Folgen der Teuerung im UnterlandPlötzlich kostet das Bauprojekt über eine Million Franken mehr
Bauvorhaben können derzeit deutlich teurer werden als veranschlagt, wie Unterländer Beispiele zeigen. Das hat wohl auch Auswirkungen auf die Grossprojekte der Gemeinden.

Der Ausbau der Abwasserreinigungsanlage (ARA) in Rorbas kostet mehr – und zwar deutlich mehr. 7,6 Millionen Franken hatten die Stimmberechtigten bewilligt. Bei den Berechnungen ging man von den Preisen im Dezember 2020 aus. Doch seither ist vieles teurer geworden. Allein durch die Teuerung kommt es jetzt zu Mehrkosten von 1,2 Millionen Franken, wie der Abwasserverbund Embrachertal kürzlich mitgeteilt hat. Der Zusatzkredit dafür wurde bewilligt.
Das ist kein Einzelfall im Unterland. Die Stimmberechtigten von Stadel hatten vor gut zwei Jahren 690’000 Franken für einen neuen Aussichtsturm auf dem Stadlerberg gesprochen. Noch vor Baubeginn stellte man steigende Preise insbesondere beim Holz und bei den Holzbauerarbeiten fest. Das machte ein Nachtragskredit von 135’000 Franken nötig, der ebenfalls bewilligt wurde. Der Turm befindet sich nun im Bau. Teurer wurde auch die neue Sammelstelle an der Wildbachstrasse in Embrach. Der im Juli 2021 vom Gemeinderat bewilligte Kredit von 445’000 Franken musste um 250’000 Franken erhöht werden. Grund dafür waren neben Altlasten auch die Rohstoffpreise.

20 Prozent teureres Material
Wie hoch die Teuerung ist, zeigen aktuelle Zahlen des Bundesamts für Statistik vom April. Im Kanton Zürich sind die Hochbaupreise innerhalb eines Jahres um 7 Prozent gestiegen. Schweizweit sind es sogar über 8 Prozent. «Das ist der stärkste Anstieg innerhalb eines Jahres seit Beginn der Datenerfassung», sagt Simon Lüthi von der Beratungsfirma Wüest Partner. Einer der Gründe dafür ist der Preisanstieg bei den Baumaterialien, die im April verglichen mit dem Vorjahresmonat knapp 20 Prozent teurer waren.
Die Aussichten? Bei den Materialpreisen habe sich die Situation leicht entspannt. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld in der Schweiz nicht abkühlen, geht Lüthi von weiterhin steigenden Baupreisen aus, wenn auch weniger stark als im vergangenen Jahr. «Auch in der Baubranche erhöhen die vielen offenen Stellen derzeit die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmenden. Dadurch könnten die Löhne ansteigen. Hinzu kommen die aktuell hohen Energiepreise.»
Schwierige Vorhersagen
Vorhersagen seien so gut wie unmöglich geworden, sagt Roger Suter, Gemeindeschreiber von Rorbas und Sekretär des Abwasserverbunds Embrachertal. «Die Lage ist derweil so angespannt, dass viele Lieferanten und eventuelle Auftragnehmer nicht bereit sind, die Verbindlichkeit von Offerten länger als drei Wochen aufrechtzuerhalten.» Ganz im Gegensatz zu den Jahren vor der Pandemie: «Die Teuerung war damals wohl bei den meisten Bauprojekten nie mehr wirklich ein Thema.»
Wie sieht es bei grösseren Bauprojekten im Unterland aus? Konkrete Zahlen oder Prognosen liefert keine der angefragten Gemeinden. Wallisellen beispielsweise saniert und erweitert das Stadthaus für fast 40 Millionen Franken. Im Verhandlungsbericht des Stadtrats vom Oktober heisst es, dass man seit einiger Zeit mit der ausserordentlichen Preisentwicklung im Baugewerbe konfrontiert sei. Sprich: Die Firmen, mit denen im Voraus Verträge gemacht wurden, fordern insbesondere beim Material einen Ausgleich der höheren Preise.
Mehrkosten aufgrund der Teuerung bei einzelnen Projekten könnten noch nicht beziffert werden, sagt Marcel Amhof, Kommunikationsverantwortlicher der Stadt, auf Nachfrage. Aber er räumt auch ein, dass man bei mehreren Projekten die hohe Teuerung zum Zeitpunkt von Kreditbeschlüssen und Arbeitsvergaben noch nicht vorausgesehen und entsprechend nicht berücksichtigt habe. Grundsätzlich sei es auch nicht angezeigt, übermässig hohe Reserven in einen Kredit einzurechnen, um keine versteckten Reserven in den Krediten zu bilden.
«Wir können nicht auf sinkende Preise warten, weil das Schulhaus in gut drei Jahren fertig sein muss.»
In Eglisau wird auf das Schuljahr 2025/26 am Standort Schlafapfelbaum ein neues Sekundarschulhaus mit Doppelturnhalle gebaut. Das Vorhaben ist 27 Millionen Franken veranschlagt und wurde von den Stimmberechtigten gutgeheissen. Noch seien kaum Offerten eingeholt worden, weshalb eine Einschätzung schwierig sei, sagt Gemeindepräsident Roland Ruckstuhl. Klar sei, dass man sich als Gemeinde an den Marschplan halten müsse. «Wir können nicht auf sinkende Preise warten, weil das Schulhaus in gut drei Jahren fertig sein muss.»
Ein grosses Projekt ist auch in Kloten geplant. Für fast 80 Millionen Franken wird die Schulanlage Nägelimoos komplett neu gebaut. Bei den Berechnungen ging man von den Preisen im September 2021 aus. Für die Ungenauigkeit der Kostenberechnung sind 2,5 Millionen Franken eingestellt. «Erste Aussagen zur Genauigkeit können wir erst nach Abschluss des Kostenvoranschlags machen», sagt Finanzvorsteher Mark Wisskirchen (EVP) auf Anfrage. Man habe ein besonderes Augenmerk auf die Ausschreibungen, um faire Bedingungen für Bauherrschaft und Unternehmen zu schaffen.
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