Englisch soundet alles viel cooler
In der Kolumne «ZUgespitzt»greifen die ZU-Redaktoren Themen aus dem Unterländer Alltag auf. Heute beschäftigt sich Fabian Boller mit Pseudoanglizismen.
Waren Sie in den letzten Tagen vielleicht auch an einem der zahlreichen «Public Viewings» in der Region? Dann haben sie also die «öffentliche Aufbahrung eines Leichnams» besucht. Dafür steht nämlich der gerade in diesen Tagen viel verwendete Begriff im englischen Sprachraum. Wenn sich Sportfans in den USA oder in Enland zusammenfinden, um gemeinsam ein Spiel auf Grossleinwand zu geniessen, dann besuchen sie vielmehr eine «Watch Party» (nein, das ist keine Versammlung von Uhrenliebhabern) und ganz sicher kein «Public Viewing».
Auch der soviel heraufbeschworene «Shitstorm», der sich immer wieder in den sozialen Medien abspielen soll, wirbelt nur in Deutschland und der Schweiz. Im englischen Sprachraum existiert dieser Begriff nicht. Zum Glück! Die bildliche Vorstellung eines Unwetters aus Fäkalien mutet wohl nicht nur mir etwas unappetitlich an. Es ist halt einfach so: Hat etwas einen englischen Namen, dann klingt es sogleich viel «cooler» und verkauft sich möglicherweise besser.
Das wäre nicht unbedingt verwerflich, doch sollten die entsprechenden Begriffe auch wirklich existieren. Das Erfinden englisch klingender Pseudoanglizismen ist aber eher peinlich und zeugt von einer kulturellen Unterwürfigkeit. Schliesslich hat doch auch die deutsche Sprache ganz schöne Begriffe anzubieten. Wieso wird «Shitstorm» nicht zur Schlammschlacht und das «Handy» zum Mobiltelefon?
Also wenn Sie das nächste Mal über den Begriff «Public Viewing» stolpern (was Ihnen auch beim Lesen dieser Zeitung wieder passieren wird), dann halten sie kurz inne und gedenken sie der deutschen Sprache, die vor Ihnen aufgebahrt liegt.
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