Bilanz der Champions LeagueSchadenfreude erlaubt
Juventus und Barcelona sind die Lachnummern in der Gruppenphase ‒ dafür hat sich Brügge in den Kreis der Grossen verirrt, wenn am Montag die Achtelfinals ausgelost werden.

Als die Champions League vor 30 Jahren eingeführt wurde, gab es mehr Kritik am neuen Geschäftsmodell als Geld. 70 Millionen Franken konnte die Uefa damals an Prämien ausschütten. Zugelassen waren nur Landesmeister. Die Vertreter aus England (Leeds), Spanien (Barcelona) und Deutschland (Stuttgart) scheiterten in der Qualifikation.
Marseille, Glasgow Rangers, Brügge, ZSKA Moskau, Milan, Göteborg, Porto und Eindhoven hiessen die Clubs, die sich die Plätze in den zwei Vierergruppen teilten. Die Spieler aus Göteborg gingen noch als Halbprofis durch. Glanz sah anders aus. Den Final gewann Marseille gegen Milan.
Längst ist die Champions League ein Koloss, 2 Milliarden werden inzwischen an die 32 Mannschaften ausgeschüttet, die auf acht Vierergruppen aufgeteilt werden. Vor eineinhalb Jahren starteten Grossclubs aus England, Spanien und Italien den Versuch, ein Gegenprodukt zu schaffen: eine europäische Super League. Der Versuch scheiterte innert Stunden.
Drei Clubs streben allerdings weiterhin nach der Einführung dieses Wettbewerbs. Real Madrid, Barcelona und Juventus träumen von noch mehr Geld, weil sie massiv überteuertes Personal beschäftigen und auf riesigen Schuldenbergen sitzen, allein bei Barcelona ist er 1,3 Milliarden hoch.
Ausgerechnet Barcelona und Juventus sind nun in der Champions League die Lachnummern, weil sie in ihren Gruppen gescheitert sind. Barcelona wurde von Bayern München vorgeführt. Juve schied gar sang- und klanglos aus, nach fünf Niederlagen und nur einem Sieg gegen Maccabi Haifa. Der «Corriere dello Sport» zürnte: «Eine Mannschaft ohne Identität und Selbstbewusstsein kann sich nicht Juve nennen.»
Spanischer Schwächeanfall
Die «Süddeutsche Zeitung» konnte sich die Häme nicht verkneifen. «Schön, sie scheitern zu sehen», schrieb sie, und: «Schadenfreude ist in diesem Fall ausdrücklich nicht unmoralisch.» Barça und Juve dürfen sich im Frühjahr in der Europa League herumtreiben.
Barcelona steht für den Schwächeanfall des spanischen Fussballs in diesem Herbst. Sevilla hielt in der Gruppe mit Manchester City und Dortmund nicht mit, Atlético Madrid landete, obschon vermeintlich klarer Favorit, hinter Porto, Brügge und Leverkusen auf dem letzten Platz. Einzig Real Madrid, der Titelverteidiger, vertritt die Liga weiterhin, die seit 2000 den Wettbewerb dominierte und gleich elfmal den Sieger stellte.
Frankreichs Ligue 1 ist der andere Verlierer aus den Top 5. Monaco scheiterte schon in der Qualifikation und Marseille an Tottenham, Eintracht Frankfurt und Sporting Lissabon. Paris St-Germain distanzierte zwar Juve und Haifa, aber nicht das erstaunliche Benfica Lissabon und wurde darum nur Zweiter.
13 der 16 Plätze gehen trotzdem an die fünf grossen Ligen. Allein elf sind es für England, Deutschland und Italien. Dass die Premier League makellos dasteht, ist angesichts ihrer finanziellen Mittel weniger Überraschung als vielmehr Pflichterfüllung. Gleichwohl zitterte Tottenham ums Weiterkommen, Chelsea mühte sich ab, Manchester City stolperte einmal gegen den FC Kopenhagen, und der FC Liverpool startete mit einem 1:4 in Neapel, bevor er sich wenigstens in diesem Wettbewerb auffangen konnte, während er in der Liga weiterhin kriselt.
Die Bundesliga hat auf dem Weg in die Achtelfinals nur Bayer Leverkusen verloren. Das überrascht nicht weiter angesichts der Baisse, die bei Bayer auch nach dem Wechsel von Gerardo Seoane zu Jungtrainer Xabi Alonso anhält. Dortmund genügten zwei Siege, Leipzig verblüffte mit seinem 3:2 gegen Real, Frankfurt sorgte wieder für besondere Emotionen mit seiner grossen Wende am letzten Spieltag bei Sporting Lissabon.
Und da sind noch die Münchner Bayern. Als sie in diesem Herbst vier Bundesligaspiele in Serie nicht gewannen, war die Krise bei ihnen schon perfekt. Aber sie reagierten, wie sie das immer machen, wenn sie im Stolz gekränkt sind: Sie schlugen zurück. Und gewannen neun der folgenden zehn Spiele mit 38:8 Toren. Eric Maxim Choupo-Moting, zwei Saisons nur Lückenbüsser für den inzwischen nach Barcelona entschwundenen Robert Lewandowski, wurde zur Entdeckung und erzielte acht Tore. Das Programm in der Champions League erledigte Bayern als einzige Mannschaft ohne Punktverlust.
Das Lob für Benfica
Wenn am Montag die Achtelfinals ausgelost werden, ist Italien mit dem hoch fliegenden Napoli vertreten. Und dazu mit Milan und Inter, obschon die beiden Mailänder Clubs in ihren Gruppen chancenlos waren gegen Chelsea respektive Bayern.
Von den restlichen drei Plätzen gehen zwei nach Portugal, an die alten Grössen Porto und Benfica. Besonders viel Lob für seine stürmischen Auftritte verdient sich in diesen Tagen Benfica, das mit dem deutschen Roger Schmidt als Trainer von 22 Pflichtspielen 19 gewonnen und keines verloren hat.
Schliesslich gibt es den FC Brügge. Er steht immerhin dafür, dass sich auch heute noch ein international unbeachteter Verein in die Achtelfinals verirren kann. Carl Hoefkens ist der unbekannte Trainer, ein junger Däne (Andreas Skov Olsen) und ein junger Spanier (Ferran Jutgla) erzielen die Tore. Immerhin kann Brügge eines für sich in Anspruch nehmen: Es ist einer von nur sieben Meistern, die es in die K.-o.-Runde gebracht haben.
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