Eine Rekord-Flut an Beschwerden geht bei Zürcher Ombudsstelle ein
Kinder ohne ZVV-Tickets, verspätete und dennoch pünktliche Züge, ein Fahndungsfoto sowie anonyme Korruptionsmeldungen: Die Ombudsstelle des Kantons Zürich hatte 2017 so viel zu tun wie noch nie - 910 Beschwerden aus den unterschiedlichsten Bereichen sind bei ihr eingegangen.

2016 waren es noch 830 Beschwerden gewesen. Beim nun registrierten Anstieg handelt es sich um eine generelle Zunahme: Hinsichtlich der Verteilung der Fälle habe er keine nennenswerte Veränderung festgestellt, schreibt Ombudsmann Thomas Faesi im Tätigkeitsbericht 2017, den er am Mittwoch vorstellte.
Ärger im öffentlichen Verkehr
Am häufigsten zu Beschwerden Anlass gab der Zürcher Verkehrsverbund ZVV, den 151 der 910 neuen Fälle betrafen. Mehrere Male wurde Faesi von Eltern kontaktiert, deren Kinder von Ticketkontrolleuren gebüsst worden waren.
Der Ombudsmann geht dabei wie der ZVV grundsätzlich davon aus, «dass ein Kind, welches sich im öffentlichen Verkehr selbständig bewegt, über die nötigen Kenntnisse für den Erwerb des korrekten Fahrausweises verfügt». In Einzelfällen intervenierte er dennoch erfolgreich: So verzichtete der ZVV ausnahmsweise bei einem Mädchen darauf, den Zuschlag zu erheben, da dieses offensichtlich überfordert gewesen sei.
Es hatte nämlich von seiner Mutter Münz erhalten, um in einem Winterthurer Bus ein Ticket zu lösen. Das ist allerdings nicht möglich - der Chauffeur verwies die Zehnjährige deshalb an den Automaten. Da ihr dieser zu kompliziert war, fuhr sie am Ende ohne Ticket mit und geriet prompt in eine Kontrolle.
Eine Frage von Minuten
Bezüglich Verkehrsverbund berichtet Faesi in seinem Tätigkeitsbericht auch von einem «Paradox»: So werbe der ZVV damit, dass er zu 97 Prozent pünktlich sei - und doch nehmen bei der Ombudsstelle Reklamationen wegen Verspätungen zu. Faesi ging dem auf den Grund: Eine Linie gelte objektiv als pünktlich, wenn sie in den Hauptverkehrszeiten mit einer Abweichung von -1 bis 5 Minuten (S-Bahn: 6 Minuten) ankomme, zitiert Faesi die Antwort des ZVV.
Die Pünktlichkeit könne so nicht zuverlässig gemessen werden, hält Faesi fest. «Schliesslich können selbst geringe Abweichungen dazu führen, dass Pendler ihre Anschlüsse verpassen.»
Unkonventionelle Problemlösung
Im Tätigkeitsbericht listet der Ombudsmann verschiedene weitere Fälle auf; dabei zeigt sich, dass nicht nur die Probleme sondern auch die möglichen Lösungsansätze weit gefasst sind.
So beschwerte sich ein Mann, dass er beim Warten auf den Nachtbus ohne jeden Grund von Polizisten kontrolliert worden sei. Die Kantonspolizei hielt demgegenüber fest, dass die Kontrolle weder anlassfrei noch rassistisch motiviert gewesen sei - der Mann habe einer gesuchten Person geglichen.
Dies konnte Faesi auf unkonventionelle Art bestätigen: Er liess sich vom Kontrollierten ein Selbstporträt zuschicken, von der Polizei das Fahndungsfoto. Nach dem Vergleich der Bilder schrieb er dem Mann: «Ich würde vermuten, dass ich Sie in Kenntnis des Fotos der ausgeschriebenen Person wohl ebenfalls überprüft hätte.»
Anonyme Meldestelle schaffen
Wie Faesi weiter festhält, will er eine elektronische Plattform für anonyme Meldungen schaffen. Diese hätte den Vorteil, dass die Ombudsstelle Rückfragen stellen könne und der Melder dennoch so weit als möglich vor allfälligen Retorsionsmassnahmen geschützt bleibe.
Wie dem Tätigkeitsbericht zu entnehmen ist, blieben die Angaben bei anonym gemeldeten Korruptionsfällen teilweise etwas wenig detailliert, sodass keine Strafuntersuchung möglich war. Im Laufe des vergangenen Jahres konnte die Ombudsstelle des Kantons Zürich insgesamt 887 Fälle abschliessen. In 712 Fällen erteilte sie einen Rat, in 175 Fällen kam es zu einer Besprechung mit Behörden.
Etwas mehr als die Hälfte der Fälle konnten gemäss Tätigkeitsbericht innert 30 Tagen abgeschlossen werden (469). Nur zehn Fälle hatten mehr als 1 Jahr in Anspruch genommen. Die meisten Beschwerden reichten Privatpersonen ein (622). Staatsangestellte machten 194 Eingaben, 20 kamen von juristischen Personen.
SDA/mcp
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