«Ich musste lediglich auf die Verteilung des Geldes verzichten»
Seit der viel diskutierten Novartis-Generalversammlung ist es merklich ruhiger geworden um Daniel Vasella. Nun äusserte er sich erstmals zu den 72 Millionen und zu seinem Umzug in die USA.

Vor gut einer Woche wurde bekannt, dass Daniel Vasella in die USA ausgewandert ist. In seiner bisherigen Wohngemeinde in Risch (ZG) habe er sich bereits abgemeldet. Heute nun erklärt der ehemalige Novartis-Verwaltungsratspräsident in einem grossen Interview gegenüber dem «Blick», wie es dazu kam. Der Entscheid zum Umzug sei nach dem Entscheid, nicht mehr für den Verwaltungsrat zu kandidieren, gefallen.
Schweiz wird neue interessante Themen finden
Die Kritik an seiner Abgangsentschädigung sei hingegen nicht ausschlaggebend gewesen. Doch: «Die Welle der Kritik werde ich nicht vermissen», sagte er. Er und seine Kollegen hätten mit Novartis eine weltweit führende Firma mit Sitz in der Schweiz aufgebaut. Und dank ihnen habe sich auch Syngenta in Basel etabliert. «Es stimmt mich traurig, dass dies scheinbar alles in Vergessenheit geraten ist», so Vasella. Und dies alles aufgrund einer nie vollzogenen Zahlung, auf die er zudem verzichtet habe.
«Ein Symbol für alles Negative zu werden, ist schwer», sagte er. Getroffen habe ihn, dass gewisse Leute die Gunst der Stunde auszunutzen versuchten – «wie beispielsweise eine ehemalige Hausangestellte», erklärte er. Sie versuche nach 17 Jahren Tätigkeit, ihn mit «massiven Vorwürfen», die «ganz einfach nicht stimmen», zu einer Schweigegeldzahlung zu nötigen. Doch Zeit bringe Rat, sagte er und glaubt, dass der mediale Hype um ihn bald verebben und es «in der Schweiz neue interessante Themen (für die Medien) geben wird.»
Vertrag wurde heftig debattiert
Warum er sich nach 25-jähriger Firmentreue ein Konkurrenzverbot mit 72 Millionen Franken habe bezahlen lassen wollen, fragte der «Blick»-Journalist. Er hätte Anfang 2008 gemäss Vertrag die Firma verlassen müssen, erklärte er. Im damaligen Vertrag habe es kein Konkurrenzverbot gegeben, jedoch hätte Novartis ihm bei einem Abgang drei volle Jahreslöhne bezahlen müssen. Dieser sei damals viel höher gewesen als heute. «Zudem war ich noch fünf Jahre jünger und erfolgreich», sagte er. Der Verwaltungsrat habe ihn dann überzeugt zu bleiben.
«Der Verwaltungsrat wollte in der Folge verhindern, dass sich eine solche Situation je wieder ergeben würde», sagte Vasella. Der Vertrag sei zwar heftig debattiert worden, doch schliesslich sei er einstimmig angenommen worden. Zum Betrag von 72 Millionen Franken meint er: «Auch bei einer Versicherung bezahlt man Prämien, um etwas zu verhindern», erklärte er. Rund 30 Prozent davon wären in die AHV und zum Steueramt geflossen. «Der Rest war für wohltätige Organisationen und gemeinnützige Institutionen vorgesehen.»
Wären Spenden als Prahlerei aufgefasst worden?
Die Empörung, die ob der 72 Millionen entstanden sei, könne er verstehen. «Etwas zu verstehen, heisst aber nicht unbedingt, einen Standpunkt zu teilen», sagte er. Ob den heftigen Reaktionen sei er erschrocken. «Ich ging immer davon aus, dass die Vergabung dieses Geldes etwas Positives sei.» Dass er erst nach Bekanntwerden der Summe erklärte, diese spenden zu wollen, habe damit zu tun, dass man erst über Dinge sprechen sollte, die man getan habe. «Und sogar dann ist es in der Schweizer Kultur fraglich, ob dies nicht als Prahlerei aufgefasst wird», sagte er.
Gefahr durch abwandernde Konzerne nicht unterschätzen
Er persönlich hätte wirtschaftlich nichts von diesem Geld gehabt, betonte er. «Ich musste lediglich auf die Verteilung des Geldes verzichten», sagte Vasella. Als einige Aktionäre ihren Unwillen gezeigt hätten, sei der Entscheid zugunsten der Firma leichtgefallen, auf das Geld zu verzichten.
Bezüglich der vom Stimmvolk kürzlich deutlich angenommenen Abzocker-Initiative meinte Vasella, sie werde die Rechtssicherheit bei Arbeitsverträgen für Kader entziehen. «Wie sich dies auswirkt, wird sich mittelfristig zeigen», sagte er. Die Schweiz dürfe die Gefahr, dass Konzerne die Schweiz verlassen könnten, nicht unterschätzen. «Zumal auch der Finanzplatz nicht mehr die hohen Steuereinkommen der Vergangenheit abwirft.»