Die zähen Aussenseiter
Die Embrach Mustangs treffen am Sonntag im Playoff-Halbfinal (best of 3) auf das Topteam der NLB, die Zürich Challengers II. Aron Augsburger hofft auf einen Aussenseitersieg.

Klein, zäh und kompakt sind sie, die wild lebenden Pferde Nordamerikas, die Mustangs. Der Name ist in der aktuellen Saison für die Embracher so kennzeichnend wie das Cap auf dem Kopf eines Baseballers. Mit einem kleinen Kader haben sie sich bis in die Halbfinals vorgekämpft. «Eleganz war dabei nicht im Spiel», sagt Coach Thomas Fasching schmunzelnd, «tatsächlich war es eine zähe Angelegenheit.» Noch Mitte Saison habe er nicht an einen Playoff-Einzug geglaubt, gibt der 36-jährige Rorbaser zu. Nun ist seine Mannschaft im Aufstiegsrennen so weit gekommen wie noch nie seit dem Neustart in der NLB im Jahr 2014.Zuletzt in den Viertelfinals gegen Hünenberg sind die Mustangs über sich hinausgewachsen und haben die Saison der favorisierten Zuger mit zwei Siegen in Serie unerwartet schnell beendet. «Es war eine grandiose Teamleistung», schwärmt Fasching. Aggressiv und zugleich fast fehlerfrei sind die Embracher dabei aufgetreten. «Alle haben ihr Potenzial ausgeschöpft», lobt der Coach. «Alle» schliesst den Jüngsten im Team mit ein.
Seit der 16-jährige Aron Augsburger in diesem Sommer von seinem Austauschjahr in den USA zurückgekehrt ist, gehört er zu Mustangs Fanionteam. Augsburger habe in Nordamerika grosse Fortschritte gemacht, sagt Fasching. Der Coach attestiert dem U18-Nationalspieler ein besseres Auge für den Ball, seine Schläge seien gezielter, und auch die Kontrolle beim Pitching habe sich verbessert. «Ausserdem ist Aron älter geworden und hat an Kraft zugelegt», fügt Fasching hinzu. «Er ist eine Bereicherung für unser Team.» Doch gerade im wohl wichtigsten Saisonduell gegen die Challengers wird Augsburger nicht mit von der Partie sein – und auch das hat mit seinem Austauschjahr zu tun.
«Was machen wir falsch?»
«Am Sonntag findet ein Treffen der Austauschschüler statt, an das ich gehen muss. Der Termin ist seit einem Jahr fix», erklärt Aron Augsburger seine Abwesenheit. Er muss nun darauf hoffen, dass seine Mannschaft zumindest ein Spiel der Best-of-3-Serie gegen die Zürich Challengers gewinnt. Dann könnte er eine Woche später zum entscheidenden Duell auf der heimischen Anlage im PZ Hard wieder auflaufen. Der junge Bülacher lacht und meint: «Zwei Siege würde ich natürlich auch nehmen, dann kann ich mich gleich auf den Final vorbereiten.» Für ausgeschlossen hält Augsburger das nicht, schwierig aber werde es allemal gegen das beste Team der Liga, das in der Qualifikation nur gerade ein Spiel verloren hat.
Auch wenn das Aufeinandertreffen der beiden Kantonsrivalen eine reizvolle Affiche ist, erwartet Coach Thomas Fasching am Sonntag auf dem Zürcher Heerenschürli kaum mehr als 50 Zuschauende. «Und das wäre schon das höchste der Gefühle», bemerkt er mit einem Anflug von Sarkasmus. Auf den Zuschaueraufmarsch an Schweizer Baseballspielen angesprochen, schüttelt Augsburger den Kopf. Zurück aus den USA habe er sich wiederholt gefragt: «Was machen wir falsch?» Durchschnittlich 30 000 Menschen locken die Spiele der Major League, der nordamerikanischen Profiliga, ins Stadion. Augsburger war dabei. Das Spiel zwischen Minnesota und Oakland beschreibt er mit dem heiteren Charakter eines Volksfestes. Kein Vergleich mit den Spielen in den Schweizer Profiligen im Fussball oder im Eishockey, in denen rivalisierende Fangruppen den Ton angeben.
Mathe im Multiple Choice
Sein Austauschjahr hat Aron Augsburger in einem kleinen Städtchen im US-Bundesstaat Minnesota verbracht. An der Highschool hat ihn weniger die Vermittlung des Schulstoffes gelockt – Mathematikprüfungen waren zum Befremden des Unterländers meist im Multiple-Choice-Format verfasst – als die sportlichen Möglichkeiten, welche den Schülern geboten wurden. «Wir haben fünfmal die Woche trainiert, die Coaches waren ehemalige Spitzenbaseballer», erzählt Augsburger. In Embrach liegen dagegen mehr als zwei Trainingseinheiten wöchentlich nicht drin. Da wundert es nicht, dass Augsburger seine ehemaliges Highschool-Mannschaft, bestehend aus lauter Heranwachsenden, stärker einschätzt als die erste Embracher Mannschaft.
Gleichwohl sieht der Bülacher Baseballer in der Schweiz durchaus eine Zukunft für sich. Eines Tages in der höchsten einheimischen Liga zu spielen, hat er sich zum Ziel gesetzt. An eine Rückkehr in die USA denkt er nicht. Er schätzt die Kleinräumigkeit der Schweiz. Vieles sei überdimensioniert auf dem Neuen Kontinent, auch die Portionen auf dem Teller. Darum hat Augsburger auch besonders darauf geachtet, nicht zu viel und zu fettig zu essen und viel Sport zu treiben. «Am Ende habe ich sogar ein paar Kilos verloren», sagt er lachend. Sollte es Augsburger am Sonntag nach seinem Schülertreffen noch zum Mannschaftsessen schaffen, braucht er sich nicht zu sorgen: Im Freihof in Embrach wird den Mustangs kein XXL-Hot-Dog mit Ketchup, sondern ein gut schweizerisches Cordon bleu serviert.
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