Papablog: Grüselalarm?Die Unterhosen der Freundin meiner Tochter …
… und warum unser Autor schlussendlich doch nicht im Knast landete.

«Du Mami, Luk gefallen meine Unterhosen», sagt die beste Freundin meiner Kleinen vor dem Einschlafen zu ihrer Mutter. «Ähm, … was?», fragt die Mama. «Luk hat gesagt, dass ich schöne Unterhosen habe», wiederholt die Vierjährige – Mutti wird stutzig. «Luk gefallen … deine Unterhosen?», fragt sie nochmals nach. «Ja, er findet sie schön», antwortet das Mädchen, «ich habe sie ihm gezeigt.» Die Mutter kommt augenblicklich ins Grübeln. Was genau ist da vorgefallen? Warum geht es in diesen Gesprächen um Unterhosen? Grüselalarm?
Der Unterhosen-Grüsel
Am nächsten Tag stehen zwei Beamte der Zürcher Kantonspolizei vor meiner Tür. Sie reissen mich aus der Home-Office-Hypnose und schleifen mich unter den Augen der gaffenden Nachbarschaft durchs Quartier. Nun sitze ich auf der Rückbank eines Polizeiautos, das nach halbstündiger Fahrt vor einem riesigen Tor hält. Das Tor öffnet sich, wir fahren in den Innenhof jenes «Hotels», bei dem man nicht selber wählen kann, wann man wieder auschecken möchte. Persönliche Gegenstände abgeben, Kleidung fassen, Anweisungen entgegennehmen, Zelle betreten – erledigt.
Den «Znacht» esse ich neben einem ehemaligen Bankdirektor, den Zellennachbarn kenne ich aus der Zeitung, beim Duschen in den gemeinschaftlichen Sanitäranlagen halte ich die Seife mit beiden Händen ganz fest. Das «Guet-Nacht-Gschichtli» folgt vom Untersuchungsrichter: Es geht um Textilien und kleine Mädchen. Auf «Telezüri» und im «Blick» nennen Sie mich fortan «Unterhosen-Grüsel», in den entsprechenden Kommentarspalten «Sauhund» und «Arschloch».
Ja, kann sein, dass ich etwas ungelenk auf dieses Thema reagiere.
Der Grossteil dieser Szenen hat sich in dieser Art nur in meinem Kopf zugetragen. Gott sei Dank. Wie es dazu kam? Die beste Freundin meiner Tochter war bei uns zu Besuch und sie hat mir tatsächlich ihre Unterhosen gezeigt. Ich kniete zu diesem Zeitpunkt gerade auf dem Boden und entfernte eine gelbe Pfütze meiner – eben noch nicht ganz trockenen – Kleinen vom Parkett. Ich: «So, ich hole dir noch rasch eine neues Hösli.» Und da kamen die Unterhosen des anderen Mädchens ins Spiel und die Frage, ob mir diese denn auch gefallen würden. Alles harmlos, sagen Sie? Eigentlich schon. Trotzdem habe ich am Abend gleich die Eltern des Mädchens proaktiv über den Vorfall informiert, um die eingangs geschilderte Situation zu verhindern. Alles kein Ding. Aber?
Etwas bleibt immer haften
Ja, kann sein, dass ich etwas ungelenk auf dieses Thema reagiere. Vielleicht, weil ich Menschen kenne, die solche oder ähnliche Geschichten erlebt haben und erst Monate später von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen wurden. Trotzdem bleibt in solchen Fällen etwas haften, wie Hundekot in den Profilrillen von Winterschuhen. Kurzum: Was jetzt kommt, soll weder ein übersensibles Gejammer noch ein verkrampfter Vorwurf sein – eher eine Feststellung.
Geht es um die Betreuung von Jungs, stelle ich als Mann meist kein unmittelbares Problem dar. Sind aber kleine Mädchen involviert, ist die Situation etwas diffiziler. Zurecht? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Bei der Wahl der privaten Kinderbetreuung vorsichtig zu sein, erachte ich nämlich als sehr sinnvoll. Gleichzeitig möchte ich mich als Mann nicht unter einem generellen Grüsel-Verdacht fühlen – oder bin ich der Einzige, der solche Ängste hat?
Fehler gefunden?Jetzt melden.