Abstimmung zur Organspende«Meinem Spender werde ich für immer tief dankbar sein»
Michelle Hug lebt seit zehn Jahren mit einem transplantierten Herz. Jetzt engagiert sie sich im Ja-Komitee zum Referendum über die Organspende.

Für Menschen, die zum Leben ein Spenderorgan benötigen, sollen mehr Organe zur Verfügung stehen. Ein überparteiliches Komitee engagiert sich deshalb für ein Ja zum geänderten Transplantationsgesetz und damit für den Wechsel von der Zustimmungslösung zur Widerspruchslösung.
Für die Ja-Kampagne engagieren sich auch Menschen mit Spenderorgan. Eine von ihnen ist Michelle Hug, die seit zehn Jahren mit einem gespendeten Herz lebt. «Meinem Spender, den ich als meinen Schutzengel bezeichne, werde ich für immer tief dankbar und verbunden sein», sagte sie. «Für jeden Moment, den ich mit meinem Mann, meiner Familie und meinen Freunden verbringen darf.»
Alle sechs Fraktionen des Bundesparlaments sind im Komitee vertreten, das am Montag in Bern vor den Medien seine Kampagne startete und seine Gründe für ein Ja am 15. Mai darlegte. Gäbe es mehr Spenderorgane, müssten Menschen, die ein neues Organ benötigten, weniger lang auf eine Spende warten, macht es geltend.
Komitee: Pro Woche sterben eine bis zwei Personen
Nicht alle haben so viel Glück wie Michelle Hug. 2021 standen nach Angaben des Komitees 1434 Namen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Pro Woche würden eine bis zwei Personen sterben, weil für sie in der Wartezeit kein passendes Organ gefunden werde, schreibt es. In der Schweiz gebe es dreimal so viel Menschen, die auf ein Organ warteten als verfügbare Organe.
Auf ein Herz, eine Lunge oder eine Leber warteten die Betroffenen durchschnittlich ungefähr ein Jahr, auf eine Niere etwa drei Jahre.
Die vom Parlament und Bundesrat beschlossene Änderung des Transplantationsgesetzes bringt einen Paradigmenwechsel: Heute muss, wer nach dem Tod Organe oder Gewebe anderen überlassen will, dies in ausdrücklich so festhalten oder nahe Angehörige darüber informieren, damit sie den Willen der verstorbenen Person mitteilen können.
80 Prozent der Menschen in der Schweiz befürworten laut Komitee eigentlich eine Organspende. Doch müssen nach dem Tod – in einer ohnehin schwierigen und emotionalen Phase – die Angehörigen entscheiden, ob Organe entnommen werden dürfen, sagten sie aus Unsicherheit häufig Nein, argumentiert es.
Angehörige können widersprechen
Neu soll es deshalb umgekehrt sein: Wer nicht spenden will, muss dies zu Lebzeiten ausdrücklich festhalten. Eine automatisches Ja zur Spende bedeutet eine nicht vorliegende Erklärung aber nicht. Liegt keine Willensäusserung vor, werden die Angehörigen über den mutmasslichen Willen des oder der Verstorbenen befragt.
«Es findet in jedem Fall ein Angehörigengespräch statt», führte Nationalrätin Flavia Wasserfallen (SP/BE) dazu aus. Habe die verstorbene Person ihren Willen nicht festgehalten, könnten die Angehörigen einer Spende widersprechen.

Das Komitee erwartet, dass mehr Organe verfügbar sein werden, wenn mit der Gesetzesänderung mehr Menschen ihren Willen äussern und es klarer sein wird, wer spenden will und wer nicht. Denn: «Auch wenn 80 Prozent der Bevölkerung für eine Organspende sind, teilen zu wenige ihren Willen mit», sagte Nationalrat Marco Romano (Mitte/TI).
Rund 16 Prozent der Menschen trügen eine Organspenderkarte auf sich, fügte Manuela Weichelt (Grüne/ZG) hinzu. Etwa 37 Prozent hätten Angehörige über ihren Willen informiert, und gemäss der Stiftung Swisstransplant seien 2 Prozent im Spenderregister eingetragen. «Der Wille der Verstorbenen ist meist unbekannt», sagte Weichelt.
Sie sei überzeugt, dass mit dem Systemwechsel mehr Menschen ihren Willen festhalten würden. Beispielsweise in den Niederlanden, wo eine Widerspruchslösung gelte, hätten drei Viertel der Erwachsenen ihren Willen in ein nationales Register eingetragen.
SDA/so
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