Wellness in ÖsterreichIschgl macht Dampf
Ischgl hat Hunderte Pistenkilometer und die besten Après-Ski-Partys. Und nun auch noch eine 75-Millionen-Euro-Therme. Will sich das Tiroler Bergdorf ein neues Image verpassen?

In Ischgl haben sie es nicht so mit den leisen Tönen. Es soll knallen. Bäng. Sie wollen weit über die Landesgrenzen hinaus wahrgenommen werden. Thomas Köhle, der neue Tourismuschef, nennt es auch den Ischgler-Style: «Wenn wir was machen, dann richtig und möglichst so, dass wir die Leute zum Staunen bringen.»
Dazu bedient man sich gerne internationaler Stars. An Ostern kommt Sido, der König des Deutschrap; zum Saisonfinale Ende April dann die Italo-Rock-Ikone Eros Ramazzotti. Skifahren allein genügt eben nicht mehr, das haben sie in Ischgl schon früh erkannt.
Dabei kann man sich auf den Pisten herrlich verweilen: 239 Kilometer lang ist das Netz der Silvretta Arena und umfasst 45 Lifte und Bahnen. Es zählt damit zu den grössten in Österreich. 96’500 Personen können pro Stunde befördert werden. Schneemisere ist kein Thema. Ein Grossteil der Pisten liegt auf 2000 Metern und höher. Manche zieht es aber nicht deswegen in das einst beschauliche Tiroler Dorf, sondern wegen der Après-Ski-Partys. Nirgendwo sonst wird im Alpenraum so ausgelassen gefeiert. «Relax, if you can», hiess der Slogan lange Zeit: Ruhe dich aus, wenn du kannst.
Welche Sauna darfs denn sein?
Zumindest gibt es jetzt zum Entspannen die richtige Adresse. Anfang Dezember hat die Silvretta Therme geöffnet. Auch sie im Ischgler-Style. Das Gebäude ist ein Koloss, der sich aber erstaunlich gut in die dem Dorf gegenüberliegende Talseite einfügt. XXL ist auch innen angesagt. Über zwei Gebäude und fünf Stockwerke erstrecken sich die Anlagen: Es gibt eine Eventsauna, Bergkräutersauna, Panoramasauna, Zollhüttensauna, Bio-Zirbensauna, dazu Aussenbecken, Tauchbecken, Kneippanlage, Infrarotkabinen, Schneegrotte, Saunagarten. Wem dies zu viel ist, der kann für sich und seine Freunde eine eigene Sauna mieten – Badewanne mit Instagram-Moment inklusive.

Ergänzt wird das Angebot durch diverse Pools innen und aussen, eine Kunsteisbahn, die rund um das Gebäude und durch einen 250 Meter langen Tunnel führt, einen Mehrzweckraum sowie diverse Restaurants … Wohlfühlklima im Überfluss.

Verantwortlich für den Betrieb ist Andreas Ramsauer. Er ist Geschäftsführer der Silvretta Therme Ischgl und war zuerst einmal beeindruckt, als er im Mai 2022 anfing: Trotz Pandemie und einer komplett ausgefallenen Wintersaison hielt die Silvrettaseilbahn AG, die die Therme in Auftrag gab, am Projekt fest. «Es war das einzig Richtige, auch wenn die Bahn damit ein erhebliches Risiko einging. Niemand konnte damals sagen, wie schnell wir wieder zur Normalität zurückkehren würden», sagt Ramsauer. «Hätte man damals den Bau unterbrochen und das Projekt nach Corona neu lanciert, wäre das die Firma wegen der Inflation teuer zu stehen gekommen.» Wobei teuer ein relativer Begriff ist. Gerade in Zusammenhang mit der Silvrettaseilbahn AG.
Die Saison dauert jetzt einen Monat länger
75 Millionen Euro kostete die Therme letztlich. Es ist die grösste Einzelinvestition in der Geschichte der Silvrettaseilbahn AG. Doch sie kann solche Projekte problemlos finanzieren. Die Kassen sind prall gefüllt. Auf gut 296 Millionen Euro belaufen sich die Reserven. Anteilscheine werden fast ausschliesslich nur unter Einheimischen gehandelt. Dividendenauszahlungen sind nicht vorgesehen, auch nicht in Spitzenjahren. Der Überschuss wird konsequent für den Ausbau und die Erneuerung des Tourismusangebots verwendet. Eine solche Investition in die Zukunft stellt laut den Verantwortlichen auch die Therme dar: Sie soll Ischgl helfen, die Saison zu verlängern. «Dank der Therme dauert die Sommersaison künftig einen Monat länger. Denn wir können den Gästen jetzt ja auch bei kaltem oder regnerischem Wetter noch mehr bieten», sagt Tourismuschef Köhle.

Zudem werte sie das Angebot im Winter noch weiter auf. Und dies ist nicht abwegig, trotz 239 Pistenkilometern. «Rund 30 Prozent der Gäste, die im Winter zu uns kommen, gehen gar nicht auf die Piste. Sie nutzen lieber die Winterwanderwege oder die Langlaufloipen. Mit der Therme erhalten sie ein zusätzliches Angebot», sagt Köhle.
Also kein Ende der Pistengaudis? «Weshalb sollten wir?», sagt er und schiebt nach: «Seien wir ehrlich: Gibt es einen besseren Ort als Ischgl für eine tolle Après-Ski-Party?» Sie wissen sich in Ischgl gut zu verkaufen. Das tun sie auch mit der Therme. Dem Zeitgeist entsprechend liegt der Fokus auf der Nachhaltigkeit. Die Verantwortlichen verweisen dabei gern auf das Erdwärmesystem. 37 Sonden mussten dazu in den Boden gerammt werden. Das führte zu Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro, zahlt sich jetzt aber aus. Dank der Erdsonden kann die Therme im Gegensatz zu anderen weitgehend ohne fossile Brennstoffe beheizt werden.
Aber nur weitgehend.
Ausnahme sind etwa die Schwimmbecken. Für diese – und bei Spitzenbelastungen der Therme – steht eine Gasheizung zur Verfügung. Um einen Beitrag gegen eine drohende Energiemangellage zu leisten, wurden die beiden Pools auf dem Dach vorerst nicht in Betrieb genommen. Man könne damit rund ein Drittel des Energieaufwands reduzieren, wird betont. Von den Gästen wird dies bislang goutiert.
Mehr zu reden geben die Eintrittspreise. Der Zutritt wird über ein dynamisches Preissystem geregelt. Ausschlaggebend sind der Buchungszeitpunkt sowie die Auslastung. Wer sich nicht frühzeitig ein Ticket sichert, muss bis zu 70 Euro für Sauna und Therme hinlegen. Entspannung hat eben seinen Preis.
Silvretta Therme Ischgl, Therme und Sauna täglich von 10 bis 23 Uhr, Eisbahn bis 21 Uhr. Dynamische Eintrittspreise und weitere Infos: silvrettatherme.at
Die Reise wurde vom Tourismusverband Paznaun-Ischgl unterstützt.
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