Börsenblase droht zu platzenNun wetten die Hedgefonds gegen Trump
Der Boom der spekulativen Börsenvehikel Spac ist zu Ende– trotz Aushängeschildern wie Donald Trump, Richard Branson und Shaquille O’Neill. Bereits warnt die US-Börsenaufsicht.

Mehr als 500 Mantelgesellschaften rennen gegen die Zeit an. Die sogenannten Special-Purpose Acquisition Companies, kurz Spac, haben in den letzten zwei Jahren über 220 Milliarden Dollar eingesammelt. Nun beginnt sich das Zeitfenster von 24 Monaten zu schliessen, in dem sie das Geld investieren müssen.
Spac haben einen grossen Wettbewerbsvorteil. Sie können neue und unbekannte Firmen an die Börse bringen, ohne die strikten Offenlegungsvorschriften befolgen zu müssen, die für eine direkte Börsenplatzierung gelten. Dahinter steckt die Idee einer Starthilfe für junge Unternehmer; sie sollen schnell und unbürokratisch Kapital an der Börse beschaffen können.
140 Millionen Dollar für Trumps Misserfolg
Doch auch alte Unternehmer mit dubioser Geschichte wollen profitieren, wie Donald Trump letztes Jahr vormachte. Der Ex-Präsident versuchte, sein geplantes Medienunternehmen mithilfe eines Spac zu vermarkten, was ihm auch gelang, obwohl die Investoren wenig Konkretes in der Hand haben. Trump musste kein nachprüfbares Geschäftsmodell oder Finanzprognosen vorlegen, um sich mehrere Hundert Millionen Dollar beschaffen zu können.
Kein Wunder, haben sich bereits Leerverkäufer in Stellung gebracht. Sie setzten mehr als 140 Millionen Dollar darauf, dass Trumps Kartenhaus zusammenbrechen wird.
«Es ist keine gute Idee, in Spac einzusteigen, die von Berühmtheiten angepriesen werden.»
Ungewöhnlich klar warnte kürzlich auch die Börsenaufsicht, die unter der Regierung Biden energischer gegen Missbräuche vorgeht. «Es ist keine gute Idee, in Spac einzusteigen, die von Berühmtheiten angepriesen werden», schreibt sie, ohne Namen zu nennen.
Doch nichts deutet mehr auf einen spekulativen Boom hin als das Engagement von Sportgrössen wie Serena Williams oder Popstars wie Justin Timberlake. Ihr Name genügte für Spac-Deals für Fitness- und Schönheitsprodukte oder auch Alkoholika. Ihr Erfolg ist bescheiden; die Aktien dümpeln vor sich hin.
Massenhafte Liquidationen erwartet
Wie bei früheren Investitionswundern, die den leichten Gewinn versprachen, werden nun auch die Fallgruben der Spac klarer. Ein Problem ist, dass Hunderte Spac in den nächsten Monaten ihr Kapital investieren, sonst müssen sie Geld den Investoren zurückzahlen.
Denn die Ablauffrist für eine Investition beträgt 24 Monate, das heisst, dass vor allem Firmen, die 2020 mit dem Beginn der Pandemie gestartet sind, das Aus droht. Diese Perspektive habe ein Wettrennen um geeignete Übernahmeopfer in Gang gesetzt, heisst es auf der Branchenplattform «Spac Insider»: «Wir erwarten mehr und mehr Liquidationen.»
Investmentbanken wie die UBS erklären, das Spekulationsfieber habe schon merklich nachgelassen, «auch wenn noch nicht alle Wunden verheilt sind». Sie glauben, der Patient sei stabilisiert.
Doch Betsy Cohen, eine 80-jährige Bankerin, die neun Spac-Deals eingefädelt hat, ist skeptischer. «30 Prozent der Spac werden eingehen, weil sie keine Übernahmen zustande bringen oder weil die Investoren ihre Deals nicht akzeptieren.» Das Publikum habe sehr schnell begriffen, dass mit ungleich langen Spiessen gekämpft werde. «Es gibt einen inhärenten Konflikt zwischen den Promotoren und den Investoren, weil der wahre Wert eines Deals nur jenen bekannt ist, die sie pushen.»
Anleger fordern Geld zurück
Schlecht ist auch die Erfolgsbilanz der Spac. Rund die Hälfte der seit 2020 gestarteten Vehikel hat nach Angaben der Marktforschungsfirma Deal Logic mehr als 40 Prozent an Wert verloren, darunter die Virgin-Galactic-Weltraumpläne von Richard Branson sowie die Elektroautohersteller Nikola und Lordstown Motors, die gar 80 respektive 90 Prozent eingebüsst haben. Obwohl die Basketball-Legende Shaquille O’Neill als Berater fungierte, wurde auch das Fitnessunternehmen Beachbody um über 80 Prozent zurückgestutzt.
Derweil nehmen der US-Kongress und die Börsenaufsicht die Spac ins Visier. Sie bereiten Vorschriften vor, um den Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionellen Börsengängen zu beseitigen. Auch eine Sondersteuer wird erwogen, womit Spac weniger attraktiv würden.
Solche Unsicherheiten erklären, warum eine Abwärtsspirale in Gang gekommen ist, die mehr und mehr Anleger misstrauisch macht. So verlangten im letzten Quartal 2021 verunsicherte Anleger im Schnitt 60 Prozent ihres Einsatzes zurück, sechsmal mehr als zu Jahresbeginn. Den Spac bleiben damit weniger Mittel für Investitionen, was wiederum den Druck auf die Aktienpreise erhöht.
Das Risiko für Betrügereien ist aus Sicht des Venture-Capital-Financiers Steve Jurvetson gestiegen. «Viele Spac-Promotoren suchen gezielt Firmen, die keine nachprüfbaren Geschäftszahlen haben. Das erlaubt ihnen, Gewinn- und Umsatzprognosen aus dem blauen Himmel heraus zu erfinden.»
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