Die Schalthebel der Macht bedienen
Die Wechselwirkung von politischen und unternehmerischen Entscheidungen sowie den Einfluss von Konsumenten und Medien konnten 180 Kanti- und Berufsschüler im Planspiel ÖKOWI hautnah erleben und ihre Erfahrungen mit realen Führungspersönlichkeiten austauschen.

Als Durim Invernizzi am Montag die Rolle des CEO übernahm, sah er den Unternehmenserfolg von einer schlechten Wirtschaftslage bedroht. «Statt Stellen abzubauen, haben wir antizyklisch reagiert. Eine Lohnerhöhung konnte die Konsumstimmung verbessern.»
Wirtschaftsminister Thierry Leu hingegen räumt eine Fehlentscheidung ein: «Unsere Regierung beschloss, Cannabis zu legalisieren und zu besteuern. Doch es mangelte an Käufern.» Diese, für 16- bis 18-Jährige nicht alltäglichen Erfahrungen haben die beiden 5. Klässler im Rahmen des computergestützten Planspiels ÖKOWI der Ernst-Schmidheiny-Stiftung gesammelt, welches jährlich an der KZU durchgeführt wird.
Hymnen und Kompromisse
Rund 180 Kanti- und Berufsschüler agierten diese Woche als Unternehmer, Regierungsmitglieder, Medienschaffende und Haushaltsvertreter mit dem Ziel, Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie harmonisch in Einklang zu bringen. Sechs fiktive, demokratisch geführte Länder kämpften um die Aufnahme in die Ökounion.
Kalkulieren, diskutieren, verhandeln, Kompromisse schliessen, eine Hymne kreieren – Dutzende von Entscheidungen galt es jeden Spieltag, welcher einem Jahr entsprach, zu treffen, um nach der Auswertung am nächsten Morgen mit den volkswirtschaftlichen Wechselwirkungen konfrontiert zu werden.
Je zwei Kursleiter aus der Lehrerschaft nahmen als Repräsentanten von Dienstleistung, Banken und ausländischen Unternehmen direkten Bezug auf die Aktivitäten eines Landes und konnten mit Naturkatastrophen, Flüchtlingskrise oder Grippewelle das Geschehen manipulieren. Als Vertreterin der Medien protokollierte und analysierte Severine Blumenthal die täglichen Parlamentssessionen. «Ich kann mich zwar nicht aktiv einbringen, muss aber bei der Berichterstattung stets abwägen, was wichtig ist.»
Mitorganisator Cyrill Gruber, Lehrer Wirtschaft und Recht, reizt die klassenübergreifende Zusammenarbeit jenseits der Theorie: «Im Spiel können die Schüler ihr Wissen interdisziplinär anwenden. Vernetztes Denken wird ebenso gefördert wie die Diskussionskultur.»
Politik kann süchtig machen
Rede und Antwort standen am Donnerstagmorgen reale Experten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Den Fragen der rund 40 Nachwuchsregierungsmitglieder stellten sich der Bülacher Stadtpräsident Mark Eberli und Priska Seiler Graf, Stadträtin in Kloten und seit 2015 Mitglied des Nationalrates.
Die ehemalige KZU-Absolventin gestand: «Politik kann einen packen und süchtig machen. Tiefschläge gehören dazu, da braucht es Frusttoleranz – und einen Plan B.» Auch Mark Eberli hat gelernt, mal zu verlieren: «Im Stadtrat gilt das Kollegialitätsprinzip – logischerweise sind nicht alle Entscheide in meinem Sinn, aber selbstverständlich trage ich sie immer mit.»
Die konkreten Anliegen der Schüler reichten von der Förderung der sozialen Wohlfahrt bis zur Eindämmung der Bürokratie, von der Notwendigkeit von Lobbyismus über Prioritäten bei der Budgetierung bis zur Sensibilisierung von Unternehmen für Umweltfragen. Trotz unterschiedlichem Parteihintergrund bewiesen die beiden Politiker weitgehend Einigkeit bei den von ihnen vorgeschlagenen Massnahmen. «Ich finde es wichtig, dass sich die Jungen in ihrer Heimatgemeinde engagieren. Lokalpolitik macht Freude, man kann etwas bewegen», begrüsste Eberli das politische Interesse der Schüler.
«Meine Fragen sind beantwortet», zeigte sich Thierry Leu zufrieden. «Die Aussagen waren sehr differenziert, auch wenn man natürlich ab und zu die politische Meinung durchgehört hat. Diese Erfahrung rund um die politischen Zusammenhänge fehlt uns noch. Mit solchem Knowhow hätten wir im Spiel sicher noch kreativere Ideen.»
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