Der Körper spielt nicht mehr mitRafael Nadal kündigt sein Karriereende an
Der 36-Jährige legt den Schläger für mehrere Monate weg, um die Chance zu wahren, 2024 seine Abschiedstournee zu geben. Doch Garantien gibt es keine.

Tod, Steuern und die verblüffenden Comebacks von Rafael Nadal aufs French Open hin sind die einzigen Dinge, auf die man sich im Leben verlassen kann. Egal, wie verletzt er im Frühjahr war, wenn Ende Mai an der Porte d’Auteuil aufgeschlagen wurde, war er wieder da, hallten seine Schreie durchs Stadion und stemmte er am Ende die Coupe des Mousquetaires hoch. Doch diesmal ist alles anders: Was sich in den letzten Wochen und Monaten abgezeichnet hat, ist nun Tatsache: Der 36-Jährige, der dieses Turnier 14-mal gewonnen hat, verpasst es wegen seiner Hüftverletzung erstmals seit 2004.
Dies gab er in seiner Akademie auf Mallorca bekannt, wo er die letzten Monate verbissen auf ein Comeback hingearbeitet hatte. Vergeblich. Die Pressekonferenz wurde via Youtube gestreamt und da von Tausenden verfolgt. «Es waren sehr schwierige Monate», sagte Nadal. «Wir unternahmen alles, aber wir konnten die Lösung für die Verletzung einfach nicht finden. Ich kann nicht auf dem Niveau spielen, das meinem Standard entspricht. Und ich gehe nicht einfach so nach Roland Garros, ohne vorbereitet zu sein.»
«Ich konnte es nach der Pandemie nicht mehr geniessen. Ich musste immer wieder stoppen, weil der Schmerz zu gross wurde.»
Nadal zieht nun die Notbremse und legt den Schläger für mehrere Monate weg. «Wie lange das sein wird, kann ich nicht sagen: vielleicht zwei Monate, vielleicht drei oder vier. Ich folge meinem Gefühl.» Er werde erst wieder mit dem Training beginnen, wenn es sein Körper zulasse. Denn: «Fakt ist, dass ich meine Arbeit nach der Pandemie nicht mehr geniessen konnte. Mein Körper hielt die Belastung der Trainings nicht mehr aus. Ich musste immer wieder stoppen, weil der Schmerz zu gross wurde. Ich konnte die Trainings und die Spiele nicht mehr geniessen.»
Trotz all dem gewann Nadal 2022 zwei weitere Grand-Slam-Turniere: die Nummern 21 und 22 in Melbourne und Paris. Am French Open überlistete er seinen Körper nochmals, indem er seinen schmerzenden linken Fuss von Leibarzt Angel Ruiz-Cotorro vor jedem Spiel mit Spritzen betäuben liess. In Wimbledon erlitt er darauf einen Bauchmuskelriss, dann folgte in Melbourne 2023 die Hüftverletzung, die einfach nicht ausheilen will. Der Lenden-Darmbein-Muskel zieht sich von der Hüfte hoch bis in den unteren Rücken und ist der wichtigste Muskel für die Hüftbeugung. Ohne ihn geht nichts.
Indem er seinem Körper nun eine komplette Ruhepause gönnt, will sich Nadal die Chance geben, 2024 seine Abschiedstournee zu geben: «Ich möchte mich nochmals von allen Turnieren verabschieden, die wichtig waren in meiner Karriere. Ich denke, das wird mein letztes Jahr sein. Es gibt keine Garantie, dass mir das gelingt. Aber ich möchte mir nochmals eine Chance geben. Und die ist sicher grösser, wenn ich nun pausiere. Ich denke, ich verdiene es nicht, so aufzuhören, mit einer Pressekonferenz. Ich werde darum kämpfen, meine Karriere auf dem Tenniscourt zu beenden. Es lohnt sich immer, es nochmals zu probieren. Das war immer meine Philosophie.»
Aus den Top 100
Zurzeit noch die Weltnummer 14, würde Nadal aus den Top 100 fallen, wenn er in dieser Saison nicht mehr spielt. Trotzdem wird er natürlich kein Problem haben, überall anzutreten, wo er möchte. Doch er könnte schon in Runde 1 auf einen Gesetzten treffen, was sein Comeback erschwert. Roger Federer kehrte 2017 am Australian Open spektakulär mit dem Turniersieg zurück, da war er 35. Nadal wird 37 sein, wenn er in seine Abschiedstournee startet.
Es sind aufwühlende Zeiten für den 22-fachen Grand-Slam-Champion. Im vergangenen Oktober wurde er erstmals Vater, am 18. Januar 2023 verletzte er sich in Melbourne wieder, im April verstarb sein Schwiegervater nach längerer Krankheit mit 63. Nicht nur Nadals Körper, auch sein Kopf hat nun einiges zu verarbeiten.
Ob er Roland Garros verfolge, obschon er nicht teilnehme, wurde Nadal am Schluss gefragt. Er werde sicher nicht jedes Spiel schauen, aber er werde schon ab und zu einschalten. «Roland Garros wird immer Roland Garros sein, mit oder ohne mich. Es wird einen anderen Champion geben. Das Turnier wird trotzdem spannend werden. Spieler kommen und gehen, die Turniere bleiben für immer.»
Das stimmt. Doch ohne Rafael Nadal wird es nicht das Gleiche sein.
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