
Beim Anschauen älterer Filme und Fotos erfasst einen subtiles Gruseln, wenn man plötzlich vorgeführt bekommt, wie normal, anständig, charmant früher Angewohnheiten waren, die uns heute inakzeptabel erscheinen.
Durchs Fernsehstudio wabernder Zigarettennebel bei Diskussionssendungen, dazu eine sich rapide leerende Weissweinkaraffe. Kinder auf dem Autorücksitz, genauso wenig angegurtet wie der Fahrer. Beim Tête-à-Tête im Restaurant bezahlt immer der Mann.
Das Coronavirus hat über Nacht auch filmische und fotografische Erzeugnisse, die noch kein Jahr alt sind, einem Befremdungseffekt ausgesetzt.
Je kürzer der Auslöser solcher Kopfschüttel-Impulse zurückliegt, desto verstörender. Dass sich die Tempelritter aus heutiger Sicht oft daneben benommen haben, geschenkt. Aber Personen aus einer Zeit, die man vielleicht selber noch erlebt hat? Also wir selber?
Das Coronavirus hat über Nacht auch filmische und fotografische Erzeugnisse, die noch kein Jahr alt sind, diesem Befremdungseffekt ausgesetzt. Hände schütteln. Küsschen zur Begrüssung – verwegener als jeder Hochrisikosport. Grosser Kindergeburtstag und alle singen ein Lied – Superspreader-Event!
Küssen als das neue Rauchen? Das darf nicht sein. Das Coronavirus ist nicht besiegt, wenn es einen Impfstoff gibt. Sondern dann, wenn wir bei einer Umarmung auf dem Bildschirm nicht mehr innerlich erschauern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Kommentar zu Corona-Folgen – Küssen ist das neue Rauchen
Das Virus ist erst besiegt, wenn wir bei Bildern von küssenden Menschen nicht mehr zusammenzucken.