Van Dyck vom TrödlerDie vermeintliche Kopie ist wohl echt
Jahrzehntelang hatte der Brite Christopher Wright ein Porträt in seiner Wohnung hängen. Dann erlebte er eine Überraschung.

Vor einigen Jahren war Colin Harrison, Kurator am Ashmolean Museum in Oxford, bei seinem Freund Christopher Wright eingeladen, der in Grossbritannien als herausragender Kunsthistoriker gilt.
«Wie immer, wenn ich jemanden besuche, schaute ich mir die Bilder an den Wänden an», sagte Harrison der britischen Zeitung «Guardian». Vor einem Porträt der spanischen Infantin Isabel Clara Eugenia blieb er interessiert stehen. Die Hände gehören für einen Maler zum schwierigsten, und auf diesem Bild waren sie auffallend gut geraten.
Wright hatte das Porträt 50 Jahre zuvor bei einem Trödelhändler in London gekauft, für umgerechnet 90 Franken. Während der Jahrzehnte, in denen es in seinem Wohnzimmer hing, hatte es der heute 76-Jährige stets für die Kopie eines Gemäldes von Anthonis van Dyck gehalten – dem flämischen Künstler, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebte und mehr als tausend Bilder malte.
«Ich glaube, das könnte ein echter Van Dyck sein.»
Nun sagte der Kurator zu seinem Freund, dem Kunsthistoriker: «Ich glaube, das könnte ein echter Van Dyck sein.»
Eigentlich hatte sich ja Wright darauf spezialisiert, in halb vergessenen privaten oder öffentlichen Sammlungen Gemälde grosser Maler aufzuspüren. Die vermeintliche Kopie, an der er in seiner Wohnung so oft achtlos vorübergegangen war, liess er von Spezialisten untersuchen.
Der Meister hat zumindest mitgemalt
Nach mehr als drei Jahren haben diese nun befunden: Ob es sich um einen Van Dyck handelt, kann man nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Aber es deute alles darauf hin, dass das Bild aus der Werkstatt des berühmten flämischen Künstlers stamme, wo dessen Schüler Werke des Meisters kopierten. Und, entscheidender Punkt: dass Van Dyck persönlich zumindest Hand angelegt hat.
Christopher Wright schätzt den Wert des Bildes auf umgerechnet gut 50’000 Franken, mindestens. Bei einer Auktion könnte es auch einen weit höheren Preis erzielen. Was aber insofern keine Rolle spielt, als der Brite das Bildnis der spanischen Infantin einem Museum in der nordenglischen Stadt Barnsley schenken wird.
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