Goldrausch in den NiederlandenKarte aus Nazi-Zeit lockt Schatzsucher ins verschlafene Ommeren
Es ist eine Geschichte, die angeblich 1944 begann. Es geht um eine Skizze und möglicherweise kostbaren Schmuck – wenn man ihn denn findet.

Eine Karte mit einem roten Buchstaben X, die angeblich den Ort einer versteckten Nazi-Goldschmuckbeute zeigt, hat eine Schatzsuche in einem kleinen niederländischen Dorf ausgelöst. Nachdem die Zeichnung am 3. Januar erstmals veröffentlicht worden war, strömten Möchtegern-Millionäre in das 715-Seelen-Dorf Ommeren etwa 80 Kilometer südöstlich von Amsterdam, ausgerüstet mit Metalldetektoren, Schaufeln und einer Kopie der Zeichnung auf ihren Handys.
Das mehr als 75 Jahre, nachdem der angeblich aus einem zersprengten Banktresor stammende geplünderte Schmuck dort vergraben worden sein soll. «Ja, es sind natürlich spektakuläre Nachrichten, die das ganze Dorf gepackt haben», sagte Einwohner Marco Roodvelt. «Aber nicht nur unser Dorf, auch Menschen, die nicht von hier kommen.» Alle möglichen Leute hätten an Stellen zu buddeln begonnen, «wo sie glauben, dass der Schatz vergraben ist», erzählt er.
Dabei war nicht unmittelbar klar, ob die Behörden die Beute beschlagnahmen könnten, wenn sie gefunden würde, oder ob der Finder sie behalten dürfte. Bislang hat niemand gemeldet, irgendetwas entdeckt zu haben.

Die Jagd nach dem Schatz begann, als das niederländische Nationalarchiv wie jedes Jahr Anfang Januar Tausende Dokumente veröffentlichte, die dann von Historikern studiert werden. Die Öffentlichkeit nahm von den meisten Papieren keine Notiz, aber eine Skizze von einer Landstrassen-Gabelung und eine andere mit einem roten X am Fusse eines von drei Bäumen wurden zu einem unerwarteten viralen Hit – und unterbrachen die winterliche Ruhe in Ommeren.

«Wir sind ziemlich erstaunt über die Geschichte an sich, aber auch über die Aufmerksamkeit, die sie erregt hat», sagt Forscherin Annet Waalkens vom niederländischen Nationalarchiv.

Die Kommunalverwaltung von Buren, unter die Ommeren fällt, veröffentlichte auf ihrer Webseite eine Erklärung mit dem Hinweis, dass Metalldetektoren in ihrem Einzugsgebiet verboten seien und wies darauf hin, dass hier im Zweiten Weltkrieg eine Frontlinie verlaufen sei. «Dort zu suchen ist gefährlich, wegen möglicher nicht explodierter Bomben, Minen und Granaten. Wir raten davon ab, nach dem Nazi-Schatz zu suchen.»

Es war indes nicht das erste Mal, dass in der Gegend nach dem mutmasslichen Vermögen gebuddelt wurde. Waalkens zufolge begann die Geschichte im Sommer 1944 in der seinerzeit von den Nazis besetzten Stadt Arnheim, als eine Bombe eine Bank traf, ihren Tresorraum sprengte und den Inhalt – darunter Goldschmuck und Bargeld – auf der Strasse verstreute. In der Nähe stationierte deutsche Soldaten hätten in ihre Taschen gestopft, was sie konnten, und die Beute dann in Munitionskisten aufbewahrt.
«Und sie begruben es genau dort»
Als sich der Zweite Weltkrieg 1945 dem Ende näherte, wurden die deutschen Besatzer von den Alliierten zurückgedrängt. Die in Arnheim stationierten Soldaten fanden sich in Ommeren wieder und beschlossen, die Beute zu begraben, wie Waalkens erzählt. Es habe sich unter anderem um vier Munitionskisten und etwas Schmuck gehandelt, der in Taschentücher gebunden aufbewahrt worden sei. «Und sie begruben es genau dort», sagt sie und zitiert damit die Angaben eines deutschen Soldaten, der nach dem Krieg von niederländischen Militärvertretern in Berlin vernommen worden und verantwortlich für die Karte war.
Das Archiv weiss nicht, ob der Soldat noch am Leben ist und hat seinen Namen mit Hinweis auf EU-Regeln zum Schutz der Privatsphäre nicht veröffentlicht.
Gesucht wurde schon 1947
Niederländische Stellen machten sich Waalkens zufolge an Hand der Karte und der Schilderungen des Soldaten 1947 auf die Suche nach der Beute. Beim ersten Versuch war die Erde fest gefroren, und sie kamen nicht voran. Sie kehrten dann nach Tauwetter zurück und fanden nichts, wie Waalkens erzählt. Der deutsche Soldat habe angesichts des gescheiterten Versuches gesagt, «er glaube, dass jemand anders bereits den Schatz ausgegraben hat».
Aber das wurde von den Schatzsuchern, die nach der Veröffentlichung der Karte im Januar Ommeren heimsuchten, weitgehend ignoriert.

DPA
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