Firmenpleite der Piatti + BürginIn Dietlikon endet eine Ära
Fünf Jahre nach dem Küchenbauer Bruno Piatti geht die Baufirma Piatti + Bürgin Bau AG in Konkurs. Über 40 Mitarbeitende verlieren ihre Stelle.

Auf der Homepage der Piatti + Bürgin Bau AG deutet nichts auf die missliche Lage des Unternehmens hin, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1920 zurückreichen. In der Sektion «Kontakt» ist neben dem beherzten Appell «Planen Sie Ihren Umbau mit uns» ein Kontaktformular aufgeschaltet. Wer den direkten Draht via Telefon sucht, hört jedoch seit Tagen lediglich ein Freizeichen. Mails bleiben unbeantwortet.
Auf der Suche nach dem Grund für die Stille wird man in einem Eintrag im «Schweizerischen Handelsamtsblatt» (SHAB) vom Montag, 27. März, fündig. Das Konkursgericht des Bezirksgerichts Bülach hat mit Wirkung ab dem 21. März 2023 um 13.45 Uhr den Konkurs über die Gesellschaft eröffnet; diese ist aufgelöst, steht darin zu lesen. Gemäss Auskünften des für Dietlikon zuständigen Konkursamts Wallisellen, das ansonsten keine Informationen zum Fall der Piatti + Bürgin AG erteilt, hat die Firma den Betrieb bereits eingestellt.
Letzteres entspricht dem Ablauf eines Konkursverfahrens. So kann der Schuldner ab der Konkurseröffnung nicht mehr selbst über sein Vermögen verfügen. Von diesem Zeitpunkt an übernimmt das jeweilige Konkursamt das Ruder – und vor allem die Aufgabe, ein Inventar aller Vermögenswerte des Unternehmens aufzunehmen und dessen Wert zu schätzen. Beinhaltet die Konkursmasse genügend flüssige oder leicht liquidierbare Mittel, um die Verfahrenskosten zu decken, beantragt das Amt dem Konkursgericht, ein Konkursverfahren zu eröffnen. Ist das der Fall, erscheint im kantonalen Amtsblatt sowie im SHAB der sogenannte Schuldenruf. Das heisst: Gläubigerinnen haben von da an 30 Tage Zeit, ihre Forderungen beim Konkursamt geltend zu machen.
In Dietlikon kommt kein Bau zum Stillstand
Dietlikons Gemeindepräsidentin Edith Zuber gibt an, von der neusten Firmenpleite auf dem Gebiet der Glattaler Gemeinde erst inoffiziell vernommen zu haben. Mit Giuseppe Ciccarese, dem letzten Inhaber und Geschäftsführer der Piatti + Bürgin Bau AG, habe sie in diesem Zusammenhang noch keinen Kontakt gehabt und könne daher keine Details zum Fall nennen. «Ich kann nur sagen, dass der Konkurs einer solchen Traditionsfirma sehr tragisch ist, für den Inhaber und natürlich für die 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt eine neue Stelle suchen müssen», betont Zuber. «Und: Nach allem, was ich immer wieder höre, ist der Preiskampf in der Baubranche extrem hart. Wenn eine Firma normal kalkuliert, kann sie eigentlich gar nicht mit der Konkurrenz mithalten.» Dass mit der Piatti + Bürgin Bau AG der Name Piatti aus der Dietliker Firmenlandschaft verschwinde, kommentiert sie mit Bedauern: «Auch wenn die Familie schon lange nicht mehr in die Baufirma involviert war, geht hier gerade eine Ära zu Ende.»
Wie sehr der Konkurs die Gemeindefinanzen in Form fehlender Firmensteuer-Einnahmen belasten werde, kann Zuber mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht verraten. Punkto Bauvorhaben gibt die Gemeindepräsidentin indes Entwarnung. Im Gegensatz zur Vergangenheit, als die Piatti + Bürgin Bau AG etwa am Neubau der Sporthalle Hüenerweid oder dem Umbau des Hallenbads Aqua Life mitgewirkt hat, befänden sich in Dietlikon aktuell keine öffentlichen Gebäude mit Beteiligung der Konkursfirma noch im Bau. «Die Firma hat immer wieder bei uns offeriert und an grossen Festen in der Gemeinde mitgeholfen», ergänzt Zuber, «das fällt nun auch weg.»
Ein Problem für die Älteren
Die regionale Sektion der Gewerkschaft Unia erfuhr dagegen vor rund einer Woche durch dort angestellte Mitglieder vom Konkurs in Dietlikon. Noch am selben Tag habe auch die Geschäftsleitung der Piatti + Bürgin Bau AG selbst die Gewerkschaft kontaktiert, schildert Nicole Niedermüller. «Dazu sind die Bauunternehmen im Konkursfall gemäss dem landesweiten Mantel-Tarifvertrag verpflichtet», erklärt die Leiterin Kommunikation der Unia Zürich-Schaffhausen. «Überhaupt haben sich unsere zuständigen Gewerkschaftssekretäre vergewissert, dass die Piatti + Bürgin AG alles unternimmt, um ihren Pflichten gegenüber den Mitarbeitenden nachzukommen.»
«Es handelt sich um eine seriöse Firma, das muss man in dem Zusammenhang betonen.»
Dies bedeute unter anderem, Löhne für die kommenden Monate bis zum Ablauf der Kündigungsfristen auszuzahlen oder Ferienansprüche zu vergelten. Löhne aus den vergangenen Monaten stehen gemäss Unia-Informationen indes nicht aus. «Es handelt sich um eine seriöse Firma, das muss man in dem Zusammenhang betonen», sagt Niedermüller. Hält sich der Schaden für die über 40 vom Konkurs betroffenen Angestellten der Piatti + Bügin Bau AG somit in Grenzen?
«Obwohl die Baubranche seit 20 Jahren boomt und überall Fachkräfte gesucht werden, ist es für die älteren Kollegen oft schwierig, eine reguläre neue Stelle zu bekommen, wenn sie einmal arbeitslos werden», antwortet Niedermüller. «Der Trend in den letzten Jahren geht dahin, dass über 50-Jährige in einem Fall wie diesem häufig in einem Temporärbüro landen. Dieses vermittelt sie auf Baustellen, auf denen sie dann dieselbe Arbeit machen wie vorher, aber zu viel schlechteren Bedingungen.» Neben drastischen Lohneinbussen blühten den Betroffenen schlechtere Sozialleistungen und ein deutlich schwächerer Kündigungsschutz.
«Die Älteren werden zu wenig geschätzt, sie gelten als zu langsam und zu wenig zupackend – obwohl sie etwaige körperliche Nachteile in der Regel durch ihre grosse Erfahrung wettmachen», fügt Niedermüller an. Um die jüngeren Maurerinnen oder Schaler, die infolge des Konkurses in Dietlikon ihre Stelle verlieren, mache sie sich indes keine grösseren Sorgen. «Auch die Lehrlinge dürften ihre Ausbildung ohne grösseren Unterbruch fortsetzen können – sie werden ja händeringend gesucht», ergänzt sie.
In einer früheren Version dieses Artikels stand in einer Bildlegende, der Werkhof der Piatti und Bürgin AG falle in die Konkursmasse. Auf dem Bild zu sehen waren auch das Gebäude, Fahrzeuge und das Firmenlogo der Pit-Lane GmbH. Korrekt ist: Das Grundstück, auf dem sich der Werkhof befindet, gehört nicht der konkurzsiten Piatti und Bürgin AG. Die Pit-Lane GmbH ist somit nicht betroffen – auch nicht indirekt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.