Interview zur KV-Lehre«Ich war handwerklich nicht sonderlich begabt und auch etwas schulmüde»
ZKB-Chef Martin Scholl stieg bei der Bank vom KV-Stift bis zum Chef auf. Er teilt die Kritik der Bankenverbände an der KV-Reform – würde aber wieder diese Ausbildung wählen und glaubt, dass der Aufstieg noch heute möglich ist.

Herr Scholl, wieso haben Sie sich für eine KV-Lehre entschieden?
Meine Eltern haben beide das KV gemacht, so habe ich von zu Hause mitbekommen, dass es eine gute Sache ist. Damals gab es auch noch keinen Druck, unbedingt ans Gymi gehen zu müssen. Zudem war ich handwerklich nicht sonderlich begabt und auch etwas schulmüde.
Wie kamen Sie überhaupt dazu, bei der ZKB eine Lehre zu machen?
Mich hat die Wirtschaft schon immer interessiert. Als ich mich damals auf der Filiale in Zürich-Wipkingen vorgestellt habe, war ich vom Filialleiter völlig begeistert. Da war für mich die Sache klar.
«Nur im Hörsaal lernt man das Leben nicht kennen. Dafür muss man in die Praxis.»
Was macht die Lehre aus?
Bei der ZKB haben wir 100 neue Lernende pro Jahr. Mit 18 stehen diese richtig gut im Leben – nur im Hörsaal lernt man das Leben nicht kennen. Dafür muss man in die Praxis.
Kann man heute mit der Bank-Stifti noch Bankchef werden – oder sind Sie und Sergio Ermotti die Letzten Ihrer Art?
Ja, das ist auch heute noch möglich. Dafür ist aber ein besonderer Cocktail notwendig. Es braucht eine permanente Weiterbildung, man muss einen guten Job machen, gute Chefs und viel Glück haben. Der Start mit dem KV ermöglicht viel.
«Es ist erstaunlich, dass unsere Branche das Projekt so grundlegend kritisiert und die Verantwortlichen sagen, dass es schon gut komme.»
Was halten Sie von der KV-Reform?
Es ist erstaunlich, dass unsere Branche das Projekt so grundlegend kritisiert und die Verantwortlichen sagen, dass es schon gut komme. Für uns ist eine klare Regelung zur Berufsmatur enorm wichtig. Zudem müssen unsere Leute ein vertieftes Wissen zu Wirtschaft und Recht haben. Wir brauchen eine fundierte theoretische Ausbildung mit viel Praxisrelevanz.
Teilen Sie die Kritik der Branchenverbände?
Die Branche hat ein grosses Interesse daran, dass ihre Vorschläge ernst genommen werden. Damit die Reform gelingt, müssen alle Beteiligten an einen Tisch kommen. Es nützt nichts, wenn die Reform nun unter Zeitdruck eingeführt wird und niemand mit dem Ergebnis zufrieden ist. Dafür steht viel zu viel auf dem Spiel. Es geht um die Zukunft unserer Jugend.
Würden Sie unter den aktuellen Umständen noch mal eine KV-Lehre machen?
Das, was am Schluss bei der Reform herauskommt, wird sicher besser sein als das, was heute diskutiert wird – und wenn das so ist, dann würde ich sicher wieder eine KV-Lehre machen.
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