerin von den Floorball Riders Dürnten-Bubikon-Rüti zum grossen Nachbarn UHC Dietlikon. «Mir ist bis heute geblieben, wie ich damals mit vielen damaligen Nationalspielerinnen zusammenspielen und viel lernen durfte», sagt sie im Rückblick. Einen unvergesslichen Moment erlebte sie mit ihrem neuen Team gleich ein Jahr später, als die Glattalerinnen den Champions Cup gewannen und auf dem Weg zum Triumph im höchsten internationalen Club-Wettbewerb unter anderem zwei schwedische Teams eliminierten. Insgesamt absolvierte Wiki zwölf Saisons in den Reihen der gelb-blauen Dietlikerinnen, die seit ihrer Fusion mit den Kloten-Bülach Jets im Jahr 2018 als Kloten-Dietlikon Jets auflaufen. Dazwischen wagte sie immer mal wieder einen Abstecher nach Schweden: 2013/14 zu Uppsala, 2016/2017 zu KAIS Mora und 2021/22, ihrer nun definitiv letzten Saison, zu IK Sirius und somit wieder zurück nach Uppsala.
Emotionale Aufholjagden bleiben
Mit ihren vielen Toren und Assists verhalf Michelle Wiki ihren Teams zu zahlreichen Siegen. In der Schweiz avancierte sie dreimal zur Liga-Topskorerin und fuhr mit Kloten-Dietilkon je fünf Meistertitel und Cupsiege ein. In der Saison 2015/16 sowie in ihrer letzten Spielzeit mit den Jets 2020/21 wurde sie als Most Valuable Player (MVP) der einheimischen Meisterschaft geehrt. Am meisten in Erinnerung geblieben seien ihr der Superfinal um den Schweizer Meistertitel sowie der Cupfinal von 2019, welche die Glattalerinnen beide nach einer packenden Aufholjagd noch für sich entschieden. «Das Teamgefüge hat toll gepasst», sagt sie dazu. «Es war ein sehr schönes Gefühl, zu merken, dass man auch Erfolge feiern kann, die man aufgrund des Spielverlaufs nicht unbedingt erwartet hätte, wenn man es in einem Team so gut hat.»

Auch in den Reihen des Schweizer Nationalteams erwies sich Michelle Wiki als wichtige Torjägerin. In ihren 125 Länderspielen kam sie auf stolze 151 Skorerpunkte (101 Tore, 50 Assists). Besonders wichtig waren ihre Treffer im Halbfinal der Heim-WM 2019. Wiki war somit massgeblich am Wunder von Neuenburg mit der Aufholjagd in jenem Halbfinal gegen Tschechien beteiligt. Sie erzielte den Ausgleich sowie das Siegestor in der Verlängerung. Doch nicht nur diese Partie sei einzigartig gewesen, sondern die ganze Woche in Neuenburg, betont Wiki. «Die Teamdynamik war aussergewöhnlich. Mit fast zwei Drittel aller Spielerinnen habe ich zehn Jahre lang in der Nati gespielt», führt sie aus. «Man hat gemerkt, dass wir uns blind verstanden – auf und neben dem Feld. Umso schöner war es, mit einem solchen Team ein solches Turnier hinlegen zu können.» Neben der WM-Silbermedaille 2019 gewann Wiki viermal WM-Bronze. Nur bei ihrer ersten WM 2011 ging sie mit der Schweiz leer aus.
Schritt für Schritt ins neue Leben
Nun wird die Rechtsanwältin ihre Energie erstmals ganz in die Arbeit und in ihr Privatleben stecken. «Ich muss zuerst mal herausfinden, wie der Alltag ohne Sport sein wird. Wo holt man sich die Freude? Was macht man nach der Arbeit?», sagt Michelle Wiki dazu. Sie könne sich gut vorstellen, in irgendeiner Funktion im Unihockey tätig zu sein, deutet sie an. Bereits jetzt ist sie im Steuerungs-Ausschuss der Männer-Heim-WM 2022 tätig. Sie wolle sich aber Zeit lassen und alles Schritt für Schritt nehmen, sagt Wiki.

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