Kultur und Gesellschaft im Islam hinterfragen
Die Erwachsenenbildung der Pfarreien Dielsdorf und Niederhasli luden die promovierte Islamwissenschaftlerin Monika Winet ein, um über die Vielfalt des islamischen Kulturraumes zu erzählen. Gut 90 Personen kamen nach Dielsdorf und Niederhasli. Kritische Fragen blieben aber nicht aus.

Der islamische Kulturraum umfasst nicht nur die Religion, sondern die ganze Zivilisation der islamischen Länder. Die Referentin, Monika Winet versuchte aufzuzeigen, dass der Islam nie überall gleich sei. Der Islam sei, wie auch das Christentum, von verschiedenen Kulturen geprägt. Für beide Religionen gäbe es jeweils gleiche Glaubensinhalte und Riten aber auch Unterschiede. Sie nannte es eine Vielfalt in der Einheit.
Arabische Welt bewahrt das antike Erbe
Eindrücklich zeigte Winet die Einflüsse der arabischen Welt auf Kultur, Kunst Sprache, Wissenschaft und Medizin im Mittelalter auf. Im 8. Jahrhundert wurden antike wissenschaftliche Arbeiten vom Griechischen ins Arabische übersetzt. Diese fanden den Weg nach Europa, wurden ins Lateinische übersetzt und dienten noch Jahrhunderte lang den europäischen Gelehrten als Grundlage für wissenschaftliches Arbeiten.
Araber waren Begründer der Algebra und führten die Zahlenziffern ein, was unser heutiges Rechnen erst ermöglicht. Viele deutsche Wörter, wie Gitarre, Risiko, Tasse, Zucker oder Papagei sind arabischen Ursprungs. Und es war ein Araber, der 1154 die erste Weltkarte zeichnete und damit die Grundlagen für die Seekarten im Mittelalter legte.
Islamisches Rechtverschieden auslegen
Winet legte den Fokus bewusst auf die kulturelle Vielfalt und die Errungenschaften des Islam. Die Zuhörer hielt dies aber nicht davon ab kritische Fragen zur heutigen Zeit zu stellen. «Ist ein Moslem an die Scharia gebunden und wie steht dies im allfälligen Konflikt zu unserem Rechtssystem?» wollte ein Zuhörer wissen. Die Referentin erklärte, dass die Scharia als Gesamtbegriff für das islamische Recht den Ursprung zwar im Koran und in der Sunna hätten und somit göttlichen Ursprungs seien, dies aber kein Widerspruch sein müsse, zu unserem Rechtsystem.
Denn durch die vier gleichberechtigten islamischen Rechtsschulen seien verschiedene Auslegungen des islamischen Rechts möglich. Eine Zuhörerin widersprach vehement und erzählte, dass ein ihr bekannter Moslem sein Gesetz über alles stelle und für ihn das Schweizer Gesetz nicht gelte. Monika Winet betonte mit Nachdruck, dass es für sie selbstverständlich sei, dass sich jeder Mann und jede Frau an die hiesigen Gesetze zu halten habe.
Eine weitere Frage aus dem Publikum hatte die Entwicklung der Frauenfeindlichkeit als Inhalt. Die Islamwissenschaftlerin erläuterte, dass es bis ins 7. Jahrhundert Biographien von Frauen gegeben habe, die aktiv und emanzipiert in der Gesellschaft mitwirkten. Politische und patriarchalische Strukturen hätten aber zu anderen Entwicklungen geführt. Heute kämpften viele Frauen in islamischen Ländern für ihre Rechte. Es seien unterschiedliche Prozesse am Laufen – und es gebe auch Rückschläge.
Winet, welche für das Studium der arabischen Sprache längere Zeit in Damaskus und Iran lebte, lernte die Menschen in ihrem Alltag kennen und erlebte, dass selbst innerhalb einer Familie es nicht den Islam gebe, sondern dass dieser in unterschiedlichsten Facetten gelebt werde – von der jungen Tochter ohne Kopftuch bis hin zu ihrem Bruder, der den Handschlag mit einer Frau verweigere. Aber alle seien meist bereit für ein offenes Gespräch.
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