Korruptionsskandal in der EUMedien: Verdächtiger legt Geständnis ab
Der italienische Parlamentsmitarbeiter Francesco Giorgi, der Lebensgefährte der abgesetzten Vizepräsidentin des Europaparlaments, hat etwas Licht in die Korruptionsaffäre gebracht.

Im Korruptionsskandal um das Europaparlament hat einer der Verdächtigen in Untersuchungshaft Medienberichten zufolge ein Geständnis abgelegt.
Der Lebensgefährte der abgesetzten Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, habe zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Katar und Marokko benutzt worden sei, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen, berichteten die Zeitungen «Le Soir» und «La Repubblica» am Donnerstag unter Berufung auf Ermittlungsdokumente.
Die belgische Justiz ermittelt wegen mutmasslicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland im Umfeld des Europaparlaments. Seit Freitag wurden sechs Verdächtige festgenommen, von denen zwei wieder auf freiem Fuss sind. Der Termin der Haftprüfung von Eva Kaili wurde auf nächste Woche verschoben.
Die belgischen Ermittler werfen Kaili sowie drei weiteren in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen «Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption» vor. Katar soll mindestens 1,5 Millionen Euro gezahlt haben, um Entscheidungen im EU-Parlament zu beeinflussen.
Schuld weitergegeben
Kailis Lebensgefährte, bislang selbst Assistent im Büro eines italienischen EU-Parlamentariers, beschuldigte dem Bericht zufolge den ehemaligen Europaabgeordneten Pier Antonio Panzeri aus Italien, Kopf der mutmasslichen Organisation gewesen zu sein. Beide sitzen weiter in Untersuchungshaft. Seine eigene Rolle sei gewesen, Bargeld zu verwalten, heisst es dem Bericht zufolge weiter in der Aussage. Er sagte demnach weiter, dass zwei Abgeordnete von Panzeri Geld erhalten hätten. Panzeris Anwalt antwortete auf «Le Soir»-Anfrage, er verfüge nicht über diese Informationen.

«Le Soir» und «La Repubblica» berichteten zudem, dass die Ermittlungen sich neben dem Golfstaat Katar auch auf Marokko richten. Im Europäischen Haftbefehl, der vergangene Woche für Panzeris Frau und Tochter ausgestellt worden sei, werde auch Marokko verdächtigt, «bei Abgeordneten des Europäischen Parlaments zugunsten von Katar und Marokko gegen Bezahlung politisch interveniert zu haben». Dabei sei auch der marokkanische Geheimdienst involviert.
Auch Kaili schiebt Schuld Dritten
Auch Eva Kaili hat angegeben, die grosse Menge Bargeld in ihrer Brüsseler Wohnung habe weder ihr noch ihrem Partner, sondern einem Dritten gehört. Das sagte Michalis Dimitrakopoulos, einer ihrer Anwälte, am Mittwochabend dem griechischen TV-Sender Skai.
«Frau Kaili hat ihren Partner gefragt, was für Gelder das seien», sagte Dimitrakopoulos. Der Lebenspartner habe erwidert, dass das Geld jemand anderem gehöre. «Darauf hin hat Frau Kaili gesagt, sie erlaube nicht, dass Gelder, die jemand anderem gehörten, in der gemeinsamen Wohnung aufbewahrt werden.» Aus diesem Grund habe Kailis Vater die Tasche mit Geld an sich genommen und sich auf dem Weg zu einem Hotel gemacht, wo der nicht namentlich genannte Empfänger hätte auftauchen sollen.
Kaili will den Angaben zufolge auf unschuldig plädieren. Einen Teil der Strategie offenbarte Dimitrakopoulos im Interview mit einem weiteren griechischen Sender: «Länder wie Katar, Kuwait oder der Oman hatten keinen Beweggrund, Frau Kaili Geld zu geben, weil sie ihnen nichts zu bieten hatte», sagte er. Geld gebe man, wenn man dafür eine Gegenleistung erhalte. Frau Kaili jedoch habe lediglich die Politik des EU-Parlaments umgesetzt, sagte er dem Sender Open TV am Mittwochabend.
«Weitreichende» Anti-Korruptions-Reformen angekündigt
Als Konsequenz aus dem Korruptionsskandal hat Parlamentspräsidentin Roberta Metsola «weitreichende» Reformen angekündigt. Dazu gehörten ein «Verbot aller inoffizieller Freundschaftsgruppen, eine Überprüfung der Einhaltung unseres Verhaltenskodexes und eine gründliche Überprüfung unserer Beziehungen zu Drittländern», sagte Metsola am Donnerstag nach einer Diskussion mit den europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel.

«Wo es Schlupflöcher gibt, will ich sie stopfen», versprach Metsola. Derweil stimmten die Abgeordneten in Strassburg dafür, alle Beschlüsse zu Katar vorerst auf Eis zu legen. Der nicht bindenden Entschliessung zufolge ist damit unter anderem eine geplante Visa-Erleichterung für Bürger aus Katar gestoppt sowie ein Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und dem Golfstaat.
SDA
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