«Kamikaze«-Taubenzüchter angeklagt
In Dielsdorf sitzt Anfang Juli ein Taubenzüchter auf der Anklagebank, der mit einer so genannten «Kamikaze«-Taube einen Greifvogel vergiftet haben soll.

In den vergangenen Jahren wurden im Raum Zürich gleich mehrere geschützte Greifvögel tot aufgefunden, die höchstwahrscheinlich von Taubenhaltern vergiftet wurden. Sie töten Wanderfalken und Habichte, weil diese gelegentlich einen ihrer Schützlinge vom Himmel holen.
In einem Fall wurde das Sterben eines Greifvogels sogar von einer Kamera festgehalten. In der Stadt Zürich verendete im Mai 2011 ein Wanderfalken-Weibchen vor laufender Webcam, nachdem es auf dem Anflugbrett am Hochkamin Josefstrasse eine Taube gerupft hatte.
Nun konnte die Polizei einen mutmasslichen Täter ermitteln. Es handelt sich um einen 42-jährigen Mazedonier aus dem Zürcher Unterland, der rund 200 Tauben besitzt. Um seine Tiere vor Greifvogel-Angriffen zu schützen, soll er mindestens eines seiner Tiere als so genannte «Kamikaze-Taube» geopfert haben.
Gift im Nacken
Gemäss Anklageschrift besorgte er im August 2015 in Serbien das illegale, hochgiftige Pflanzenschutzmittel Carbofuran und schmierte dieses auf den Nacken seiner «Kamikaze-Taube». So präpariert soll er die Taube dann fliegen gelassen haben. Damit sie nicht zurück in den Taubenschlag konnte, versperrte er ihr den Eingang.
Sein Plan funktionierte: Ein Habicht erwischte den gestressten Köder und machte sich in einem Garten in Niederglatt über ihn her. Noch während der Habicht die Taube rupfte, nahm er so viel Carbofuran auf, dass er an Atemlähmung starb.
Elf Monate Freiheitsstrafe
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung wegen Tierquälerei und wegen Vergehens gegen das Chemikalien- und das Umweltschutzgesetz, weil das Pflanzenschutzmittel auch für Menschen und dabei insbesondere für Babys hätte gefährlich werden können.
Auch abgesehen von der «Kamikaze«-Aktion geht der Mazedonier aber nicht sehr pfleglich mit Tieren um: Seine Taubenschläge sind gemäss Anklageschrift verdreckt und überfüllt. In einer Anlage, die für knapp 60 Tiere konzipiert ist, hält er fast 200.
Dass es sich bei diesen Straftatbeständen keineswegs um Kavaliersdelikte handelt, zeigt der Antrag der Staatsanwaltschaft: Sie fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von 11 Monaten sowie eine Busse von 4000 Franken. Sechs Wochen sass der Mann bereits in Haft.
Langzeitflüge bis 22 Stunden
Seit Jahren gibt es in der ganzen Schweiz immer wieder Meldungen über vergiftete Wanderfalken und andere Greifvögel. Es ist aber das erste Mal, dass ein Beschuldigter vor Gericht landet, wie es beim Schweizerischen Vogelschutz (SVS) auf Anfrage hiess.
Gemäss Informationen des SVS ist in der Schweiz eine Taubenzüchter-Szene aus dem Balkan aktiv, die Flugtippler hält. Diese Tiere sind auf Langzeitflüge von bis zu 22 Stunden trainiert. Gegen Greifvögel wollen einige Züchter gemäss einem Blog-Eintrag sogar «Krieg bis zur Ausrottung» führen.
Geht das Vergiften weiter, dürfte dieses Ziel zumindest bei den Wanderfalken bald erreicht sein: In der Schweiz leben nur 250 bis 300 Brutpaare. Im Raum Zürich kann man sie an einer Hand abzählen.
Tierschutz fordert Wettflug-Verbot
Neben den vergifteten Greifvögeln sind auch die Tauben oft Opfer fehlender Tierliebe. Gemäss Angaben des Schweizer Tierschutzes (STS) handelt es sich bei einigen Tippler-Arten um Qualzuchten mit einer Stoffwechselstörung. Diese Störung ist der Grund, weshalb sie während ihrer langen Zeit in der Luft waghalsige Salti schlagen.
Bei illegalen Wetten wird nicht nur bewertet, wie lange die Tiere in der Luft bleiben, sondern auch wie häufig sie sich überschlagen. Der STS fordert deshalb ein Verbot von Tippler-Wettflügen.
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