«Den eigenen Konsum soll man immer wieder hinterfragen»
Jede fünfte Person in der Schweiz trinkt zu viel. Das sagt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Der Bund will dem entgegenwirken. Sven Anders von der Suchtprävention Zürcher Unterland informiert über die Kampagnenziele.

«Wie viel ist zu viel?»: Mit dieser Frage zum Alkholkonsum wendet sich das Bundesamt für Gesundheit BAG an die Bevölkerung. In der Kampagne geht es darum, den eigenen Konsum und denjenigen von Angehörigen zu reflektieren.
Sven Anders (41) von der Suchtprävention Zürcher Unterland, ist verantwortlich für die Umsetzung in der Region. Er selbst trinkt gerne in einer geselligen Runde mit Freunden ein Glas Wein. «Es geht nicht darum zu verbieten, sondern zu sensibilisieren und ein gesundes Mass zu finden», sagt er. Der diplomierte Sportlehrer und Gesundheitsmanager nimmt Stellung zum Thema Alkohol.
Was wollen Sie mit den Standaktionen erreichen?
Sven Anders: Die Aktivitäten der Suchtprävention richten sich in der Regel an Fachleute, Behörden, Eltern. Wir informieren und beraten Menschen aus allen Bevölkerungsschichten und in allen Lebensphasen. Mit den Standaktionen möchten wir gemeinsam mit unseren Partnerstellen der Beratung aus Bülach (Fachstelle für Alkoholprobleme Bezirk Bülach) und Dielsdorf (Zweckverband Sozialdienste Bezirk Dielsdorf) die Bevölkerung ansprechen. Wir wollen die Menschen ermutigen und sensibilisieren, ihren Konsum zu überdenken und bei Bedarf Hilfe in den Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Unser Anliegen ist es, dass die Menschen gesund bleiben, auch wenn sie Alkohol trinken.
Welche Personen möchten sie mit der Kampagne ansprechen?
Eigentlich alle. Denn Alkoholprobleme gibt es in allen Gesellschaftsschichten. Wir möchten Gespräche führen und Fragen beantworten, aber auch erfahren, wo der Schuh drückt. Unser Quiz zum Thema Alkohol und Give-aways ermöglichen uns einen einfachen, anonymen Gesprächseinstieg. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht.
Welcher Alkohol-Konsum ist problematisch?
Problematisch wird es, wenn der Konsumgrund nicht Genuss ist. Wenn Alkohol aus Gewohnheit und ohne tageweises Aussetzen konsumiert wird. Wenn er zur Problembewältigung, bei Stress und Sorgen getrunken wird. Weitere persönliche Risikofaktoren können aussergewöhnliche Belastungen oder Alkoholabhängigkeit bei nahen Verwandten sein. Zuerst ist der Genuss, dann kommt die Gewöhnung und wenn man nicht aufpasst, eben die Sucht. In der Regel passiert die Entwicklung schleichend, was es auch schwierig macht, den richtigen Zeitpunkt zur Intervention zu finden. Deshalb ist jeder Einzelne gefordert, seinen Konsum immer wieder einmal zu hinterfragen.
Wieviel Alkohol ist genug?
Wir sprechen von zwei alkoholischen Standardgetränken bei Männern, einem Standardgetränk bei Frauen pro Tag. Ein Standardgetränk bedeutet ein Glas Schnaps (0,3 dl), ein Glas Wein (1 dl) oder eine Stange Bier (3 dl). Und das nicht jeden Tag. Pro Woche sind mindestens zwei alkoholfreie Tage angesagt. So vermindert man das Risiko einer Abhängigkeit. Jugendliche unter 16 Jahren sollten ganz auf Alkohol verzichten.
Stehen mittlerweile nicht andere Suchtmittel im Vordergrund?
Bei der Behandlungsnachfrage ist Alkohol immer noch die wichtigste Grund für eine Anmeldung bei einer Fachstelle. Die Relevanz ist nur schon durch die grosse Menge in absoluten Zahlen gegeben und durch die hohen Kosten für unsere Gesellschaft. Alkohol ist auch eine Kulturfrage. Bei uns ist er schon fast ein Nahrungsmittel. Es ist aber auch festzuhalten, dass 80 Prozent der Menschen vernünftig mit Alkohol umgehen.
Was können Angehörige von betroffenen Personen tun?
Auf alle Fälle nicht das Problem eines anderen zu seinem eigenen machen. Und unbedingt externe Hilfe suchen. Unsere Fachstellen können weiterhelfen und bieten unverbindliche Erstgespräche an. Über ein Drittel der Anmeldungen erfolgen aus eigener Initiative oder auf Initiative von Angehörigen. Das zeigt auch, wie wichtig es ist, dass wir sichtbar sind und dass wir im Dialog mit der Öffentlichkeit bleiben. Am Montag waren wir mit unserer Standaktion in Bülach. Am Donnerstag werden wir in Dielsdorf vor Ort sein.
Wann haben Sie Ihr Ziel der Sensibilisierung erreicht?
Wenn wir im Gespräch bleiben. Das ist ein permanenter Prozess und ist nicht zu einem Datum beendet. Aber jedes Gespräch hilft, ob an unserem Stand oder im Freundeskreis. Alkohol soll Genuss- und nicht Suchtmittel sein.
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