17-Millionen-Projekt in BülachSBB wollen keine Velos auf der neuen Passerelle
Das Projekt für eine Rad- und Gehwegbrücke über die SBB-Gleise beim Bahnhof Bülach verzögert sich. Die Velofahrenden müssen von der Passerelle verbannt werden.

Mittels einer Passerelle über die SBB-Gleise sollen die neuen Wohn- und Arbeitsplatzgebiete im Norden Bülachs direkten Zugang zum Bahnhof erhalten und mit dem Spitalwald verbunden werden. Nach langer und aufwendiger Planung stand das Vorprojekt Mitte 2020. Geschätzte Kosten für die Rad- und Fussgängerbrücke: 17 Millionen Franken. Doch nur kurze Zeit später kam der Rückschlag. Wegen einer kurzfristigen Änderung des Eisenbahngesetzes kann das Plangenehmigungsverfahren nicht nach kantonaler Gesetzgebung durchgeführt werden, sondern muss auf Bundesebene stattfinden. Ein solches Verfahren dauert zwischen 15 und 18 Monaten und bedeutet eine Verzögerung von rund einem Jahr. In der Vorprüfung der SBB zum Vorprojekt wurden zudem strengere Auflagen gemacht, die zuvor nicht erwähnt wurden. Konkret sind für Publikumsanlagen mit Bahnzugang keine Mischnutzungen von Radfahrenden und Fussverkehr mehr zulässig. Diese müssen baulich getrennt werden. «Aufgrund dieses Verfahrenswechsels und der neuen Auflagen wäre das vorliegende Projekt nicht bewilligungsfähig. Statt mit dem Bauprojekt zu starten, mussten umfangreiche Abklärungen getätigt werden», sagt Stadträtin Andrea Spycher (SVP). Die Verantwortliche für die Ressorts Umwelt und Infrastruktur erklärte dem Stadtparlament am Montagabend das weitere Vorgehen.
«Die Abklärungen mit Juristen, Experten, SBB und Bundesamt für Verkehr dauerten fast ein Jahr. Sie haben gezeigt, dass eine Anfechtung des Verfahrenswechsels und auch des untersagten Mischverkehrs kaum erfolgreich sein dürfte», führte Spycher aus.
Kein Nebeneinander möglich
Den Plan, das Projekt so anzupassen, dass die Überführung auch von Radfahrenden genutzt werden kann, habe man verworfen. «Auch wenn die Passerelle doppelt so breit und mit Trennwänden versehen wäre, würde es bei den Abgängen immer noch Konfliktpunkte beim Kreuzen des Verkehrs geben. Und das würde nicht bewilligt werden», sagt Spycher. Kommt hinzu, dass eine Verbreiterung nur schon auf sechs Meter Mehrkosten von rund 8 Millionen Franken bedeuten würde. Die zweite, eher theoretische Alternative wäre eine doppelstöckige Konstruktion gewesen. Dies hätte zwar eine Entflechtung von Fuss- und Radverkehr ermöglicht, aber Mehrkosten von rund 13 Millionen Franken und schier unlösbare technische Herausforderungen bedeutet. «Nebst der Bewilligungsproblematik ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis in keinem Fall gegeben.»
Der Stadtrat hat sich deshalb vor drei Wochen für eine Nutzungsanpassung entschieden. Die Passerelle mit einer unveränderten Breite von viereinhalb Metern wird nun nur für Fussgänger gebaut. «Technisch ist das möglich», erklärt Spycher. Allenfalls könnte bei diesem Projekt die ursprünglich für Zweiräder vorgesehene Rampe auf dem SBB-Areal an der Nordstrasse durch einen Lift ersetzt werden. «Wir gehen davon aus, dass so eine Bewilligung möglich ist.» Der momentane Terminplan sieht einen Baubeginn der Hauptarbeiten frühstens ab 2025/2026 vor. «Investoren und Mieter im Norden Bülachs sind sehr an einem baldigen Baubeginn interessiert», sagt Spycher. Offen bleibt, ob sich allenfalls Veloverbände gegen die neue Nutzung stemmen.
Alternativrouten oder Velo stossen
Die angeordnete Verbannung der Zweiräder bedeutet aber auch, dass die Stadt im Gesamtverkehrskonzept alternative Velorouten definieren muss. Eine Idee sieht eine direkte Verbindung von Bülach-Nord ins Zentrum oder eine Umnutzung der bestehenden Personenunterführung Ettersbüel vor. Eine Verbindung Richtung Spitalwald und Glattradwege über die Schützenmattstrasse und Bollingerbrücke besteht ja bereits. «Es wird aber auch möglich sein, das Velo über die Passerelle zu stossen», beschied Spycher den Parlamentsmitgliedern. Auch den Anforderungen an die Behindertengerechtigkeit müsse Rechnung getragen werden.
Stadt bezahlt rund 8 Millionen
Bauherrin der Passerelle ist die Stadt Bülach. Die Investoren von Bülachguss und Glasi-Areal beteiligen sich mit je 2,15 Millionen Franken; so wurde es 2015 in der Entwicklungsvereinbarung zwischen den Investoren und der Stadt vereinbart. Aus dem Agglomerationsprogramm des Bundes wird es voraussichtlich zusätzlich rund 4,4 Millionen Franken geben. Der Kostenanteil der Stadt Bülach beträgt nach heutigen Abschätzungen rund 8,2 Millionen Franken. Mit ihrem Passerellen-Schicksal stehe Bülach nicht alleine da, führte Spycher aus. Dem Wechsel in der Zuständigkeit der Bewilligungsverfahren und den strengeren Vorschriften für Publikumsanlagen mit Perronzugängen seien nun viele neue Infrastrukturprojekte unterworfen. «Auch der Negrellisteg beim Hauptbahnhof konnte letztlich nur als Fussgängerbrücke realisiert werden.» Das ursprüngliche Projekt scheiterte dort zwar an den Kosten. Über 30 Millionen hätte der Bau für Fussgänger und Radfahrer verschlungen. Der heutige Negrellisteg zum Preis von 11 Millionen Franken führt in Zürich nur über das Gleisfeld, ohne Perronzugänge wie in Bülach.
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