Alles Staude oder was?
Stauden sind was herrlich Pflegeleichtes. Eingraben, giessen, fertig. Dachte unsere Autorin – und wurde eines Besseren belehrt.
«Und hier kommt dann das Staudenbeet hin», erkläre ich meinem Mann mit einer ausschweifenden Armbewegung. Sein Schweigen interpretiere ich als Mangel an Vorstellungskraft und kann es ihm nicht übel nehmen. Schliesslich stehen wir auf der Brache, die sich unser neuer Garten nennt, knöcheltief im Dreck, zwischen Bagger, Wurzelstöcken und fröhlich spriessenden Brombeertrieben. Aber dann meint er: «Stauden? Wollen wir nicht lieber ein paar Blumen pflanzen?»
Ich gebe zu, auch ich habe mir unter dem Begriff «Stauden» früher irgendwelches undefinierbares Krautzeugs vorgestellt. Heute weiss ich: Stauden, oft reich blühend, sind mehrjährige, nicht verholzende Pflanzen, die in der Regel über den Winter oberirdisch absterben. Man pflanzt sie nahe beieinander, so dass der Boden vollständig bedeckt ist. Unkraut hat so kaum eine Chance und der Boden bleibt länger feucht – es muss also weniger gegossen werden. Herrlich pflegeleicht! Kaufen, einbuddeln, fertig. Dachte ich. Merke: Im Garten ist nichts pflegeleicht. Stauden haben ihren eigenen Kopf. Manche zicken, andere verschwinden sang- und klanglos. Schwierig werden kann's aber auch mit Stauden, die sich wohlfühlen. So hatten wir in unserem alten Garten einen Geissbart, der so begeistert war von seinem Standort, dass er uns mittlerweile alle überragt. Vage kann ich mich noch erinnern, dass ich ihn mit Gamander und Schaumblüte gepflanzt hatte – zu sehen ist nichts mehr.
Und die mannshohen Staudensonnenblumen, die ich schön in die Mitte des Beetes nebenan gepflanzt hatte, verliessen schon im Folgejahr ihren Thron und mischten sich unters Volk. Die Lücke wurde sofort durch Löwenzahn und Berufskraut besiedelt. Und wenn wir grad beim Unkraut sind: Das nutzt geschickt das Zeitfenster vor dem grossen Staudenaustrieb im Frühjahr. Danach fühlen sich Schnecken unter dem schattigen Blätterdach pudelwohl. Leider üben Staudenbeete auch eine magische Anziehungskraft auf Kinder aus: um sich darin zu verstecken, Blumen zu pflücken, reinzupieseln oder mit dem Laufrad querfeldein zu üben. „Tief durchatmen. Wächst alles wieder“, beruhigt mich mein Mann, wenn ich dann rot anlaufe und kleine Flammen aus meinen Nasenlöchern züngeln. Aber er hat Recht. Stauden sind zwar nicht ganz so pflegeleicht, wie ich dachte. Dafür unglaublich hart im Nehmen.
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