Geldblog: Verärgerte BankkundenProfit mit Negativzinsen?
Nach wie vor belasten einige Banken hohe Cashbeträge mit 0,25 Prozent Negativzinsen. Diese Praxis ist aus Kundensicht ärgerlich und im Falle der Postfinance offenbar auch verwirrend.

Seit einiger Zeit steigen die Zinsen. Interessanterweise scheint seitens gewisser Geschäftsbanken der Druck, welchen sie via Negativzinsen oder Guthabengebühren auf Privatpersonen und Geschäftskunden aufsetzen, teilweise gar noch zuzunehmen. So zahlen wir als Geschäftskunde von Postfinance wie aber auch als Privatperson auf unseren Guthaben ab sehr tiefen Grenzen nach wie vor eine Guthabengebühr. Wenn ich nun den Geschäftsbericht 2021 der Schweizerischen Post studiere, sehe ich auf Seite 253, dass im letzten Jahr den Kunden 231 Millionen Franken belastet wurden, während die Post selber der SNB nur 1 Million Franken bezahlt hat. Wie ist eine solche Geschäftspolitik zu erklären, wo doch vorgegaukelt wird, man belaste nur die eigenen Kosten weiter? Leserfrage von S. S.
Die Belastung von Negativzinsen auf liquiden Mitteln ist aus Kundensicht in der Tat ärgerlich. Allerdings sollte dieses Problem schon bald der Vergangenheit angehören. Die Zinsen steigen schnell und stark. Die Schweizerische Nationalbank hat die Sätze um mutige 50 Basispunkte erhöht. Und auch die Europäische Zentralbank hatte zuvor angekündigt, dass sie ihre Leitsätze im Juli um ein Viertelprozent erhöht und die milliardenschweren Anleihenaufkäufe beendigt. Gleichzeitig hat sie signalisiert, dass angesichts der hohen Inflation die Zinsen im September gleich nochmals ein halbes Prozent angehoben werden könnten.
Die international verschärfte Geldpolitik hatte auch der Schweizerischen Nationalbank die Möglichkeit geschaffen, ebenfalls die Zinsen anzuheben. Sie ist sogar noch schneller vorangegangen als die EZB und hat sich von dieser emanzipiert, was positiv ist. Es wird zwar noch etwas dauern, bis wir wieder bei null oder im Plus sind. Momentan ist der Leitsatz immer noch auf Minus 0,25 Prozent. Einige Institute haben nun den Negativzins abgeschafft. Es wird interessant sein, wie lange dann die anderen Institute an der Belastung der Negativzinsen letztlich festhalten. Ewig werden sie dies nicht tun können.
Immerhin hat auch die Postfinance entschieden, die Negativzins-Gebühren für ihre Kundinnen und Kunden zu senken. Per 1. Juli geht der Negativzins bei Postfinance auf 0,25 Prozent für Privat- und Geschäftskunden zurück. Seit rund einem Jahr schon hatte Postfinance von seinen Privatkunden ab einem Kontoguthaben von 100'000 Franken eine Gebühr von 0,75 Prozent verlangt. Damit sollen die Kunden dazu gebracht werden, ihre liquiden Mittel zu investieren, was ihr Einnahmen bringt. Gleichzeitig will die Postfinance die Negativzinsen kompensieren, die sie der Nationalbank abliefern muss. Umso interessanter ist in diesem Kontext die Frage, ob die Postfinance mit den Negativzinsen sogar ein sehr gutes Geschäft macht.
Mit den steigenden Zinsen dürfte die Praxis mit der Verrechnung der Negativzinsen bei allen Schweizer Banken langsam dem Ende zu gehen.
Wenn man so, wie Sie es getan haben, den Geschäftsbericht der Post studiert, kann man durchaus auf diesen Gedanken kommen. Das Verhältnis der verbuchten Negativzinsen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite haben mich allerdings skeptisch gemacht. Ich habe daher die Post um eine Stellungnahme gebeten, wie genau die einzelnen Verbuchungen zu interpretieren sind. Dabei hat die Postfinance zur Einordnung betont, dass Negativzinsen auf Aktivgeschäfte nicht nur die Negativzinsen an die SNB betreffen, sondern auch Negativzinsen aus Geldmarktanlagen. Man könnte auch einfach vom Aufwand aus Negativzinsen sprechen. Gleichzeitig betreffen Negativzinsen auf Passivgeschäften nicht nur die Guthabengebühren, sondern auch die Erträge aus REPO-Aufnahmen. Man könnte auch einfach von den Erträgen aus Negativzinsen sprechen.
Vor diesem Hintergrund ist es laut Dörte Horn, Mediensprecherin der Postfinance, nicht richtig, dass die Post der Nationalbank im 2021 nur Negativzinsen im Umfang von 1 Million Franken abliefern musste: «Denn die isolierte Optik auf die Negativzinsen, die wir der SNB bezahlen, greift zu kurz. Man muss das Zinsgeschäft als Ganzes anschauen. Die Negativzinsen waren aufgrund der Geldpolitik der Zentralbanken längst auf die Kapitalmärkte übergeschwappt. Im Zuge konjunktureller Unsicherheiten hat sich die Negativzinssituation an den Kapitalmärkten auch 2021 nochmals akzentuiert.» Der Markt habe eher nicht mit einem steigenden Zinsniveau gerechnet, was sich beispielsweise in der stark negativen Rendite der 10-jährigen Bundesobligation widergespiegelt habe. «Entsprechend konnten wir das Geld aus den gut verzinsten Anleihen, die laufend fällig werden, nicht mehr gewinnbringend an den Finanzmärkten reinvestieren. Relevant für das Ergebnis ist letzten Endes die Gesamtzinsmarge. Diese hat sich bei Postfinance von Ende 2016 bis Ende 2021 von 0,827 auf 0,44 Prozent praktisch halbiert.»
Falsch sei auch die Interpretation, dass die Post im letzten Jahr 231 Millionen Franken in Form von Negativzinsen eingenommen habe – etwa in Form der Guthabengebühr, die an Kunden verrechnet wurden. «Die gestiegenen Erträge aus Negativzinsen auf Passivgeschäften dürfen nicht mit den von den Kunden bezahlten Guthabengebühren gleichgesetzt werden», so Postfinance-Sprecherin Dörte Horn. «Diese Zahlen beinhalten überwiegend auch Erträge aus Aktivitäten im Interbanken-Geldmarkt zu Negativzinsen. Wir schlüsseln diese Zahlen jedoch nicht weiter auf.»
Mit den steigenden Zinsen dürfte die Praxis mit der Verrechnung der Negativzinsen bei allen Schweizer Banken langsam dem Ende zu gehen. Allerdings hat man als Sparer mit viel liquiden Mitteln inzwischen ein anderes Problem, das noch gravierender ist: die Inflation. Die Teuerung nagt am Wert des Geldes.
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