Neue BZO für BassersdorfFünf Stunden Debatte für vier Anpassungen
Kurz vor Mitternacht war es geschafft. Bassersdorf hat am Montag eine neue Bau- und Zonenordnung durchgepaukt. Dabei gabs gegen 20 Anträge und einige Emotionen.

Es hätte auch noch viel, viel länger dauern können. Drei Abende waren für eine regelrechte Serie an Gemeindeversammlungen in Bassersdorf diese Woche terminiert worden. Dass man nun schon nach dem ersten Abend eine neue Bau- und Zonenordnung (BZO) hat, ist primär der Ausdauer aller Beteiligten zuzuschreiben – und dass die meisten keinen zweiten Sommerabend opfern wollten, wie es eine Versammlungsteilnehmerin unmissverständlich anmahnte.
Von den 148 Stimmberechtigten, die anfänglich gezählt wurden, reckten gegen halb zwölf noch 120 Personen ihre Hand zur Schlussabstimmung. Zahlreiche Personen hatten die Versammlung zu diesem Zeitpunkt schon verlassen. Im Verhältnis 109 zu 11 sprachen sich die Verbliebenen mit grosser Mehrheit für die neue BZO aus. Danach war aber nicht etwa fertig, sondern es ging noch mit anderen Traktanden bis kurz vor Mitternacht weiter. Die Jahresrechnung, welche mit einem Plus von 3,7 Millionen Franken insgesamt rund 7,6 Millionen über Budget schloss, hatte man schon zu Beginn genehmigt.
Zwischenzeitlich drohte man sich arg zu verzetteln und den roten Faden komplett zu verlieren zwischen den neuen Paragrafen, Plänen und Anträgen sowie den ausufernden Exkursen aus dem Plenum.

Ein hilfreicher Input zur Straffung des Ablaufs kam knapp zwei Stunden nach Versammlungsauftakt. Per Ordnungsantrag wurde die Redezeit auf drei Minuten begrenzt. Dann wurden wacker weiter Anträge gestellt und über Baumassenziffern, Gebäudehöhen, die Glattalbahnverlängerung und das optimale Mischverhältnis zwischen Gewerbe-, Industrie- und Wohnanteil ennet dem Bahnhof diskutiert.
Im Fokus stand dabei immer wieder das bislang reine Gewerbegebiet Pöschen. Doch alle Anträge in diesem Zusammenhang wurden abgewiesen. So wird das Gebiet nicht in zwei unterschiedliche Zonen aufgespaltet, und die Gestaltungsplanpflicht weder auf das EKZ-Unterwerk noch auf den benachbarten Hundesportplatz ausgedehnt. Auch wird der zweite Hundesportplatz unter der nahen Strassenbrücke nicht eingezont, und die angedachten Mindestvorgaben von je 25 Prozent Gewerbe- und Wohnanteil im Gebiet werden nicht verändert. Zudem entsteht die neue Zentrumszone B am Bahnhof. Diese umfasst entgegen einem Streichungsantrag weiterhin auch das angrenzende Wohngebiet namens Baumgarten.
«Ich würde das Fuder jetzt nicht überladen.»
Eine massive Aufstockung der Baumasse in der Gewerbezone Dolchen wurde verworfen. «Ich würde das Fuder jetzt nicht überladen», mahnte Gemeindepräsidentin Doris Meier (FDP) und wurde dabei unterstützt vom externen Raumplanungsexperten Peter von Känel.
So wurden auch kleinere Grenzabstände, eine generelle Erhöhung der zulässigen Baumassen samt Erhöhung um ein Geschoss in allen bisherigen zweistöckigen Wohngebieten abgelehnt. Es wäre wohl auch kaum genehmigungsfähig gewesen und vom Kanton nicht bewilligt worden, hörte man.
Lieber durchziehen als vertagen
Gegen elf Uhr fragte die Präsidentin an ihrer letzten Versammlung: «Sollen wir durchziehen, oder vertagen wir es?» Man entschied sich, weiterzumachen. Gegen 20 Änderungsanträge gingen an diesem Abend ein. Am meisten Emotionen weckten die Spitzen von Ex-RPK-Präsident Georg Fallegger (ehemals SVP) gegen Linke und Grüne. Etwa, als er eine fixe Obergrenze von drei Veloabstellplätzen pro Wohnung für Mehrfamilienhäuser forderte statt einem Abstellplatz pro Zimmer einer Wohnung.
«Das ist doch absurd, wir Mietenden wären dieser Regel völlig ausgeliefert.»
GLP-Kantonsrätin Melissa Näf entgegnete: «Das ist doch absurd, wir Mietenden wären dieser Regel völlig ausgeliefert», so Näf. Dann dürfe ein Bauherr nämlich nicht einmal mehr freiwillig zusätzliche Veloplätze planen. Wer ein Eigenheim besitze, könne gut reden, stellte sie fest. Der bürgerliche Fallegger höhnte derweil über «systematische Diskriminierung» der Linken in anderen Belangen und unterlag mit seinem Antrag letztlich nur knapp mit 62 zu 63 Stimmen.
Vier Änderungsanträge erfolgreich
Insgesamt fanden nur vier Anträge eine Mehrheit und werden somit ins neue Regelwerk aufgenommen. Darunter ein Antrag von Fallegger, der mit 63 zu 62 knapp angenommen wurde. So wird die zulässige Anzahl Parkplätze auf einem Grundstück künftig doch nicht von der ÖV-Erschliessung des Ortes abhängig gemacht. Damit dürfen weiterhin 100 Prozent des Planungswertes an Parkplätzen erstellt werden, egal, ob in unmittelbarer Bahnhofsnähe oder weit weg von jeglichen Bushaltestellen irgendwo in der Gemeinde.
Weiter wurde ein Antrag von Dölf Kellenberger angenommen, der vorsieht, dass «markante Bäume» nicht zwingend in gleicher Art, sondern nur in «standortgerechter Art» ersetzt werden müssen. Ein GLP-Versuch, den Baumbestand im Siedlungsgebiet zu «schützen» statt nur zu «schonen», scheiterte. Ebenso wie ein SP-Antrag für eine mindestens 3500 Quadratmeter grosse zusammenhängende Grünfläche im Zentrum West hinter dem Kreisel bei der Sechseläutenwiese.
Gutgeheissen wurde hingegen der Vorstoss, dass dieses Areal auch nach einer Überbauung öffentlich zugänglich bleiben muss. Und ebenso gab es eine Mehrheit für den Antrag von Melissa Näf, bezüglich dieser Überbauung zwei Worte zu streichen. So gilt jetzt, dass bei einem Projekt nicht nur «vorzugsweise» auf eine gemeinschaftliche Nutzung zu achten ist und dass ein bewilligungsfähiges Projekt nicht nur von einem «gewissen» öffentlichen Interesse sein muss.
Die alte BZO ist von 1995. Die neue soll mindestens für 15 Jahre gelten, dürfte aber wohl länger Bestand haben. So ein verbindliches Bauregelwerk für eine ganze nachfolgende Generation in einer 12’000 Einwohnerinnen und Einwohner umfassenden Gemeinde an einem Abend festzulegen, ist eine beachtliche Leistung.
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