Bassersdorf vor Polit-MarathonDrei Gemeindeversammlungen innert vier Tagen angesetzt
Wegen der neuen Bau- und Zonenordnung müssen sich die Stimmberechtigten auf eine anstrengende Woche einstellen. Das Ergebnis wird Bassersdorf noch lange prägen.

Was am Montag, Dienstag und vielleicht auch erst am Donnerstag abschliessend festgehalten wird, hat ganz grundlegenden Einfluss auf das Bassersdorf der Zukunft. Mindestens eine Generation von Bassersdorferinnen und Bassersdorfer wird sich nach den Ergebnissen der nächsten Gemeindeversammlungen richten müssen.
Die mit rund 12’000 Einwohnern sechstgrösste Gemeinde im Zürcher Unterland steht somit vor einer anspruchsvollen Aufgabe. Nach jahrelangen Vorberatungen, Studien und Debatten unter Einbezug von externen Planungsfachleuten und einer breit abgestützten örtlichen Planungskommission gilt es nun, abschliessend neue Regeln und Gesetze für die Entwicklung des stark gewachsenen einstigen Strassendorfes zu schaffen.

Dazu sind gleich drei Gemeindeversammlungstermine angesetzt worden. Dabei geht es ab dem kommenden Montag (19 Uhr, Sporthalle BXA) nebst der Genehmigung der Jahresrechnung ausschliesslich um die Gesamtrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO). Eine solche muss jede Gemeinde im Rahmen der übergeordneten gesetzlichen Vorgaben für sich festlegen und gelegentlich anpassen.
Bericht mit 150 Einwendungen offengelegt
Die bisher geltende BZO von Bassersdorf stammt aus dem letzten Jahrhundert, genauer von 1995. Sie wurde mehrfach punktuell angepasst und soll jetzt komplett durch ein neues Regelwerk abgelöst werden. Dazu gehören ein Zonenplan, die textlich ausformulierte Bau- und Zonenordnung, zwei Kernzonenpläne (Bassersdorf und Baltenswil), drei Aussichtsschutzpläne sowie ein Einwendungsbericht aus der öffentlichen Mitwirkungsphase. Dieser nimmt alle bisher eingegangenen Anliegen und Kritik seitens der Grundstückbesitzenden und Parteien auf und erklärt, ob die Behörden darauf eingegangen sind oder das Anliegen abgewendet haben. Insgesamt gingen während der öffentlichen Auflage 150 Einwendungen ein.
Betroffen von den Neuerungen sind am Ende nicht nur Eigenheimbesitzerinnen und Grundeigentümer sowie Gewerbetreibende, sondern letztlich alle Menschen in der Gemeinde, wenn auch nicht gleich stark. Denn über neue Vorschriften wird inskünftig etwa auch die Anzahl Veloabstellplätze pro Wohnhaus festgelegt – gerade auch in neuen Mietshäusern. So verlangt die neue BZO beispielsweise, dass pro Zimmer einer Wohnung ein Veloabstellplatz zur Verfügung stehen muss.
Wohnen auch ennet der Gleise
Ganz grundsätzlich beschreibt die neue BZO die baulichen Entwicklungsmöglichkeiten punkto Arbeits- und Wohn- sowie Erholungsgebieten. Namentlich die Schaffung einer zweiten Zentrumszone beim Bahnhof und einer neuen Mischzone, die nicht nur Büros und Werkstätten, sondern auch Wohnungen südlich der Bahngleise zulassen, ergibt neue Perspektiven.

Am Trassee für eine Entlastungsstrasse südlich des Dorfes will der Gemeinderat festhalten und lässt das benötigte Land vorläufig unbebaut. Grundsätzlich wird ansonsten dem Gebot der baulichen Verdichtung, ökologischer Bauweisen, der Harmonisierung der Baubegriffe oder auch dem Umgang mit Landreserven Rechnung getragen in der neuen BZO. Und nicht zuletzt wird die bereits beschlossene Mehrwertabgabe bei Auf- und Umzonungen zum Tragen kommen.

Die Vorprüfung des kommunalen Regelwerks durch das zuständige Amt für Raumentwicklung des Kantons ist bereits erfolgt. Das letzte Wort haben nun die Stimmberechtigten von Bassersdorf in der kommenden Gemeindeversammlungswoche.
Das sagt die FDP
«Nein, es wird keine FDP-Parteianträge geben», teilt der bisherige Präsident des Bassersdorfer Freisinns, Peter Lämmli, auf Anfrage mit. Viele FDP-Mitglieder seien allerdings auch privat Hauseigentümer und damit persönlich direkt betroffen von der neuen BZO. So könne er nicht ausschliessen, dass einzelne private Anträge von Freisinnigen kommen könnten. An der Mitgliederversammlung vom 8. Juni beschloss die FDP Bassersdorf jedenfalls einstimmig die Ja-Parole zur BZO-Revision. Davor sei es zu lebhaften Diskussionen gekommen, heisst es im Bericht auf der Website der Partei. Während der internen Debatte habe Gemeindepräsidentin Doris Meier (selber FDP) mehrfach darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Besitzstandswahrung gilt, erklärt Lämmli. Die neuen Regulierungen zu Grünflächen oder Parkplätzen gelten somit nur für Neubauten. «Dies hat die Gemüter unserer Mitglieder etwas beruhigt.» Bei der FDP herrsche nun die Meinung vor, die nun zur Abstimmung gelangende Revisionsvorlage stelle einen annehmbaren Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen aller beteiligten Gruppierungen dar.
Das sagt die SVP
Die SVP stellt sich hinter die neue BZO von Bassersdorf, allerdings nicht ganz so klar wie der Freisinn. Die grösste Ortspartei hatte sich ebenfalls in der Planungskommission engagiert und habe dort für Kompromisslösungen gerungen, teilt Vizepräsident Andreas Koller mit. Die Parteiversammlung habe der vorliegenden BZO «mit knappem Mehr» zugestimmt. Man hält fest, dass diese «grossmehrheitlich die richtige Stossrichtung» verfolge. Unbefriedigend sind für die SVP die Entwicklungsmöglichkeiten für das Gewerbe. Das wolle man an den kommenden Gemeindeversammlungen noch korrigieren, kündigt Koller an. So werde der Antrag gestellt, im Gebiet Dolchen eine Zone «I10» oder «G10» zu schaffen. Dort soll es keine Mischnutzung mit Wohnungen, sondern eine reine Arbeitszone geben. Kritisch sieht die SVP namentlich den Trend zur Überregulierung wie beispielsweise den Flachdachbegrünungen oder der Anzahl Veloabstellplätzen, was zur Wohnraumverteuerung führe. «Aber wir werden das nun so schlucken», meint er abschliessend.
Das sagt die SP
Die neue BZO für Bassersdorf ist in den Augen der Sozialdemokratischen Partei «im Grossen und Ganzen gelungen». Die Änderungen seien moderat und stünden im Einklang mit den neuen kantonalen Vorgaben. Zudem begrüsst die SP dank der interkantonalen Harmonisierung der Baubegriffe und Messweisen (IVHB), dass in allen Zonen eine leicht erhöhte Ausnützung möglich sein wird. Als «besonders erfreulich» bezeichnet man Elemente, die den Umwelt- und Klimaschutz unterstützen. Namentlich die Ermöglichung von sogenannten Aufdachsolaranlagen in der Kernzone, der Baumschutz oder die Erhöhung der Veloabstellplätze in Mehrfamilienhäusern. Nicht einverstanden ist die SP mit dem Gestaltungsplan für das Ostzentrum West, wie Vorstandsmitglied Brigitte Scholler schreibt. Gemeint ist damit das Gebiet ums alte Dorfschulhaus beim Kreisel, samt altem Feuerwehrgebäude und «Sächsilüütewiese». Dieses zentrale, gemeindeeigene Grundstück müsse der Gesamtbevölkerung als öffentlicher Bereich erhalten bleiben, und die begrünte Freifläche sei zwingend zu erhöhen, fordert die SP. «So kann als Gegenstück zum heissen Dorfplatz ein öffentlicher Raum entstehen, wo im kühlen Schatten verweilt werden kann», findet Scholler.
Das sagt die IG Basi
Die politische Gruppierung namens Interessengruppe Bassersdorf, kurz IG Basi, kündigt einige Änderungsanträge an. Allzu detailliert dazu auslassen mochte man sich vor der Gemeindeversammlung aber nicht. Es komme auch auf die Forderungen anderer an, ob die IG Basi selber Anträge einbringt, meinte Vertreter Edi Hofmann dazu. Mit Verweis auf die in einem Flugblatt angetönten Punkte bestätigt er Vorstösse zu einigen nachfolgenden Themen. Dazu gehört die «Förderung einer massvollen, qualitativ hochwertigen Verdichtung an geeigneter Lage», was durch die neue BZO nur ungenügend umgesetzt werde, findet die IG Basi. «Wir werden die Baumassenziffern moderat anheben wollen», sagt Hofmann dazu. Zudem seien bevormundende Paragraphen störend. Etwa, dass Autoparkplätze künftig in Abhängigkeit von der ÖV-Erschliessung eines Standortes eingeschränkt werden sollen. Für Fahrzeuge seien genügend Garagen oder Unterstände zu erstellen – «es sei denn, ein nachhaltiges Mobilitätskonzept inklusive Controlling wird sichergestellt». Und zum Thema Bahnhof Süd/Pöschen findet die IG Basi, dass das Minimum von 25 Prozent Wohnanteil genüge, schreibt Hofmann. Wenns nach ihm gehe, könnten es auch volle 100 Prozent Gewerbeanteil sein. Und zudem werde die IG in Ermangelung eines Verkehrskonzepts der Gemeinde sicher «Beine machen».
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