Neuer Comic «Kaktus»Felix Schaad ziehts in den Wilden Westen
Reduziert bis auf einen mürrischen Kaktus: So ist der jüngste Comic von «Tages-Anzeiger»-Karikaturist Felix Schaad.

Mit sonderbaren Kreaturen kennt er sich aus. Erst im Mai dieses Jahres veröffentlichte der «Tages-Anzeiger»-Karikaturist Felix Schaad einen interaktiven Comic über rebellierende Regenwürmer, Asseln und anderes Kleingetier, das wegen der damals anstehenden Trinkwasser- und Pestizidinitiative zum Protestmarsch nach Bern aufrief.
Flotte Bissigkeiten, humorvoll umgesetzt – sie sind das Tagesgeschäft von Schaad, wobei es in der Regel natürlich um Politik geht. Man kennt den Künstler und Karikaturisten aber auch von einer anderen Seite: Von 2000 an kreierte er zusammen mit Claude Jaermann 17 Jahre lang die unvergessenen Strips um Eva, jene chronisch unterbezahlte und mürrische Kassiererin der Herzen; legendär sind auch die zuvor für den «Nebelspalter» entstandenen «Zwicky»- und «Igor»-Comics.
Ein stachliges Ding voller ungestillter Sehnsüchte
So nimmt man erst mal verwundert den jüngsten Comicband «Kaktus» in die Hand und sucht nach … ja, was eigentlich? Da steht ein stachliges Ding in der Wüste und stellt fest, es sei «heiss und still». Kaktus, du Strauch, was treibt dich um?
Klar ist: Das sprechende Gewächs, kreiert von Schaad und Kinderbuchautor Daniel Fehr, trägt offensichtlich ungestillte Sehnsüchte in sich. Zum Beispiel hätte das Ding gerne an der Universität von Texas studiert und wäre allgemein gerne mehr in der Gegend rumgekommen. Nun möchte es wenigstens einen Menschen an seiner Seite haben, der neben ihm verdurstet. Quintessenz des sukkulentigen Helden: «Manchmal denke ich, ob ich mehr aus meinem Leben machen sollte.»

Es ist da, als ob ein universales Gewissen der verpassten Chancen anklopfen würde in diesen Bildern, jedenfalls spürt man sehr gut, was das Duo Fehr/Schaad umtreibt: Ewigkeit, verpasste Lebensträume, kleinere Gehässigkeiten und eine epische Sinnsuche – alles verpackt in ein schmuckes Breitleinwandformat-Büchlein – das gar nicht so einfach zu realisieren war. «Ich habe wohl noch nie so lange an einem Projekt herumgepröbelt wie an diesem», sagt Schaad. Erst die Entdeckung leuchtender Tuschfarben habe die «Er-Lösung» gebracht.
Tatsächlich leuchtet einem nun dieser Comic in meist gelb-orange-sandigen Farben entgegen, die den minimalistischen Episoden aus der Wüste etwas Dramatisches und Ruhiges zugleich verleihen. Apropos ruhig: Im ersten Panel hat der Kaktus in seiner Wüste noch so etwas wie drei Punkte als Gesellschaft. Im letzten hat er nur noch die Weite. Viel existenzialistischer gehts nicht.
Daniel Fehr, Felix Schaad: Kaktus. Eine Wildwestgeschichte. Die Brotsuppe, Biel 2021. 64 S., ca. 19 Fr.

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