Bezirksgericht BülachEhefrau stört und filmt Rettungseinsatz und ist nun vorbestraft
Eine Frau ruft für ihren Ehemann den Rettungsdienst. Dann eskaliert die Situation, und es kommt zum Polizeieinsatz. Nach dem Gerichtsurteil sieht die Frau ihre Zukunft ruiniert.

Eine Frau findet ihren schwer kranken Ehemann mitten in der Nacht auf dem Schlafzimmerboden – hilflos und kaum ansprechbar. Die 42-Jährige tut das Richtige. Sie alarmiert via Notruf 144 die Sanität – wie sie es schon mehrfach gemacht hat. Der Rettungswagen trifft kurze Zeit später in der Wohnung des Paars im Zürcher Unterland ein. Bis die beiden Sanitäter helfen können, vergehen jedoch 45 Minuten. Denn diesmal eskaliert die Situation.
Das führte dazu, dass die Frau, die den Notruf abgesetzt hatte, am Donnerstag vor dem Richter erscheinen musste. Die Staatsanwältin warf ihr vor, die beiden Sanitäter im Januar 2021 mehrfach an ihrer Arbeit gehindert zu haben, indem sie sich ständig in der Nähe des Ehemanns aufgehalten habe: «Sie stellte sich zudem mehrfach in den Weg, wobei sie eine angespannte und bedrohliche Körperhaltung zeigte.» Ausserdem soll die Frau die Sanitäter gefilmt haben. 30 Minuten hätten diese deshalb nicht arbeiten können und den Einsatz abgebrochen. Dann boten sie zur Unterstützung die Kantonspolizei auf. Auch diese hatte anfänglich offenbar Mühe, die Frau zum Verlassen des Raums zu bewegen. Nur durch körperlichen Einsatz habe sie vom Patienten entfernt und ruhiggestellt und ihr Mann letztlich nach 45 Minuten behandelt werden können.
«Ich war in Panik»
Die Schweizerin, die dem Einzelrichter ohne anwaltliche Unterstützung gegenübersass, bestritt diese Version vehement und forderte einen Freispruch. «Die Situation war für mich sehr schockierend, mein Mann lag im engen Schlafzimmer. Ich war in Panik.» Sie habe Beweise gewollt und deshalb die Handykamera auf ihren Mann gerichtet – und nur auf ihn. «Dann hat einer der Sanitäter deswegen die Polizei gerufen.»
Einer der beiden Polizisten habe sie mit seinem Körpergewicht aufs Bett gedrückt. «Ich habe wiederholt das Bewusstsein verloren, vielleicht auch, weil ich in Panik war. Als ich wieder zu mir kam, lag mein Mann schon in der Ambulanz.» Erst dann sei es zur Konfrontation gekommen.
«Ich hätte wohl selber Hilfe gebraucht.»
Zu keinem Zeitpunkt habe sie die Arbeit der Helfer gestört. «Ich unterstütze meinen Mann seit 20 Jahren. Aber so etwas ist mir noch nie passiert.» Der Richter wollte wissen, ob sie sich angesichts ihrer Panik noch genau erinnern könne, wie sie sich verhalten haben. «Nicht zu 100 Prozent. Das wäre gelogen. Ich hätte wohl selber Hilfe gebraucht.»
Die Staatsanwältin, die nicht zugegen war, beantragte eine bedingte Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 100 Franken, also 2000 Franken – dies bei einer Probezeit von zwei Jahren.
Geldstrafe als einziges Mittel
Hatte die Frau während der Verhandlung ihre Emotionen noch im Griff gehabt, gingen diese bei der Urteilseröffnung mit ihr durch – als sie begriff, dass ihr Verhalten einen Eintrag im Strafregister zur Folge hat: «Sie ruinieren meine Zukunft», hielt die Buchhalterin dem Richter vor. Dieser machte kein Geheimnis daraus, dass er eine Busse als «pragmatischere und schönere» Lösung empfunden hätte: «Aber diese ist für diesen Straftatbestand nicht vorgesehen.»
Er verurteilte die Frau wegen Hinderung einer Amtshandlung zu einer bedingten Geldstrafe von lediglich 5 Tagessätzen zu je 100 Franken. Bezahlen muss sie Gerichts- und Verfahrenskosten von total 2000 Franken. Der Einzelrichter sah es als erwiesen an, dass die Frau aktiven Widerstand geleistet hat: «Einfach so bricht die Sanität keinen Einsatz ab.» Allerdings sei die Situation für die Frau sehr herausfordernd gewesen und habe bei ihr eine ungewöhnliche Reaktion ausgelöst: «Sie sind aus dem Gleis geraten, das können wir nicht aus der Welt reden.» Noch hat die Frau die Möglichkeit, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen.
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