Geldberater: Der Marktschrei(b)erKiosk- und Brezelkonzern Valora macht hungrig
Das Conzzeta-Management überzeugt +++ SAP-Aktien sind günstig wie nie +++ Siegfried legt die Basis für neue Angebote

Valora: Kaufen
Die Aktien von Valora hatten vor der Corona-Pandemie ihren Reiz. Der Kiosk-, Avec- und Brezelkonzern ist innovativ und stemmte sich mit Erfolg gegen die Flaute im Detailhandel. Doch die ausbleibenden Pendler – Stichwort Homeoffice – sorgten in den vergangenen Monaten für einen beispiellosen Einbruch des Geschäfts. Deshalb kam es auch nicht überraschend, dass Valora zuletzt über eine Kapitalerhöhung 70 Millionen Franken aufnahm. Das gefällt mir: Besser frühzeitig die finanzielle Basis stärken, als wenn es zu spät ist. Niemand weiss, wie sich die Fallzahlen in den Hauptmärkten Schweiz und Deutschland entwickeln werden. Weniger schön finde ich, dass Privatanleger an der Kapitalerhöhung nicht mitmachen konnten. Das Manöver blieb professionellen Investoren vorenthalten. Alle anderen Aktionäre müssen mit einer Gewinnverwässerung von 10 Prozent leben. Die Erholung des Geschäfts wird lang und holprig. Bis das alte Profitabilitäts- und Dividendenniveau wiederhergestellt ist, dauert es mindestens drei Jahre. Trotzdem finde ich die Aktien auf dem jetzigen Stand bei 170 Franken immer noch zu günstig. Bis 200 Franken sind sie attraktiv, dann wird die Luft allmählich dünn. Kaufen
Conzzeta: Abwarten
Ich war gespannt, was Conzzeta am Capital Markets Day präsentieren würde. Versprochen waren Wachstumsprognosen für die einzige Sparte, die Conzzeta behalten will: das Blechmaschinengeschäft Bystronic. Das hatte in der Vergangenheit die besten Resultate geliefert und wird nun dafür belohnt. Das Unternehmen steckt die ganze Kraft in diesen Bereich und verkauft den Rest, darunter auch die Outdoor-Marke Mammut. Doch dann war ich etwas enttäuscht. Bystronic blieb in ihren Prognosen zurückhaltend. Man will bis 2025 jährlich mehr als 5 Prozent wachsen, und die Betriebsgewinnmarge soll mindestens 12,5 Prozent erreichen. In den vergangenen fünf Jahren ist Bystronic organisch aber schneller gewachsen, etwa 7 Prozent, und die Marge betrug 2019 fast 13 Prozent. Der Auftritt des Managements am Capital Markets Day war dennoch eindrücklich; das sind gute Leute. Und die Marktposition ist stark, es können laufend Marktanteile gewonnen werden, auch von grösseren Mitbewerbern. Das alles hinterliess bei mir den Eindruck, dass die Zielwerte wohl recht vorsichtig formuliert sind. Conzzeta-Papiere gehören zu den Aktien, die beim nächsten Kursrückschlag kaufenswert sind. Abwarten
SAP: Kaufen
Die Softwareschmiede SAP ist Ende Oktober an der Börse übel abgestraft worden. Das bis dahin grösste Unternehmen im deutschen Aktienindex DAX verlor über ein Drittel seines Börsenwerts. Das waren mehr als 30 Milliarden Euro. Der Grund: Die für das laufenden Geschäftsjahr anvisierten Ziele für Umsatz und Gewinn wurden wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie leicht nach unten korrigiert. Parallel kündigte das Unternehmen umfangreiche Investitionen an, die die hohe Gewinnmarge in den kommenden zwei Jahren um ein paar Prozentpunkte nach unten drücken werden. Ich halte die Marktreaktion für übertrieben, denn gleichzeitig hat SAP eine Schärfung der Strategie in Aussicht gestellt. Die Investitionen fliessen in die Entwicklung neuer Cloud-Lösungen, die von den Kunden immer stärker nachgefragt werden. Zudem soll eine harmonisierte Infrastruktur für den Cloud-Betrieb schneller als geplant bereitgestellt werden. Homeoffice, mobiles Arbeiten und datengestützte Geschäftsmodelle sind stabile Trends, die der Softwarehersteller besser als bis anhin bedienen will. Damit beschleunigt er sein Wachstum aus eigener Kraft. Nach dem unerwarteten Kursrutsch ist SAP so preiswert wie lange nicht mehr. Das wird auf Dauer nicht so bleiben. Kaufen
Siegfried: Kaufen
Siegfried habe ich ein bisschen verpasst. Der Kurs des Pharmaauftragsfertigers hat dieses Jahr rund ein Drittel zugelegt. Vor allem seit er im September einen Auftrag zur Abfüllung des Corona-Impfoffs von Biontech und Pfizer sowie den Kauf zweier Werke von Novartis bekannt gegeben hat, ist es steil aufwärtsgegangen. Zuvor sind die Titel hinter Branchenkonkurrenten wie Lonza zurückgeblieben, auch weil die Halbjahreszahlen nicht berauschend waren. Mit einem für nächstes Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 26 sind die Papiere nach wie vor günstiger. Kurzfristig weisen sie weitere Corona-Fantasie auf, da ähnliche Aufträge zur Abfüllung von Medikamenten folgen dürften. Mittel-und langfristig werden die erworbenen Kapazitäten zum Umsatz- und Gewinnwachstum beitragen. Diese Kapazitäten scheinen sehr gut zum bestehenden Produktionsnetzwerk zu passen. Das Unternehmen wird dadurch auch in die Lage versetzt, den Kunden Angebote unterbreiten zu können, die bisher nicht möglich waren. Der Kurs ist zwar schon deutlich gestiegen, Siegfried ist in den vergangenen zehn Jahren aber stetig gewachsen und hat nun die Basis für weiteres Wachstum gelegt. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung.
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