Frühlingssession im TickerRentenreform steht Ständerat lässt Bundesrat bei Iran-Politik gewähren
Im Bundeshaus tagten National- und Ständerat. Wir berichteten laufend.

Die Frühjahrssession fand vom 27. Februar bis zum 17. März statt. Die thematischen Schwerpunkte waren:
Berufliche Vorsorge
Altersvorsorge
Energie
Kriegsmaterial
Sexualstrafrecht
Asyl
Gesundheitskosten
Familien
Landwirtschaft
Verhüllungsverbot
Wichtige Artikel
Umstrittene Rentenreform: So will das Parlament die zweite Säule umbauen
Im Rekordtempo in die Wohnungsnot: Gründe, Prognosen und Massnahmen
«Nein ist Nein»:: Diese Frauen machten die Revolution im Sexualstrafrecht möglich
Interview mit Thierry Burkart: «Die SVP beerdigt die bewaffnete Neutralität»
Politischer Einfluss in der Schweiz: Dieses Parlament ist das ohnmächtigste seit Jahrzehnten
Meinungen
Kommentar zur zweiten Säule: Eine Rentenreform, die zu viele verprellt
Kommentar zur Energiedebatte: Nah dran, aber noch nicht am Ziel
Der Bundesrat soll die Sanktionen gegen Iran übernehmen, die die EU im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen in dem Land beschlossen hat. Das fordert der Nationalrat mit einer Motion seiner Aussenpolitischen Kommission (APK-N).
Zudem verlangt die Motion vom Bundesrat Massnahmen, um die iranische Zivilgesellschaft im Kampf für Menschenrechte und die Rechte von Frauen zu unterstützen. Die grosse Kammer nahm die Motion am Donnerstag mit 105 zu 65 Stimmen und mit vier Enthaltungen an, gegen den Willen des Bundesrates. Sie geht nun an den Ständerat.
Das Parlament hat sich geeinigt auf die Ausrichtung der Agrarpolitik in den nächsten Jahren. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat mit klarem Mehr eine Vorlage ohne zusätzliche Klimaziele verabschiedet.
Der Nationalrat stimmte den Änderungen im Landwirtschaftsgesetz am Donnerstag mit 129 zu 1 Stimme und 65 Enthaltungen zu. Die Enthaltungen kamen von SP, Grünen und GLP. Die grosse Kammer orientierte sich weitestgehend an den Beschlüssen des Ständerates, der die Vorlage im Dezember behandelt hatte.
Im Ständerat hätte die Linke und im Nationalrat mit der Linken auch die GLP gerne mehr ökologische Anliegen eingebracht. In der grossen Kammer wurden jedoch rund zwanzig Minderheitsanträge dazu abgelehnt. Im Landwirtschaftsgesetz gibt es deshalb weder einen Absenkpfad für Treibhausgase noch einen Ausbaupfad für mehr Tierwohl.
Der Ständerat fordert vom Bundesrat, die Projektierung des multifunktionalen Grimseltunnels voranzutreiben. Die Landesregierung soll noch 2023 die nötigen Kredite beantragen.
Oppositionslos nahm die kleine Kammer am Donnerstag eine Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) an. Nun muss sich der Nationalrat mit der Sache befassen.
Es geht um einen Tunnel, in dem Bahnverbindung und Hochspannungsleitung gebündelt werden sollen. Ursprünglich sollte der Rat auch über eine Motion des Walliser Mitte-Ständerats Beat Rieder befinden. Dieser wollte die Landesregierung verpflichten, noch im laufenden Jahr einen Beschluss zur Finanzierung des Tunnels vorzulegen. Rieder zog seinen Vorstoss aber vor der Abstimmung zurück.
Erfahren Sie hier mehr über die Hintergründe zum Grimseltunnel.
Ins Landwirtschaftsgesetz kommen weder ein Absenkpfad für Treibhausgase noch ein Ausbaupfad für mehr Tierwohl. Das hat der Nationalrat am Mittwoch im Zug der Beratungen über die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) beschlossen.
Mit seinem bisherigen Entscheiden blieb der Nationalrat auf der Linie des Ständerates, der die Vorlage im Dezember behandelt hatte. SP, Grüne und GLP wollten im Landwirtschaftsgesetz explizit einen Absenkpfad für Treibhausgase verankern. Der Rat lehnte dieses Ansinnen aber mit mit 107 zu 81 Stimmen ab.
Die Landwirtschaft hätte ihre Emissionen demnach gegenüber dem Stand von 1990 bis 2030 um 20 Prozent, bis 2040 um 30 Prozent und bis 2050 um 40 Prozent senken sollen. Solche Zwischenziele gebe es bereits, und sie müssten deshalb nicht extra erwähnt werden, begründete Sprecher Olivier Feller (FDP/VD) das Nein der Mehrheit.
Martina Munz (SP/SH) beantragte einen Ausbaupfad für Tierwohl, unterlag aber mit 85 gegen 107 Stimmen. Konsumentinnen und Konsumenten wünschten Nahrungsmittel aus tierfreundlicher Produktion, sagte sie. Weitere Bestimmungen zum Tierwohl seien nicht nötig, konterte Markus Ritter (Mitte/SG). Der Schweizer Standard sei bereits sehr hoch.
Auch bei der Absatzförderung wollten SP, Grüne und GLP eine klima- und tierfreundliche Produktion berücksichtigen, kamen aber nicht durch. Auch Anträge, die Absatzförderung auf pflanzliche Produkte zu beschränken respektive ganz abzuschaffen, hatten keine Chance.
Der Nationalrat will die Weitergabe von Schweizer Waffen durch Drittstaaten vorerst nicht erleichtern. Er stimmte am Mittwoch zwar dafür, Wiederausfuhren zu ermöglichen, wenn der Uno-Sicherheitsrat einen Angriffskrieg verurteilt. Praktisch ändert das allerdings nichts.
Hier gehts zum Haupttext: Der Deal zwischen SP und FDP ist gescheitert.
Der Ständerat will keine neuen Einflussmöglichkeiten für die Kantone im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung. Er ist gegen die Schaffung kantonaler Einrichtungen, die einheitliche Prämien festlegen und Leistungen finanzieren können.
Die kleine Kammer lehnte am Mittwoch eine Standesinitiative des Kantons Waadt ohne Gegenantrag ab. Diese wollte den Kantonen die Möglichkeit geben, solche Einrichtungen zu schaffen. Als nächstes muss sich der Nationalrat mit der Sache befassen.
Hintergrund der Standesinitiative ist, dass 2014 die Volksinitiative für eine Einheitskrankenkasse in den Westschweizer Kantonen Waadt, Genf, Jura und Neuenburg angenommen wurde. In der Deutschschweiz dagegen scheiterte die Idee.
Der Kanton Waadt will mit der Initiative insbesondere die «Jagd nach guten Risiken» stoppen. Durch ein besseres Risikopooling brauche es auch weniger Reserven im Bereich der Krankenversicherung, argumentiert er.
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) war der Ansicht, solche kantonalen Einrichtungen hätten beim Risikoausgleich und der Tarifpartnerschaft grosse Auswirkungen auf das bestehende System – auch wenn sie die bestehenden Krankenkassen nicht ersetzen würden. Es gebe offene Fragen hinsichtlich der Beaufsichtigung der Krankenkassen und die Festlegung der Prämien. Heute ist dafür das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zuständig. Es drohten zudem grosse regionale Ungleichheiten, wenn nicht alle Kantone eine Einheitskasse schüfen.
Die Kommission hielt zudem fest, die Kantone hätten bereits heute die Möglichkeit, eine eigene Krankenkasse zu gründen.
Der Ständerat will die Regeln für die erleichterte Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation nicht anpassen. Nur vier Jahre nach Inkrafttreten von neuen Bestimmungen gelte es abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickle.
Die kleine Kammer hat am Mittwoch eine parlamentarische Initiative der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) abgelehnt. Der Entscheid fiel mit 28 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Das Anliegen ist damit vom Tisch.
Eine Revision des Bürgerrechtsgesetzes und der dazugehörigen Verordnung sei noch nicht angezeigt, sagte Ständerat Marco Chiesa (SVP/TI) im Namen der vorberatenden Kommission. Es fehle weitgehend an verlässlichen Erfahrungswerten bei der Frage, weshalb sich nur ein Bruchteil der Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation einbürgern lassen wolle.
Zu viele Stolpersteine und bürokratische Hürden
Im Jahr 2017 hatte das Schweizer Volk an der Urne beschlossen, dass sich gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer leichter einbürgern können sollen. 2018 traten diese Änderungen in Kraft. Seither zeigte sich aber, dass die Zahl der Einbürgerungen dieser Personen nicht so stark zunahm wie erwartet.
Im Februar 2022 teilte die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) mit, von rund 25'000 Personen, die sich hätten erleichtert einbürgern lassen können, seien bis Ende 2020 nur 1847 Schweizer Bürger geworden. Das sei eine «ernüchternde Bilanz». Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation sähen sich nach wie vor mit zu vielen Stolpersteinen und bürokratischen Hürden konfrontiert.

Eine Minderheit der Ständeratskommission beantragte daher, dem Nationalrat zu folgen und der Initiative zuzustimmen. Der gesetzgeberische Handlungsbedarf sei erwiesen, sagte Lisa Mazzone (Grüne/GE). Die Einbürgerungsquote in der Schweiz sei im europäischen Vergleich sehr tief.
Dies Initiative sah beispielsweise vor, dass bei der Einbürgerung der Geburtsort berücksichtigt, die Art des erforderlichen Aufenthaltstitels erweitert und der Umfang des berücksichtigten Bildungssystems ausgedehnt werden sollte.
Das Parlament will ebenso wie der Bundesrat in den Jahren 2023 bis 2026 mehr Geld ausgeben für weltweite Umweltmassnahmen. Der Nationalrat hat am Mittwoch als Zweitrat einen Verpflichtungskredit von rund 198 Millionen Franken gutgeheissen.
Mit 138 zu 53 Stimmen und 1 Enthaltung folgte die grosse Kammer dem Antrag der Mehrheit der Umwelt- respektive der Finanzkommission. Der bewilligte Betrag ist knapp 50 Millionen Franken höher als jener der Jahre 2019 bis 2022 und parlamentarisch unter Dach und Fach.
Der Ständerat will den Höchstbetrag für Einzahlungen in die Säule 3a nicht erhöhen. Anders als zuvor der Nationalrat hat er am Mittwoch eine entsprechende parlamentarische Initiative des Berner SVP-Nationalrats Erich Hess abgelehnt.
Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid mit 28 zu 8 Stimmen ohne Enthaltungen. Der Nationalrat hatte die Initiative in der Frühjahrssession vor einem Jahr gutgeheissen. Nun ist die Idee vom Tisch.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten nach dem Willen von Hess künftig bis zu 15'000 Franken im Jahr einzahlen und dafür einen Steuerabzug geltend machen können. Für selbstständige Erwerbstätige ohne Pensionskasse wollte Hess den Maximalbetrag auf 45'000 Franken pro Jahr erhöhen.
Hess argumentierte in der Begründung des Vorstosses, der Staat habe ein Interesse daran, dass privat für das Alter gespart werde. Dadurch werde das Schweizer Rentensystem insgesamt gestärkt.
Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wandte dagegen ein, von einem höheren Maximalbetrag würden vor allem Menschen mit hohen Einkommen profitieren. Schon heute zahlten nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung jährlich den Maximalbetrag von rund 6800 Franken ein. Zudem würde eine Erhöhung der Maximalbeträge erhebliche Steuerausfälle nach sich ziehen.
Der Nationalrat will nach der Solaroffensive auch eine Windenergieoffensive: Er hat dem dringlichen Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windparks zugestimmt. Noch muss das Gesetz vor den Ständerat.
Nur die SVP-Fraktion bekämpfte den Erlass am Mittwoch bei der Beratung, konnte sich aber nicht durchsetzen. Er besteht aus einer Änderung des Energiegesetzes und des Bundesgerichtsgesetzes.

Für eine bestimmte Zeit sollen die Standard-Verfahren für die Bewilligung von Windparkanlagen ausser Kraft gesetzt werden, nämlich bis in der Schweiz im Vergleich zu 2021 Windparks mit einer zusätzlichen Leistung von 600 Megawatt gebaut sind.
In dieser Zeit sollen die Kantone die Baubewilligung für Windkraftprojekte im nationalen Interesse erteilen. In der Regel tun das heute die Gemeinden. Voraussetzung dafür ist, dass eine rechtskräftige Nutzungsplanung vorliegt. Gegen die Baubewilligung kann dann prinzipiell nur noch vor dem obersten kantonalen Gericht Beschwerde eingereicht werden.
In der kleinen Kammer beträgt der Frauenanteil aktuell 28 Prozent. Für Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) ist das nicht genug, wie sie anlässlich des Internationalen Tags der Frau am Mittwoch sagte. «Ich hoffe, dass in diesem Wahljahr viele Frauen kandidieren und gewählt werden.»
Bei der Gleichstellung brauche es noch einige Schritte, sagte Häberli-Koller in einer kurzen Rede zu Beginn des Sessionstags. Der Frauentag diene auch dazu, darüber nachzudenken, was für die Gleichstellung getan werden könne. Beim Engagement für mehr Gleichstellung gehe es nicht nur um Gerechtigkeit, sondern um den Fortschritt für die ganze Gesellschaft.
Zwar seien Frauen in Leitungspositionen keine Ausnahme mehr. Es gebe aber noch Potenzial. «Frauen in Führungspositionen erhöhen die Rentabilität eines Unternehmens», sagte die Ratspräsidentin und verwies auf verschiedene Studien. «Diversifizierte Teams treffen erwiesenermassen bessere Entscheide.» Das gelte auch für die Politik.
Wenn Vermieterinnen und Vermieter ihre vermieteten Räumlichkeiten wegen Eigenbedarfs selber beanspruchen, sollen sie künftig schneller auf diese Objekte zugreifen können. Das will der Nationalrat.
Er hat am Dienstag einer Gesetzesvorlage seiner Kommission für Rechtsfragen (RK-N) zugestimmt, welche auf eine parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Giovanni Merlini (FDP/TI) zurückgeht.

Dieser argumentierte, heute verhinderten die geltenden Bestimmungen bei einem Wechsel der Vermieterschaft letztere meist daran, innerhalb kurzer Zeit in den Besitz des Mietobjekts zu gelangen. Es gelte, die Verfahren zu beschleunigen. Die Vorlage geht an den Ständerat.
Schärfere Regeln für die Untervermietung
Der Nationalrat will ausserdem bei der Untervermietung von Räumlichkeiten schärfere Regeln gegen Missbräuche. Er hat am Dienstag einer Gesetzesvorlage zugestimmt, die unter anderem vorsieht, dass der Vermieter der Untervermietung explizit schriftlich zustimmen muss.
Auch will der Nationalrat den Vermietern mehr Instrumente in die Hand geben, um die Untervermietung gegebenenfalls zu unterbinden. So soll der Vermieter neu ein ausserordentliches Kündigungsrecht erhalten, wenn der Mieter die Voraussetzungen für die Untermiete nicht einhält.
Die Gesetzesvorlage stammt von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N) und geht nun an den Ständerat. Der Nationalrat befasste sich mit dem Anliegen schon im Februar 2017. Danach wurde die Behandlungsfrist der Vorlage dreimal verlängert.
Eine Mehrheit des Rats war damals der Ansicht, es bestehe auch wegen Vermietungsplattformen wie Airbnb Handlungsbedarf. In Städten würden Altbauwohnungen vielfach zu Mietzinsen untervermietet, die beträchtlich über den Mietpreisen lägen.
Lesen Sie auch: Mieter sollen bei Eigenbedarf rascher ausziehen
Der Ständerat ist für ein Bundesgesetz zur Umsetzung der sogenannten Burka-Initiative. Er ist am Dienstag auf die entsprechende Vorlage eingetreten. Eine Minderheit des Rates wollte den Verfassungsartikel zum Verhüllungsverbot auf kantonaler Ebene umgesetzt sehen.
Der Ständerat beharrt bei der Reform des Sexualstrafrechts auf der sogenannten Widerspruchslösung, also auf dem Grundsatz «Nein heisst Nein». Er hat am Dienstag aber einen Kompromissvorschlag gemacht, mit dem der Begriff der Vergewaltigung künftig weiter gefasst wird.
Der Nationalrat beharrte zuletzt auf der «Nur ein Ja ist ein Ja»-Lösung, die Sex nur mit Zustimmung aller Beteiligten propagiert. Der neue Kompromissvorschlag des Ständerats kommt dieser Lösung nahe.
Die kleine Kammer anerkennt, dass Opfer von sexualisierter Gewalt zuweilen ihre Ablehnung nicht zum Ausdruck bringen können. Dies, weil sie sich in einer Art Schockzustand, einem Freezing, befinden. Das soll künftig von den Gerichten ebenfalls als Ablehnung gedeutet werden.

«Das Freezing ist künftig ein explizites Beispiel eines nonverbalen Neins», sagte Beat Rieder (Mitte/VS). Er bezeichnete diesen Vorschlag als «tragfähige Lösung». Lisa Mazzone (Grüne/GE) sprach von einem «wichtigen Fortschritt im Sexualstrafrecht».
Zum vom Ständerat oppositionslos angenommenen Kompromiss gehört auch, dass Gerichte Täter zu Kursen verpflichten können. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. Bei verschiedenen Details verbleiben noch Differenzen.
Lesen Sie dazu: Diese Frauen machten die Revolution im Sexualstrafrecht möglich
Der Ständerat hat am Montag ausführlich über eine Weitergabe von exportiertem Kriegsmaterial diskutiert. Eine Motion für eine Lockerung der Nichtwiederausfuhr-Vorgaben lehnte er aber ab. Seine vorberatende Kommission hatte einen anderen Weg zum Ziel bevorzugt.
Der Ständerat lehnte eine Motion von Thierry Burkart (FDP/AG) mit 23 zu 18 Stimmen und zwei Enthaltungen ab. Diese verlangte, dass auf eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung verzichtet werden kann, wenn an Staaten geliefert wird, die Schweizer Werten verpflichtet sind und über ein mit der Schweiz vergleichbares Exportkontrollregime verfügen.
Derzeit wären das etwa Deutschland, Spanien und Dänemark. Diese Länder haben die Schweiz bereits um die Wiederausfuhrbewilligung ersucht und abschlägigen Bescheid erhalten. Die Motion ist mit dem Nein des Ständerates vom Tisch.
Die Mehrheit der vorberatenden Kommission hatte ein Nein empfohlen, weil sie das Anliegen mit einer parlamentarischen Initiative umsetzen will. So kann das Parlament selbst eine Gesetzesänderung ausarbeiten.
Originale von öffentlichen Urkunden sollen nach dem Willen des Parlaments künftig nicht mehr in gedruckter Form vorliegen müssen. Nach dem Ständerat hat am Montag auch der Nationalrat das Notariatsdigitalisierungsgesetz im Grundsatz genehmigt.
Der Entscheid fiel mit 142 zu 53 Stimmen. Sämtliche Fraktionen ausser der SVP folgten damit dem Antrag der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N). Die Vorlage trage der Verlagerung der Geschäftsprozesse in die digitale Welt Rechnung, sagte Kommissionssprecher Beat Flach (GLP/AG).
Die SVP beantragte Nichteintreten. Sie befürchtete eine Zentralisierung des Notariatswesens, das heute in der Hoheit der Kantone ist. Insbesondere durch das geplante zentrale Register für die digitalen Urkunden schaffe man ein neues Datenschutz-Problem, sagte Jean-Luc Addor (SVP/VS).
Mehrere Befürworter verwiesen indes auf das bestehende Strafregister. Dort gebe es keine Probleme, hiess es. Ausserdem sei ein zentrales Register sinnvoller als 26 kantonale. Von einer Zentralisierung des Notariatswesens könne schliesslich keine Rede sein. Dieses bliebe auch durch diese Vorlage in der Hoheit der Kantone.
Knacknuss Datenschutz
Doch auch die Ratsmehrheit sah im Datenschutz den heiklen Punkt der Vorlage. Im Vergleich zur vom Ständerat verabschiedeten Version nahm der Nationalrat deshalb gewisse Anpassungen vor, um angesichts der sensiblen Daten die Pflichten der Behörden im Bereich des Datenschutzes zu präzisieren. Das hatte bereits die RK-N empfohlen. Das Geschäft geht nun zurück in den Ständerat.
Der Bundesrat begründete den Gesetzesvorwurf mit dem technologischen Fortschritt und Entwicklungen in anderen Ländern. Digitale notarielle Prozesse seien im Interesse eines attraktiven Wirtschaftsstandorts.
Für Aufbau und Entwicklung des Systems werden 10 Millionen Franken veranschlagt. Der Betrieb kostet rund 3 Millionen Franken pro Jahr und soll nach einer Anlaufphase über Gebühren finanziert werden.
Wer sich von der Armee zum Zivildienst umteilen lassen will, muss in Zukunft höhere Hürden überspringen. Nach dem Nationalrat fordert auch der Ständerat vom Bundesrat, die Bedingungen für diese Umteilung zu verschärfen.
Die kleine Kammer überwies am Montag eine Motion der SVP-Fraktion dieses Inhalts mit 31 zu 9 Stimmen bei null Enthaltungen. Unter anderem soll künftig mindestens 150 Diensttage im Zivildienst leisten müssen, wer sich umteilen lässt.
Ab der Zulassung für den Zivildienst sollen zudem jährliche Einsätze für einstige Armeeangehörige Pflicht sein. Auch werden die Zivildiensteinsätze für Ärzte, Tierärzte und Zahnärzte eingeschränkt. Diese Personen sollen vermehrt in der Armee dienen.
Die SVP begründete den Vorstoss insbesondere mit der schlechteren Sicherheitslage in Europa. Sie will damit den Armeebestand erhöhen. Der Nationalrat hatte dem Vorstoss schon im vergangenen Herbst zugestimmt.
Der Bundesrat stellte sich hinter den Vorstoss. Bundesrat Guy Parmelin sagte im Rat, ein Drittel der Umteilungen zum Zivildienst erfolgten nach der Absolvierung der Rekrutenschule (RS). Deshalb gehe der Armee viel Geld verloren.
Fast 70 Millionen Franken «unnütz» ausgegeben
Die vorberatende Kommission des Ständerats sprach von 69 Millionen Franken, welche im Jahr 2021 letztlich «unnütz» ausgegeben worden seien. Dies, weil im genannten Jahr 2000 Personen nach der Absolvierung der RS umgeteilt worden seien.

Die hohe Zahl von Zulassungen zum Zivildienst lasse sich nicht allein durch die Unvereinbarkeit mit dem Gewissen erkläre. Sie deute auch darauf hin, dass die Dienstpflichtigen auf den Zivildienst auswichen, weil sich dieser besser mit ihren Karriereplänen und ihrem Privatleben vereinbaren lasse, so die Kommission.
Noch im Sommer 2020 war eine Vorlage für höhere Hürden für den Zivildienst im Parlament gescheitert. Die SVP griff danach sechs von acht Punkten aus dem Gesetzgebungsprojekt wieder auf und liess die zwei umstrittensten Massnahmen fallen.
Das Parlament hat den laufenden Einsatz der Armee im Asylbereich genehmigt. Nach dem Ständerat befürwortete am Montag auch der Nationalrat, dass bis Ende März maximal 500 Armeeangehörige den Asylbehörden bei der Unterbringung von Asylsuchenden helfen dürfen.
Der Entscheid fiel am Montag mit 132 zu 52 Stimmen. Sämtliche Fraktionen ausser der SVP folgten dem Antrag der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SIK-N) und stellten sich hinter den seit Januar 2022 laufenden subsidiären Armeeeinsatz.
Angesichts des massiven Zustroms von Asylsuchenden, kombiniert mit dem Fachkräftemangel, sei es dem Staatssekretariats für Migration (SEM) nicht gelungen, genügend Personal für die Unterbringung der Asylsuchenden zu rekrutieren, führte Kommissionssprecher Alois Gmür (Mitte/SZ) aus. Auch angesichts der geringen Zusatzkosten empfahl er, den Einsatz zu genehmigen.
Einsatz wird nicht verlängert
Aufgrund der gestiegenen Asylzahlen sowie den damit verbundenen Engpässen bei der Infrastruktur stellt die Armee rund 2000 Plätze für die Unterbringung der Asylsuchenden zur Verfügung. Das Armeepersonal ist nötig für die Einrichtung, Verwaltung und den Betrieb der Unterkünfte.
Die Leistungen werden von Durchdienern oder Formationen erbracht, die ordentlich im Dienst sind. Weil der vom Bundesrat im Dezember 2022 bewilligte Einsatz länger als drei Wochen dauert, musste das Parlament diesen genehmigen.
Bisher wurden nicht mehr als 15 Armeeangehörige gleichzeitig eingesetzt, wie Kommissionssprecher Gmür ausführte. Abklärungen hätten auch ergeben, dass der Einsatz wie geplant Ende März ende und keine Verlängerung beantragt würde.
Der Nationalrat will keine Verschärfung der Schweizer Sanktionspolitik. Er hat am Donnerstag eine Motion seiner Aussenpolitischen Kommission (APK-N) abgelehnt, welche Umgehungen der Sanktionen ausschliessen wollte.
Die grosse Kammer sagte mit 103 zu 86 Stimmen und bei 3 Enthaltungen Nein zu einem entsprechenden Vorstoss. Die APK-N hatte die Motion im November mit knappem Mehr und bei 6 Enthaltungen eingereicht. Im Rat setzten sich nun die ablehnenden bürgerlichen Fraktionen gegen SP, Grüne und GLP durch. Das Anliegen ist damit vom Tisch.
Die Kommissionsmehrheit hätte gewollt, dass der Bundesrat Schlupflöcher zur Umgehung von nach Embargogesetz verhängten Sanktionen schliesst. Sogenanntes «ring fencing» sollte nicht mehr genutzt werden dürfen, um Sanktionen zu umgehen. Mit dieser Methode werden gemäss Motionstext einer begünstigten Person während der Zeit der Sanktionierung keine Dividenden oder andere Zahlungen ausbezahlt, weshalb diese Person nicht von den Sanktionen betroffen ist. Das sei inakzeptabel, da die Gewinnausschüttung damit nur aufgeschoben werde, so die Mehrheit der APK-N.
Der Nationalrat will nichts wissen vom Auftrag an den Bundesrat, für die Schaffung eines frei zugänglichen Treibstoff-Preisrechners zu sorgen. Er hat eine Motion aus dem Ständerat abgelehnt. Ein Preisrechner-Angebot des TCS gibt es bereits.

Die grosse Kammer lehnte den Vorstoss von Ständerat Pirmin Bischof (Mitte/SO) am Donnerstag mit 95 zu 81 Stimmen ab, bei 2 Enthaltungen. Bischof hatte die Motion im vergangenen Sommer eingereicht, als die Benzinpreise anstiegen und von bürgerlicher Seite Rufe nach Entlastung laut geworden waren.
Ihm schwebte ein Preisrechner nach dem Vorbild von Österreich vor: Die im Nachbarland seit 2011 vom Staat betriebene Online-Plattform sehe für alle Tankstellen eine Preismeldepflicht in Echtzeit vor, schrieb er im Vorstoss.
Fehler gefunden?Jetzt melden.