Der bescheidene FCZ Ein 0:0 ist auf einmal ein Erfolg
Das torlose Remis passt zur Unterhaltung, die der Meister und Leader YB bieten. Der weiterhin sieglose Tabellenletzte lobt sich danach für seine engagierte Arbeit in der Defensive.

Eine Woche ist Bo Henriksen jetzt in Zürich. Und schon ist einiges passiert. Seine Vorstellung als neuer Trainer verwandelte er gleich in ein Motivationsseminar. Er war der Happy Bo, der die Freude am Leben und an den Menschen zelebriert.
Am Donnerstag musste er dagegen bereits erfahren, wie es ist, mit dem FCZ zu verlieren. Beim 0:5 in Eindhoven bekam er aus nächster Nähe mit, was passiert, wenn eine Mannschaft auf das Verteidigen verzichtet. Die Kraft aus der Niederlage schöpfte er in belanglosen Details wie dem minimalen Vorteil von 51:49 Prozent beim Ballbesitz.
Am Sonntag gibt er seinen Einstand im Letzigrund, es geht nicht mehr um die Europa League, sondern um sportlich Existenzielleres. In der Meisterschaft macht YB seine Aufwartung, der Leader und reichste Club des Landes. Die Rollen sind auf dem Papier verteilt, auch wenn der FCZ noch immer als Meister durchgeht. Favorit, klarer zumal, ist YB.
Die 90 Minuten werden zum Beweis, wie wenig solche Rollenspiele manchmal mit dem zu tun haben, was sich in der Realität abspielt. FCZ gegen YB macht nie den Eindruck, als würden Aussenseiter und Favorit aufeinandertreffen. Es wird zum Match auf Augenhöhe. Und das ist weder ein Kompliment für YB noch ein Qualitätsnachweis für dieses Spiel.
0:0 geht es aus. Der FCZ wird damit für eine zumindest engagierte Leistung in der Defensive belohnt, YB wird auch mit einem Punkt belohnt – aber wofür genau? Sein Auftritt ist gerade spielerisch eine Enttäuschung. Dass es die Rangliste weiterhin mit fünf Punkten Vorsprung anführt, sagt alles über die Konkurrenz.
Wie im dunklen Herbst 2015
Treffender könnte dieses torlose Unentschieden jedenfalls nicht zusammenfassen, was an diesem Nachmittag an Unterhaltung geboten wird. Die erste Halbzeit bietet gar nichts – abgesehen von der fehlenden Präzision von Nikola Boranijasevic, als er frei zum Abschluss kommt, und von einem Kopfball Fabian Rieders, der allerdings mehr ein Kopfbällchen ist.
Die zweite Halbzeit leidet weiter unter den vielen technischen Mängeln, den Fehlpässen links wie rechts, die gelegentlich in erschreckendem Akkord geschlagen werden. So gibt es weiter keinen Rhythmus, keine Dramatik, keine Höhepunkte – abgesehen von den zwei Schüssen von Cedric Itten und Aiyegun Tosin. Beide sind aus rund 20 Metern abgegeben, von Itten nach einer Stunde, von Tosin in der Nachspielzeit, es sind die einzigen zwei Gelegenheiten, in denen zuerst der Zürcher Captain Yanick Brecher wirklich eingreifen muss und dann der Berner Goalie David von Ballmoos.
«Ein faires Resultat», sagt Henriksen. Und beginnt, nach dem Positiven zu graben. Das ist auf den ersten Blick gar nicht so einfach, weil der Blick auf die Statistik weiterhin Erschreckendes zeigt: elf Spiele, null Siege, nur fünf Punkte und sieben erzielte Tore. Das erinnert an die dunklen Tage unter Sami Hyypiä im Herbst 2015, als es ebenfalls elf sieglose Runden in Folge gab, bevor die Saison mit dem Abstieg in die Challenge League zu Ende ging.

In der Meisterschaft ist der FCZ seit bald sechs Monaten ohne Heimsieg, seit dem 5:1 gegen Sion am 24. April. Hinter ihm liegt nun eine Phase mit elf Spielen in drei Wettbewerben, in der er nicht einmal gewann, dafür im Cup ausschied und in der Europa League von Eindhoven gleich zweimal zerzaust wurde.
Der Wundermann, der mit Handauflegen alles Verkorkste beim FCZ aus der Welt schaffen kann, ist Henriksen nicht gleich. Wie es sich anfühlt, ein Tor bejubeln zu können, ist ihm nach einer Woche weiter fremd. Gegen YB bekommt er ausreichend Anschauungsmaterial geliefert, warum seine Spieler vor dem gegnerischen Tor so harmlos sind.
Ihnen fehlt es an Zielstrebigkeit, an Klarheit, an Durchsetzungskraft, ihnen fehlt der Instinkt, das Richtige im richtigen Moment zu machen, an Selbstvertrauen. Henriksen doziert denn auch über schlechte Entscheide im Umschaltspiel, in Situationen, in denen Überzahl besteht, 3 gegen 2 oder 4 gegen 3. «Es geht um Mut und Überzeugung im Abschluss», sagt er. Und der Weg aus dieser speziellen Problematik, um sie nicht gleich Krise zu nennen? «Es gibt nur eines: harte Arbeit.»
«Damit lässt sich arbeiten»
Anders noch als in Eindhoven sieht der Schnellsprecher aus Dänemark wenigstens Spieler auf dem Platz, die das eigene Tor verteidigen wollen und nicht mehr nur Spalier stehen für den Gegner. «Sie haben gegeben, was sie zu geben hatten», sagt Henriksen. «Sie haben füreinander gekämpft, sie sind füreinander da gewesen.» Und daraus folgert er: «Ich sehe eine Gruppe, die alles geben will. Damit lässt sich arbeiten.»
Was er hervorhebt, entspricht nur den kleinsten Ansprüchen an eine Mannschaft. Dass sie dieser normalen Pflichterfüllung nicht immer nachgekommen ist, ist mit ein Grund für ihre momentane Situation. Henriksen mag sie nun zwar loben, dass sie ihre Arbeit gegen YB erledigt hat. Er mag nun auch sagen, sie sei defensiv «fantastisch» gewesen. Und doch betont er selbst: «Ich verlange, dass sie immer motiviert ist.»
Seit drei Runden klebt der FCZ auf dem letzten Platz fest. Und er wird es, egal was er am Donnerstag in Basel zustande bringt, zumindest noch bis zum kommenden Sonntag und dem Derby gegen GC tun. Das liegt an den vier Punkten, die er an Rückstand auf Aufsteiger Winterthur hat. Henriksen bleibt darum nur eines: «Wir machen kleine Schritte.»
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