Optiker lässt Schützen ins Schwarze treffen
Auf die Schiessbrillen von Patrick Gerwer schwören Schützen aus der ganzen Schweiz. Seit Kurzem visieren sie direkt das Furttal an, denn hier bekommen sie sogar einen Drink an der Bar, während der Chef persönlich die Gläser herstellt.

Wenn Patrick Gerwer von Brillen spricht, ist sein Redefluss kaum zu stoppen. Etwas anderes zu machen, als Menschen mit Einfühlungsvermögen und Fachwissen zu einem optimalen Sehvermögen zu verhelfen? Das ist für den gelernten Augenoptiker unvorstellbar.
Bereits 1954 gründeten seine Vorfahren die Gerwer Optik AG, ein Brillengeschäft in Oerlikon. In den 1980er-Jahren war sein Vater federführend bei der Entwicklung der neuen Schiessbrille der Firma Champion und nahm diese dann ins Sortiment auf. Das war eine weise Entscheidung.
Harte Konkurrenz
Diese Kombination von Tages- und Schiessbrillenverkauf sicherte den Fortbestand der Optikerdynastie bis heute. Doch halt – nicht nur das Sortiment macht den Erfolg. Es müssen auch Menschen mit Leidenschaft bei der Sache sein. So wie eben Patrick Gerwer. «Die Stunden, die mein Papa investierte, die kann man gar nicht mitrechnen», erklärt Gerwers neunjähriger Sohn Nicola.
Der Primarschüler bekommt täglich mit, wie sein Vater bis in die Nacht im Keller des Einfamilienhauses tüftelt und werkelt, Bestellungen und Werbung macht, über die Bücher geht, der Konkurrenz der Discounter und Internetanbieter die Stirn bietet und Kunden mit Engelsgeduld berät. Nicola erlebt auch mit, dass es im umkämpften Markt hartes Brot bedeutet, eine Einzelfirma zu führen und Rückschläge dazugehören. So wie kürzlich.
Glückliche Heimkehr
Nach 59 Jahren im Oerliker Stammhaus verlegte Patrick Gerwer vor vier Jahren den Firmensitz in den Glattpark. Nach der Pensionierung des Firmengründers wollte er im Trendquartier neu durchstarten. «Der Gedanke der Nachhaltigkeit einer urbanen Gesellschaft in allen Ehren. Aber das Gebiet entpuppte sich für mich als eine gewerbefeindliche Schlafstadt.
Ein Lebensmittelanbieter hat schon zugemacht, und nach und nach ziehen auch die anderen Firmen ab», klagt der 47-Jährige. Er erklärt weiter, dass vor allem Parkplatzmangel und ein Überfluss an Regulierungen und Verboten ihn veranlasst haben, nach vier Jahren die Notbremse zu ziehen. «Die Stammkunden kamen noch, aber neue konnte ich nur wenige gewinnen.»
Und so war es für ihn naheliegend, etwas in seiner Heimatgemeinde Hüttikon zu machen. Patrick Gerwer gibt den «Glattpark» auf und realisiert im Kellergeschoss seines Einfamilien-hauses einen Beratungsraum, eine Werkstatt, ein Lager und eine Hausbar, um den Kunden die Wartezeit mit einem Getränk zu verkürzen. Sohn Nicola hilft, die Wände zu streichen.
Ehrlicher Berater
Im Dezember 2016 war Eröffnung. Jetzt liegen die Tagesbrillen auf Wandregalen bereit, und den ersten Kunden hat Gerwer bereits zu einem besseren Durchblick verholfen. Doch Patrick Gerwers eigentliche Spezialität sind Schiessbrillen. «Die Fassung dieser Brillenist unzerstörbar. Bei Bedarf lässt man nur das Glas austauschen. Das verkleinert natürlich die Marge», erklärt Gerwer. Deshalb braucht es zum Überleben das der Mode unterworfene Tagesbrillengeschäft. Der Familientradition folgend, hält Gerwer aber an den Schiessbrillen fest.
Bereits 1991 ernannte die Schweizer Nationalmannschaft seinen Vater zum Vertrauensoptiker. Fünf Jahre später wird dieser Teamchef der Schützen an den Olympischen Spielen in Atlanta. Patrick Gerwer ist Mitglied im Schiessverein Dänikon-Hüttikon. «Wenn man Schiessbrillen macht, ist es wichtig, dass man auch selber schiesst. So kann man die Wünsche der Kundschaft verstehen», sagt er. Im Beratungsraum sind das Sturmgewehr 57 und 90, ein Karabiner und zwei Pistolen ausgestellt. Einige Kunden legen sich zur Anpassung auch gleich mit der eigenen Waffe auf die Schiessliege.
Die Hüttiker Firma hat in der ganzen Schweiz etwa vier vergleichbare Mitbewerber. Umso glücklicher ist Gerwer, dass fast alle der 30 Mitglieder der Schweizer Nationalmannschaft eine Brille von ihm auf der Nase haben, wenn sie ins Schwarze treffen. Im Schnitt 150 Tagesbrillen und 100 Schiessbrillen verkauft er pro Jahr. In Jahren mit Eidgenössischem Schützenfest, wie zuletzt 2015 im Wallis, können es bis zu 150 sein. Wer mit Patrick Gerwer redet, dem wird schnell klar: Ein Schütze braucht unbedingt eine Schiessbrille.
Warum gewinnen dann trotzdem Schützen ohne Schiessbrille bei Plauschwettkämpfen wie zum Beispiel dem Zürcher Knabenschiessen? Und weil zum Geschäftserfolg eines Optikers neben Fachwissen auch Ehrlichkeit gehört, sagt Patrick Gerwer: «Neben optimaler Ausrüstung zählt auch die mentale Verfassung und natürlich auch ein Quäntchen Glück.»
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