Oliver Buff im InterviewNach zwölf Jahren als Fussballprofi sagt er: «Selber schuld»
Der ehemalige FCZ-Profi Oliver Buff trifft mit dem FK Žalgiris Vilnius auf den FC Basel. Warum spielt er heute vor gerade mal 500 Leuten?

Oliver Buff, ich habe mich bei Ihnen auf Instagram umgesehen. Was ist eine «Sugar Bomb»?
Das war der Hauptsponsor des FC Selangor, meines Vereins in Malaysia. Die stellen Parfüm und Kosmetik her. Ich halte da eine Parfümschachtel in der Hand.
Ach so. Es sieht aus wie ein Schokoladenriegel. Dabei ernähren Sie sich doch nach dem Paleo-Prinzip, also wie ein Mensch aus der Steinzeit, ohne Zucker.
Das habe ich ausprobiert. Aber ich ändere meine Ernährung immer mal wieder. Zurzeit: wenig Fleisch und Fisch und kein Gluten. Aber auswärts esse ich alles.
Sie leben seit Anfang Jahr in Vilnius. Was hat die litauische Hauptstadt kulinarisch zu bieten?
Kulinarisch geht hier extrem viel ab. Restaurants, Cafés – wirklich eine tolle Stadt.
Sie sprachen in der Vergangenheit von «Heimweh». Wie geht es Ihnen heute?
In Malaysia konnte mich wegen Corona elf Monate lang niemand besuchen. Da hatte ich extrem Heimweh. Vor dem Wechsel nach Litauen war ich zwei Monate in der Schweiz. Zu Hause ist es am schönsten. Aber jetzt bin ich wenigstens nur noch zwei Flugstunden davon entfernt.
Sind Sie überhaupt gemacht für eine Auslandskarriere?
Wir wachsen in der Blase Schweiz auf und müssen als Zehnjährige schon den neusten Nike-Schuh haben. Wir Schweizer sind eher kühl und distanziert. Ich bin ja selbst so. Andere Länder zu sehen, in denen die Menschen anders ticken, ist eine Erfahrung für das Leben. Irgendwann will ich zurück in die Schweiz. Aber als Fussballer zu planen, ist praktisch unmöglich.
«Hätte ich etwas besser gespielt, hätte ich vielleicht auch längerfristige Verträge erhalten.»
Kein Beruf für Liebhaber von Sicherheiten.
Ich möchte mein Leben langfristig planen. Aber was kannst du da machen als Fussballer? Du bist dieser Welt ausgeliefert. Hätte ich etwas besser gespielt, hätte ich vielleicht auch längerfristige Verträge erhalten. Selber schuld.
Dafür haben Sie Eindrücke gesammelt, die Fussballer mit Reissbrettkarrieren nicht sammeln.
Ich kann nur beurteilen, wie sich meine Karriere für mich selbst anfühlt. Auf Zypern habe ich vier Monate keinen Lohn erhalten und mir das Geld erkämpfen müssen. Solche Episoden sind sehr schwierig. Aber sie sind lehrreich.

Sind Sie in dieser Zeit zum Juristen für Lohnfragen gereift?
Ich habe jedenfalls kurze Zeit später mal einen Brief aufgesetzt und ihn einem befreundeten Juristen geschickt. Er hat ihn ohne Korrekturen durchgewinkt.
Worum ging es?
In Malaysia wollte der Verein uns Spieler in den Ferien nicht ausreisen lassen, weil er Angst hatte, dass wir wegen Covid nicht mehr einreisen dürften.
Haben Sie mit dem Brief das Ziel erreicht?
Wir haben jedenfalls eine Lösung gefunden.
Sie sind bereit für die Anwaltsprüfung.
Nach der Fussballkarriere noch Anwalt zu werden, wäre etwas ambitioniert. Aber jedenfalls mag ich es, nicht immer alles abzugeben, sondern packe gern selbst an. Sonst lernst du ja nie etwas dazu.
Was haben Sie sonst noch alles gelernt als Fussballer?
Wenn ich den Leistungsdruck sehe, denen heute bereits Acht- oder Neunjährige ausgesetzt sind, dann möchte ich die Zeit nicht zurückdrehen. Es wird immer extremer. Und als Erwachsener habe ich Ligen kennen gelernt, die andere nie sehen werden. Ich überlege mir etwas, bevor ich einen Transfer mache. Malaysia ist jetzt nicht die beste Liga der Welt. Aber es war finanziell ein gutes Angebot und ich wollte von dort in eine bessere asiatische Liga wechseln, nach Japan oder Südkorea. Auch wegen Corona hat sich dieser Plan zerschlagen. Aber der Vorteil des Karussells, auf dem ich sitze, sind all diese Eindrücke: Asien, die zweite spanische Liga, Zypern, der Markt in Litauen.
«Wie soll ich sagen? Litauen ist auf gutem Weg. Basketball ist hier alles. Aber jetzt gibt es eine Bewegung im Fussball. Auch dank uns.»
Was ist der FK Žalgiris Vilnius für ein Verein?
Er ist ehrgeizig. Klein. Und sehr familiär.
Was meinen Sie mit «familiär»?
Wir haben weniger Leute im Staff. Die Präsidentin (Vilma Venslovaitiene, d. Red.) schaut sich die Trainings an, die Leute vom Büro sind auch immer da. Wenn man etwas klären muss, sind die Wege kurz. Zudem werden die Leute weniger schnell ausgetauscht als in anderen Clubs. Nach der Qualifikation für die Gruppenphase hätte die Präsidentin ja noch zwei, drei Spieler holen können. Das hat sie nicht. Man vertraut uns. Wir sind hier nicht einfach eine Nummer.

Sie spielen in der litauischen Liga vor 500 Menschen.
Wie soll ich sagen? Litauen ist auf gutem Weg. Basketball ist hier alles. Aber jetzt gibt es eine Bewegung im Fussball. Auch dank uns.
Žalgiris ist der erste litauische Verein in einer Gruppenphase.
Genau. In der Liga gibt es kein Wenn und Aber: Wir müssen Meister werden. Die Conference League ist das Zückerchen.
Sozusagen Ihre neue Sugar Bomb. Wie viele Zuschauer werden gegen Basel im Stadion sein?
In der Qualifikation war jedes Spiel ausverkauft. Aber wenn es am Donnerstag regnet und es zehn Grad kalt ist? Die Basler sollten jedenfalls die Winterjacke nicht vergessen.
Was erwarten Sie vom FCB?
Der hat sich gegen GC ja warmgeschossen. Aber wir können auch etwas. All unsere Gegner in der Qualifikation haben die Gruppenphase erreicht. Und wir haben von acht Spielen nur zwei verloren.
Ihre letzten Wochen waren jedenfalls erfolgreicher als der Saisonstart ihres Jugendvereins. Wie nehmen Sie den FC Zürich wahr?
Dass sie Meister wurden, war natürlich eine unglaubliche Geschichte. Und jetzt, der FCZ, ähm, ja, das ist ein schwieriger Start, sage ich jetzt mal. Es fehlen halt ein paar Tore, um wieder dort oben zu sein.
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