Neues Formel-1-FormatJetzt gibt es auch Samstagsrennen – Hamilton mags nicht
Erstmals entscheidet nicht das Qualifying über die Startaufstellung, sondern ein Sprint. Die neuen Chefs erhoffen sich mehr Action. Nicht alle finden das eine gute Idee.

Es hat sich viel verändert in der Formel 1, seit der US-Medienkonzern Liberty Media vor vier Jahren die Geschicke vom 87-jährigen Bernie Ecclestone übernahm. Die sozialen Medien sind zur funkelnden Werbeplattform geworden, vor den Rennen ertönt die Formel-1-Titelmelodie, danach wird online der «Fahrer des Tages» gewählt. Und seit 2019 generiert die Netflix-Serie «Drive to Survive» immer neue, meist junge und auch weibliche Fans. Die Richtung ist klar: Die Formel 1 soll moderner, attraktiver, sexyer werden.
Nur etwas ist bis jetzt gleich geblieben: der Rennablauf. Das ändert sich an diesem Wochenende. Über die Startaufstellung des GP von Grossbritannien entscheidet erstmals kein Qualifying, sondern ein Sprintrennen.
Die Bosse sind entzückt: ein kurzes Rennen für die immer kürzere Aufmerksamkeitsspanne. Action! Attraktivität! Mann und Maschine am Limit!
Doch nicht alle sind ob dieser neuen Idee so enthusiastisch.
Wie funktioniert das Ganze?
Am Freitagabend (19 Uhr) wird ein Qualifying im bekannten Format gefahren. Dieses bestimmt die Startaufstellung für das Sprintrennen am Samstag (17.30 Uhr). Das Sprintrennen ist 100 km lang, das sind in Silverstone 17 Runden, die sind in gut 30 Minuten absolviert. Boxenstopps sind nicht vorgesehen, die Autos haben rund 40 kg Sprit im Tank, und es gibt keine Verbindung zum Kommandostand. Die Fahrer sind auf sich allein gestellt.
Der Sieger erhält 3 Punkte für die WM-Wertung, der Zweite 2 und der Dritte einen. Am Sonntag wird nach der Rangliste des Sprints gestartet.
Warum machen sie das?

Formel-1-Sportchef Ross Brawn ist begeistert: «Wir haben jeden Tag einen Höhepunkt. Am Freitag die Qualifikation, am Samstag den Sprint, am Sonntag den Grand Prix.» Das bedeutet natürlich auch: Die Chefs der Königsklasse haben jeden Tag ein Highlight, das sich verkaufen lässt.
In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Rennen gefahren. Diese Saison sollen es 23 werden. Das ist lukrativ – die Formel 1 erhält Gelder von den Austragungsorten, sie kann mit mehr Grands Prix mehr Geld durch Hospitality generieren, und mehr Rennen versprechen auch mehr TV-Gelder.
Doch die Zitrone ist langsam ausgepresst – 23 Rennen quer über den Erdball verteilt verursachen bei den Teams auch horrende Kosten. Sprintrennen scheinen darum die elegante Lösung: mehr Rennen für wenig Mehraufwand.
Was sagen die Betroffenen dazu?
So toll die Rechteinhaber ihre neue Idee finden – nicht alle sind gleicher Meinung. Jean Todt, Präsident des Automobilweltverbandes FIA, sagt: «Ich glaube nicht, dass die Formel 1 das braucht.» Er hat vor allem Angst, dass dadurch der GP vom Sonntag abgewertet wird.
Und es gibt auch Leute, die daran zweifeln, dass das Ganze wirklich so spektakulär wird wie versprochen. Siebenfachweltmeister Lewis Hamilton etwa geht von einer Prozession aus. «Ich könnte mir vorstellen, dass wir einen Schnellzug erleben werden, mit Autos, die einander einfach folgen.» Er erwartet «keine aufregende Sache».
Findet es irgendjemand gut?

Ja, es gibt auch Protagonisten, die freuen sich. Charles Leclerc zum Beispiel. Dem Ferrari-Piloten gefällt, dass er das Auto für einmal richtig ans Limit treiben kann – ohne Rücksicht auf Benzinverbrauch und Reifenverschleiss. Und auch Altmeister Fernando Alonso mag, dass etwas Würze in das Rennwochenende kommt: «Wir mögen alle den Start, nun haben wir zwei davon.»
Und, ja: Ross Brawn findet es auch ganz toll.
Lösen jetzt die Sprints das Qualifying ab?
Diese Saison ist noch in Monza ein Sprintrennen geplant sowie bei einem der Überseerennen (wohl entweder in den USA oder in Brasilien). Danach wird Liberty Media eine Auswertung machen, wie das neue Format bei den Beteiligten und natürlich auch den Fans angekommen ist.
Um den Puls der Zuschauer zu fühlen, werten sie vor allem die Kommentare auf den Social-Media-Kanälen aus.
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